Frankreichs Präsidenten glückt, was seinen Vorgängern misslang.
Kaum war die Einigung der Arbeits- und Sozialminister fix, nach gut zwölf zähen Luxemburger Verhandlungsstunden, schon begannen Frankreichs Sozialisten, diese Reform der EU-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern zu kritisieren. „Ein Kompromiss kann wahrlich unzufriedenstellend sein: Das ist der Fall mit diesem hier“, unkte zum Beispiel der Europaabgeordnete Emmanuel Maurel. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Neid auf Präsident Emmanuel Macrons europapolitisches Geschick Frankreichs Linken gehörig zusetzt. Denn was hat ihren Mann, Macrons Amtsvorgänger, François Hollande, fünf Jahre lang davon abgehalten, dieses für Frankreich symbolisch stark aufgeladene Dossier anzugreifen?
Woran Hollande und sein rechter Vorgänger, Nicolas Sarkozy, scheiterten, das glückte dem ideologischen Ikonoklasten Macron binnen nicht einmal sechs Monaten: ein wichtiger Punktsieg in einem Europathema, das zwar nur eine Minderheit der Arbeitnehmer betrifft, aber vielen Landsleuten an die Nieren geht. „Wettbewerb, der anregt, Zusammenarbeit, die stärkt, Solidarität, die eint“: Mit diesem Zitat Jacques Delors' als europapolitischem Credo wird Macron noch so manches Tabuthema angreifen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2017)