Es ist Zeit zu handeln!

Wieso wir dringend ein striktes Rauchverbot in Lokalen brauchen.

Nachdem es schon alle Spatzen von den Dächern pfeifen, braucht der Ressortchef jenes Ministeriums, das für die Gesundheit der Bürger zuständig ist, nun eine Studie, um herauszufinden, dass jenes Gesetz, das unter seiner Vorgängerin verabschiedet wurde, ein einziger Pfusch war. Es ist schon erstaunlich und beschämend zugleich, mit welcher Ignoranz das Thema des Nichtraucherschutzes in Österreich von allen verantwortlichen Politikern der letzten Jahre behandelt wurde und wird.

Die Gastronomie führt seit vielen Jahren einen Kampf gegen Rauchverbote und hat zunächst einen freiwilligen Nichtraucherschutz ausverhandelt, der – wen wundert es? – nicht umgesetzt wurde. Das hat Ex-Ministerin Kdolsky ebenso evaluieren lassen, wie es nun ihr Nachfolger Stöger mit der jetzigen Regelung tut. So vergehen die Jahre und nichts geschieht.

Die Tabakindustrie hat sehr früh erkannt, dass der Rauch ihrer Produkte nicht nur den Raucher, sondern auch den Nichtraucher schädigt, wenn er das Giftgemisch passiv inhaliert. Die Tabakindustrie hat daher in einigen Ländern Wissenschaftler bezahlt, um mit gefälschten Daten die Harmlosigkeit von Passivrauchen zu belegen. Sie hat sich aber auch hinter der Gastronomie versteckt und diese dafür missbraucht, den Krieg, den sie selbst mangels öffentlicher Glaubwürdigkeit nicht führen wollte, zu führen. Die eingesetzten Strategien lassen sich in jenen geheimen Dokumenten nachlesen, die von der Tabakindustrie nach verlorenen Prozessen veröffentlicht werden mussten.

Hier finden sich die Märchen von Belüftungsanlagen, die die Gefahren des Rauches für Nichtraucher beseitigen könnten, ebenso wie zahlreiche dubiose Studien über drohende Umsatzverluste.

Fakt ist: Passivrauchen verursacht Asthma, Schlaganfälle, Herzinfarkte und Krebs bei Nichtrauchern. Daraus ergibt sich, dass eine verantwortliche Gesundheitspolitik Nichtraucher überall vor dem Passivrauchen zu schützen hat. Ausnahmen darf es hier nicht geben.

Wer Geschwindigkeitsbeschränkungen erlässt, um vor Feinstaub zu schützen, wer das alkoholisierte Lenken von Fahrzeugen verbietet, um andere Verkehrsteilnehmer zu schützen, wer die Gurtenpflicht und das Handyverbot im Auto kontrolliert, kann nicht genau bei jenem Gesundheitsthema kneifen, das jährlich den Tod von einigen hundert Nichtrauchern verursacht. Wenn es dem Staat wichtig ist, werden Gesetze umgesetzt. Beim Bezahlen von Steuern hat noch kein Finanzminister auf Vernunft und Freiwilligkeit gesetzt.

Nur beim Nichtraucherschutz gelingt es einer kleinen, aber offenbar einflussreichen Lobby ihren vermeintlichen finanziellen Nachteil gegenüber Gesundheitsinteressen durchzusetzen. Die Wirtschaftskammer hat ihre diesbezüglichen Befürchtungen bis dato nicht belegen können, und es gibt inzwischen zahlreiche Länder mit Rauchverboten in der Gastronomie, in denen das angekündigte Lokalsterben nicht stattgefunden hat.

Tatsächliche oder getürkte Umsatzverluste haben mich als Mediziner aber gar nicht zu interessieren.

Nachweisbar ist in allen Ländern die sofortige Abnahme der Zahl von Herzinfarkten durch Rauchverbote. Und während überall nach Kosteneinsparung im Gesundheitssystem gesucht wird und alle von der Wichtigkeit der Präventivmedizin reden, wird eine der billigsten und wirkungsvollsten Maßnahmen, ein Rauchverbot, nicht umgesetzt.

Österreich gehört leider zu den Ländern mit dem höchsten Anteil jugendlicher Raucher. Rauchverbote in Diskotheken und Lokalen stellen wirksame Maßnahmen dar, diesen Trend umzukehren. Freiwillige Maßnahmen und teure Aufklärungskampagnen sind nachgewiesen wirkungslos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2009)

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