Trump fordert neue Sanktionen gegen Iran

US-Präsident Donald Trump wirbelt die amerikanische Strategie gegenüber dem Iran auf.
US-Präsident Donald Trump wirbelt die amerikanische Strategie gegenüber dem Iran auf.(c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
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USA. Präsident Donald Trump lässt das Atomabkommen mit dem Iran vorerst unangetastet. Gemeinsam mit europäischen Partnern will er jedoch Strafmaßnahmen gegen das iranische Raketenprogramm beschließen und den Pakt nachbessern.

Washington. US-Präsident Donald Trump will die europäschen Verbündeten für einen härteren Kurs gegenüber dem Iran gewinnen, verzichtet aber auf einen sofortigen Ausstieg aus der Atom-Vereinbarung mit Teheran. In einer Fernsehansprache warf Trump der iranischen Regierung am Freitag eine Detabilisierung des Nahen Ostens und Verstöße gegen den Geist des Atomabkommens von 2015 vor. Er kündigte neue Sanktionen seines Landes gegen Teheran an. Den Atomvertrag selbst will Trump zunächst nicht verlassen, drohte aber mit einem Rückzug der USA aus der Vereinbarung, falls seine Forderungen nicht erfüllt werden. Die EU wies die Drohung zurück.

Trump porträtierte die iranische Regierung als Unrechtsregime, das die eigene Bevölkerung unterdrücke und die USA sowie Israel als Todfeinde betrachte. Seinem Vorgänger Barack Obama hielt er vor, den Iranern trotz der Nuklearvereinbarung die Möglichkeit eines späteren Durchbruchs beim Atomwaffenbau eröffnet zu haben.

Mehrheit für Sanktionen nicht fix

In der Vergangenheit hatte Trump mehrmals mit einer Aufkündigung der internationalen Vereinbarung gedroht, die eine Entwicklung einer iranischen Atombombe verhindern soll. In seiner rund 20-minütigen Ansprache verzichtete Trump auf den sofortigen Ausstieg, verweigerte aber eine nach US-Gesetzen bis Sonntag fällige formelle Bestätigung der iranischen Vertragstreue, um den Kongress zum Handeln zu zwingen. Das Parlament muss nun über neue US-Sanktionen entscheiden.

Der Kongress soll den Iranern nach dem Willen Trumps mit Strafen im Zusammenhang mit dem Raketenprogramm Teherans drohen. Zudem sollen zeitliche Beschränkungen für das iranische Nuklearprogramm aufgehoben werden. Einige Senatoren aus Trumps republikanischer Partei haben bereits mit der Vorbereitung neuer Strafmaßnahmen begonnen. Er unterstütze diese Initiative, sagte Trump. Derzeit ist jedoch offen, ob es eine Mehrheit für neue Sanktionen gibt.

Mogherini: Einzelnes Land kann Abkommen nicht aufkündigen

Unabhängig vom Kongress kündigte der Präsident neue Sanktionen seiner Regierung gegen die iranische Revolutionsgarde an, der er die Unterstützung von Terrorgruppen vorwarf. „Ich fordere unsere Verbündeten auf, es uns gleichzutun“, sagte er.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini betonte mit Trumps Drohung mit einem Ausstieg aus dem Atom-Deal, eine einseitige Auflösung des Vertrages stehe „keinem einzelnen Land zu“. Auch Russland nannte Trumps Rede „äußerst besorgniserregend“. Der Iran warnte die USA erneut vor einem Ausstieg aus dem Abkommen. Israel und Saudi-Arabien begrüßten dagegen die Haltung des Präsidenten.

US-Regierung vermeidet Kollaps des Vertrages

Die USA drängen auf neue Strafmaßnahmen gegen den Iran, streben aber keinen sofortigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran an. Diese Botschaft hat Donald Trump verkündet, wie Außenminister Rex Tillerson schon zuvor avisiert hatte. Demnach will Washington in den kommenden Monaten mit europäischen Verbündeten neue Sanktionen beschließen, um gegen das iranische Raketenprogramm vorzugehen. Mit dieser Haltung vermeidet die Trump-Regierung zumindest vorerst einen Kollaps des Vertrages, was in europäischen Städten mit Erleichterung aufgenommen werden dürfte.

Trump hat das Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA) als miserable Vereinbarung gebrandmarkt, die Teheran viele Vorteile bringe und den Iran zur Einmischung in Konflikte wie in Syrien und im Jemen ermuntere. Das Abkommen war vor zwei Jahren von den USA, China, Deutschland, der EU, Frankreich, Großbritannien und Russland mit dem Iran ausgehandelt worden. Teheran verzichtete im Rahmen des Pakts auf die Entwicklung von Atomwaffen und wurde dafür mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen belohnt.

UNO bescheinigte Teheran vertragskonformes Verhalten

Bei den europäischen Vertragspartnern gilt der Pakt als Erfolg. Auch die UNO bescheinigte Teheran noch kürzlich vertragskonformes Verhalten. Selbst Tillerson räumte ein, dass die Iraner bisher den Bedingungen des Vertrags nachkommen. Doch der Präsident betont, die Vereinbarung habe den Iran nicht von aggressivem Verhalten in Bereichen außerhalb des Atomprogramms abgehalten.

Deshalb will Trump den Iranern keine Verletzung des JCPOA im engeren Sinne vorwerfen, sondern Verstöße gegen ein US-Begleitgesetz. Bis zum Sonntag muss Trump laut diesem Gesetz dem Kongress einen Bericht über das iranische Verhalten vorlegen. Laut Tillerson argumentiert Trump in seinem Report, das kampfbereite Verhalten des Iran stehe im Missverhältnis zu den Vorteilen, die Teheran aufgrund der Aufhebung der Sanktionen genieße. Damit werde das amerikanische Gesetz verletzt.

Der Präsident will den Kongress aufrufen, in das US-Gesetz neue Sanktionsmöglichkeiten einzufügen, die bei Zuwiderhandlungen des Iran aktiviert würden. Damit könnte das iranische Raketenprogramm ins Visier der US-Sanktionen geraten. Auch will Trump erreichen, dass der Iran dauerhaft Beschränkungen seines Atomprogramms unterworfen wird; laut dem JCPOA laufen die Auflagen für Teheran im Bereich der Urananreicherung in acht Jahren aus. Gleichzeitig will Washington mit den Europäern über einen neuen Iran-Vertrag reden, der parallel zum JCPOA bestehen und der Sanktionen gegen das iranische Raketenprogramm androhen würde.

Der Kongress ist am Zug

Grundidee der US-Linie ist es, das Atomabkommen vorerst unangetastet zu lassen, wie es die Europäer fordern, aber gleichzeitig mehr Druck auf die Regierung in Teheran zu entwickeln. Damit soll der Iran zu Zugeständnissen bewegt werden. Als letzte Möglichkeit behält sich Washington den Ausstieg aus dem Vertrag vor. Seine Regierung wolle die Schwächen des Abkommens „richten“, sagte Tillerson. Aber: „Wir könnten scheitern.“

Kritiker der US-Regierung sagen, die Strategie sei auf einer Fehleinschätzung aufgebaut: Der Iran werde keinen neuen Kompromissen zustimmen. Die Erwartung, dass sich Teheran bewegen könne, sei pure „Fantasie“, sagte Philip Gordon, ein hochrangiger Exmitarbeiter Barack Obamas im TV-Sender ABC.

Nun wird zunächst der amerikanische Kongress am Zug sein: Das Parlament muss entscheiden, ob es Trumps Ruf folgt. Innerhalb von 60 Tagen will sich die Regierung mit dem Parlament einigen. Die oppositionellen Demokraten sind für eine Beibehaltung des Iran-Abkommens, und auch viele Republikaner haben sich in den vergangenen Tagen dagegen ausgesprochen, den Vertrag aufs Spiel zu setzen. Europäische Spitzenpolitiker wie der französische Präsident, Emmanuel Macron, und die britische Premierministerin, Theresa May, haben bis zuletzt versucht, auf Trump einzuwirken, um den Atomvertrag zu retten. Offenbar hatten diese Initiativen zumindest teilweise Erfolg.

Revolutionsgarden nicht auf Terrorliste

Beim Umgang mit den iranischen Revolutionsgarden zeichnete sich vor Trumps offizieller Stellungnahme ebenfalls ein differenziertes Bild ab. In US-Medienberichten hatte es geheißen, der Präsident werde die Garden zur Terrororganisation erklären, doch nach Angaben aus Washington will Trump auch hier zum Instrument der Sanktionen greifen. Führende Offiziere der Garden oder Untereinheiten der Streitmacht sollen mit Strafmaßnahmen belegt werden.

Dass die Garden nicht auf die Terrorliste gesetzt werden, hat praktische Gründe: US-Truppen könnten im Irak oder in Syrien beim Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) auf Einheiten der iranischen Garden stoßen, die in beiden Ländern aktiv sind. Wenn diese offiziell als Terrorgruppe eingestuft wären, müssten US-Soldaten sie angreifen. Dies sei „nicht angemessen“, sagte Tillerson.

AUF EINEN BLICK

Atomabkommen. Nach jahrelangen Verhandlungen erzielten Diplomaten aus Deutschland, den USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China im Juli 2015 eine Einigung mit dem Iran im Streit über dessen umstrittenes Atomprogramm. US-Präsident Donald Trump indes stellt das Abkommen infrage. Denn es läuft nach zehn Jahren aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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