Häupl warnt vor Parteispaltung bei Rot-Blau

Bürgermeister Michael Häupl weiß aus Wien zu gut, was eine zerrissene Partei ist.
Bürgermeister Michael Häupl weiß aus Wien zu gut, was eine zerrissene Partei ist. (c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Der Bürgermeister verstärkt seinen Widerstand gegen eine Koalition mit der FPÖ im Bund. Dass der linke Flügel der Wiener Partei durch das Wahlergebnis vom Sonntag gestärkt sei, bezeichnete er als "Vollholler".

Wien. Rot-Blau im Bund? Die SPÖ schwankt zwischen Ja und Nein (siehe auch Seite 1). Die ganze SPÖ? Fast. Ein Teil der SPÖ, nicht eben der unbedeutendste, hat sich definitiv entschieden – die Wiener SPÖ. Nämlich gegen Rot-Blau.

Michael Häupl hat am Dienstag seine Ablehnung einer SPÖ-FPÖ-Regierung bekräftigt. Sollte es doch dazu kommen, könnte es die Partei zerreißen, so seine Warnung: „Das kann bis zu einer Parteispaltung gehen.“

An eine parteiinterne Mehrheit für Rot-Blau glaubt Häupl aber ohnehin nicht, sagte er am Dienstag im Gespräch mit Journalisten. Sein Nein zu Rot-Blau begründete der Bürgermeister damit, dass er keine „ausreichende inhaltliche Schnittmenge“ zwischen den beiden Parteien sehe.

Häupl: „Meine Haltung in dieser Frage hat sich nicht geändert.“ So ganz apodiktisch ausschließen wollte Häupl eine rot-blaue Zusammenarbeit aber dann doch nicht – denn: „Vielleicht ergeben die Sondierungsgespräche ja etwas ganz anderes.“ Aber, so sofort sein Zusatz: „Würde mich wirklich und echt überraschen, wenn dem so wäre.“

„Politik kein Rehabzentrum“

Häupl sprach sich – sollte sich die Frage einer Koalition mit der FPÖ doch stellen – für eine Urabstimmung unter den SPÖ-Mitgliedern aus. Ob es dabei eine Mehrheit für Rot-Blau gebe? „Ich glaube nicht“, antwortete der Wiener SPÖ-Chef.Der „allerwahrscheinlichste Fall“ sei aber ohnedies eine rasche Einigung zwischen ÖVP und FPÖ. Sollte doch Rot-Blau kommen, werde er aber jedenfalls nicht aus der Partei austreten.

Er sage im Übrigen „nicht a priori Nein“ zu einer Koalition mit dem bisherigen Regierungspartner ÖVP. Angesprochen auf die tiefen Verwerfungen im Wahlkampf, meinte Häupl: „Politik ist kein Rehabilitationszentrum.“ Es habe zwischen Sozialdemokraten und Konservativen schon tiefere Gräben gegeben.

Die SPÖ sei „nicht genuin eine Oppositionspartei“. Der Stadtchef machte deutlich, in welcher Zwickmühle die SPÖ steckt. Sollte man Teil einer Koalition sein, müsse man das inhaltlich ordentlich begründen. Den selben Rechtfertigungsdruck sieht Häupl aber auch beim Gang in die Opposition. Denn immerhin sei man angetreten mit dem Ziel, Schwarz-Blau zu verhindern. Ein „Kernianer“ sei er jedenfalls nach wie vor, beteuerte Häupl auf Nachfrage: „Weil ich meine, dass der wirklich gute Arbeit leistet, ein g'scheiter Bursch' ist und wenn er mit mir zusammen ist, ist er sogar witzig.“

Auswirkungen auf die anstehende Nachfolge-Debatte im Amt des Wiener Bürgermeisters und SPÖ-Chefs will Häupl im Ergebnis der Nationalratswahl nicht erkennen. Dass durch die Zugewinne in Wien – bei Verlusten in den Flächenbezirken – der linke Flügel Partei gestärkt worden sei, sei ein „Vollholler“: Mit „links“ und „rechts“ seien die internen Konflikte nicht erklärbar. Häupl: „Wenn es ausschließlich um inhaltliche Auffassungsunterschiede gehen würde, würde ich mir viel leichter tun. Weil mit inhaltlichen Differenzen kann ich ganz gut umgehen. Womit ich nicht so gut umgehen kann, ist mit diesen diffusen persönlichen Animositäten. Damit habe ich ein Problem.“

Häupls Lob für Ludwig

Danach gefragt, warum man sich nicht auf Michael Ludwig als jenen Kandidaten einigen könne, der bereits seine Bürgermeisterkandidatur angekündigt hat, meinte der Amtsinhaber: „Naja, weil es verschiedene Leute anders sehen.“ Wobei er die Zuschreibung Ludwigs als „Rechten“ für völligen Unsinn halte: „Er ist ein sehr ordentlicher Sozialdemokrat.“ Er bringe auch die nötigen Qualifikationen für die Position des Stadtchefs mit, „aber es gibt natürlich andere auch“. Namen wollte Häupl freilich keine nennen.

Zum Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat ließ er sich angesichts vieler Grün-Wähler, die diesmal der SPÖ ihre Stimme gegeben haben, kein Schuldbekenntnis abringen. Häupl: „Ich bin nicht schuld. Da müssen sich die Grünen bei wem anderen bedanken, der in ihren Reihen gearbeitet hat“, meinte er in Anspielung auf Peter Pilz an. Abgesehen davon: „Dort, wo man Stimmen kriegen kann, holt man sie sich. Das ist so in einem Wahlkampf.“ (red/APA)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2017)

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