Elefantenrunde: Im Endspurt geht es doch noch um Inhalte

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Die letzte Diskussionsrunde vor der Wahl verlief vergleichsweise ruhig und emotionslos. Für die Kandidaten ging es vor allem darum, (noch mehr) Fehler zu vermeiden. Ein Überblick – von Kern bis Strolz.

Neue Lage: noch zwei Tage bis zu Wahl – und null TV-Konfrontationen. Denn gestern, Donnerstag, fand die letzte Elefantenrunde statt. Die Spitzenkandidaten der fünf Parlamentsparteien diskutierten ein letztes Mal im ORF. Die Vorgabe: Dieses Mal sollte es wirklich um Inhalte gehen und nicht um den Wahlkampfstil. Weshalb auch deutlich weniger gestritten wurde als in den TV-Konfrontationen der vergangenen Tage.

Christian Kern: Gleich in seinem ersten Statement bemühte der SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky: Die SPÖ stehe für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Sicherheit, die Fortsetzung des österreichischen Wegs, der eben mit Kreisky begonnen habe – dabei ging es eigentlich noch um die (fehlende) politische Kultur. Dass das schmutzige Wahlkampffinale nur kurz abgehandelt wurde, kam Kern jedenfalls gelegen. Vielleicht auch deshalb war er gelassener als zuletzt. Seine Priorität: Vollbeschäftigung. Dafür sei eine Vielzahl von Maßnahmen nötig, eine Gesamtstrategie, ein Plan: der Plan A! Sozialstaat, Gesundheit, Pensionen: All das könne man sich dann leisten. Sicherheit, Polizei streifte er kurz. Aus seiner Sicht ist der Wahlkampf noch nicht vorbei: „Jetzt geht's erst richtig los.“ Und die Sozialdemokraten würden jetzt ein starkes Finish laufen.

Sebastian Kurz: Der ÖVP-Chef wagte sich nicht aus seinem thematischen Revier heraus. Warum auch? Bisher hatte es im Wahlkampf gut funktioniert, vor allem über das Thema Migration zu sprechen. Also blieb er dabei: Zum Beispiel als er über die Ängste mancher Österreicher sprach, dass es irgendwann „kein Sozialsystem mehr gibt, das sie auffängt“. Um das zu verhindern, müsse man die Zuwanderung begrenzen. Dann setzte Kurz vor allem auf Wirtschaft. Die Unternehmen, „aber auch die fleißigen Mitarbeiter“ würden den Motor ankurbeln. Sie müsse man unterstützen. Anders als bei manchen Zweier-Konfrontationen ließ sich Kurz nicht aus der Deckung holen, blieb ruhig und gelassen. Inhaltlich neue Forderungen blieben ebenfalls aus. Wieso sollte er auch welche formulieren? Jetzt kann Kurz keine Überraschungen mehr brauchen.

Heinz-Christian Strache: Zuerst beschwerte er sich über die „politische Unkultur“ im Wahlkampf, dann borgte er sich einen Kugelschreiber von Strolz aus: FPÖ-Chef Strache gab sich zu Beginn der Diskussion beinahe versöhnlich. Aber, wie gesagt: Zu Beginn. Und: beinahe. Nach und nach wurde Strache angriffiger, ohne allerdings laut zu werden. Sein Hauptgegner war trotzdem unschwer zu erkennen: ÖVP-Chef Kurz. Strache kritisierte die „Fehlentwicklungen der letzten Jahre“ bei Flüchtlingen. Dann erwähnte er nicht ganz zufällig, dass er schon in der Privatwirtschaft tätig war. „Und zwar als Unternehmer, Arbeiter und Angestellter.“ Möglicherweise war es das stark auf Inhalte fokussierte Format, das der ORF gewählt hatte. Mit Sicherheit aber auch Taktik: Aber Strache gab dieses Mal wieder den Staatsmann. Wenn auch einen etwas grantigen.

Ulrike Lunacek: Sie habe sich vorgenommen, nicht alles zu kommentieren, was ihr an den Kollegen nicht gefalle, meinte die grüne Spitzenkandidatin. Und betonte stattdessen – anfangs vielleicht ein Mal zu oft – dass die Grünen die Zukunftsfragen in den Mittelpunkt stellen. Zukunftsfragen also. Die konkrete Priorität dabei: der Klimaschutz, den Lunacek mit dem Verweis auf Stürme und Muren, Temperaturschwankungen und Hurricanes greifbarer machte. Um dann zu erklären, dass die Grünen die einzige Partei sei, die das wirklich angehe. „Ich finde das wirklich toll, dass alle jetzt so tun, als wäre ihnen das so wichtig.“ Dabei sei nichts passiert. Umweltschutz und Wirtschaft sei kein Widerspruch, im Gegenteil, das beweise die Voest. Auch sie hoffte noch auf Stimmen: Den Wahlkampf sieht sie als Aufholjagd.

Matthias Strolz: Der Neos-Parteichef war jedenfalls für die griffigsten Sprüche zuständig. „Unternehmer sind keine Kapitalisten, die auf der Yacht sitzen und Menschen rumkommandieren“, meinte er. „Der Unternehmergeist wird gedögelt und am Gängelband durch die Manege gezerrt.“ Oder: „Wenn die ÖVP an Wirtschaft denkt, denkt sie an Wirtschaftskammer.“ Via Taferl konfrontierte er Kurz mit einer früheren Aussage zu den Pensionen: Wer behaupte, dass die sicher seien, der sage die Unwahrheit. Ad Zuwanderung skizzierte er ein Modell der vier Türen: Asyl, subsidiärer Schutz, Arbeitsmigration. „Die vierte Tür, die ist zu.“ Seine Priorität für den Fall einer Regierungsbeteiligung: eine Bildungsreform. Oder, nicht ganz ohne Selbstironie: „Wenig überraschend, ich will, dass jedes Kind die Flügel weit spannt.“

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