Nach Affäre Silberstein: Nur noch sieben Prozent vertrauen Politikern

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NR-WAHL: PRESSEZENTRUM NATIONALBIBLIOTHEK / LUNACEK / STROLZ / BUeRGER / KURZ / STRACHE / KERNAPA/HERBERT NEUBAUER
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Das Image der Volksvertreter ist auf einem neuen Tiefpunkt angelangt, wie eine Umfrage zeigt. Etwas Hoffnung setzen die Bürger aber in eine neue Regierung.

Wien. „Der Wahlkampf“, so analysierte der frühere Zweite Nationalratspräsident, Heinrich Neisser, „war sicher keine vertrauensbildende Maßnahme.“ Es ist bereits das siebente Jahr, in dem der ÖVP-Politiker für seine parteiunabhängige Initiative MehrheitsWahlrecht und Demokratiereform die Meinung der Leute zu Politik und Politikern abfragen lässt. Nun war schon in den vergangenen Jahren eine Tendenz nach unten ablesbar. Doch die am Montag präsentierten Zahlen zeigen, dass die Popularität der Volksvertreter auf einem neuen Tiefpunkt angelangt ist (siehe auch die Grafik, die den Verlauf von 2011 bis heute zeigt).

Inzwischen sagen nur mehr zwölf Prozent der Befragten, dass sie sehr oder eher Vertrauen in die Politik hätten. 87 Prozent erklärten, dass sie weniger oder gar nicht der Politik vertrauen. Der Rest der Befragten machte keine Angabe. Noch fataler werden die Zahlen, wenn man nach dem Vertrauen in die in der Politik tätigen Personen fragt. Nur noch sieben Prozent geben an, sehr oder eher Politikern zu trauen. 93 Prozent sagten, dass sie weniger oder gar nicht mehr Politikern trauen können.

Wie schafft man mehr Vertrauen?

Für die Studie interviewte das OGM-Institut rund um Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer 426 Österreicher, woraus sich beim Ergebnis eine Schwankungsbreite von 4,7 Prozent ergibt. Für Bachmayer ist das „All-Time-Low“ für die Politiker freilich keine Überraschung. Denn die Studie fand einige Tage nach Bekanntwerden der Dirty-Campaigning-Affäre rund um den früheren SPÖ-Berater Tal Silberstein statt. Also „in einer Woche, in der die Silberstein-Affäre besonders heftig diskutiert wurde“, wie Bachmayer betonte.

Wie kann man nun das Vertrauen in die Politik wiederherstellen? „Es gibt natürlich nicht ein Medikament, das das Vertrauen wiederherstellt“, erklärte Neisser. Auf jeden Fall müsse die Politik Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Seriosität und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Problemen unter Beweis stellen. Und auch ein neuer Stil des Regierens würde helfen.

Immerhin sind die Österreicher etwas optimistischer, was eine neue Regierung anbelangt. 28 Prozent glauben, dass die Regierung im nächsten Jahr mehr Probleme lösen werde als bisher. Im Vorjahr hatten nur 21 Prozent der Befragten diese Hoffnung gehabt. Zum Zeitpunkt der heurigen Umfrage (4. bis 5. Oktober) konnten die Befragten freilich nur raten, welche Parteien die neue Regierung stellen werden. 29 Prozent (zuletzt 42) gaben an, dass es die Regierung im nächsten Jahr schlechter machen werde. Etwa jeder Fünfte meint, dass die Lösungskompetenz der Regenten gleich bleibe.

Apropos raten: Dass man am Wahltag mangels Auszählung der Wahlkarten das Ergebnis noch nicht sicher wisse, ist für Herwig Hösele ein Missstand. Der Sekretär der Reforminitiative und frühere Bundesratspräsident verwies darauf, dass in Deutschland das Stimmergebnis schon am Wahlabend feststehe. Und das, obwohl es dort mehr Wahlkarten zu zählen gebe.

Wahlzettel fotografieren verbieten

Christoph Bezemek, Jusprofessor an der Universität Graz, forderte ein Gesetz gegen das Fotografieren des eigenen Stimmzettels. Dieser Trend (Stichwort: Wahlkabinenselfie) kam in den vergangenen Jahren auf, steht aber im Spannungsverhältnis zum geheimen Wahlrecht. „Der Wahlgesetzgeber ist gut beraten, wenn er diese Herausforderungen ernst nimmt und hier tätig wird“, mahnte Bezemek.

Auch die Hoffnung auf eine große Demokratiereform will die Initiative rund um Neisser nicht aufgeben. Einmal mehr verlangte sie, dass mehr als die Hälfte der Nationalratsabgeordneten direkt (ein Kandidat pro Wahlkreis) gewählt werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2017)

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