Moskautreuer Präsident und proeuropäische Regierung in einem der ärmsten Länder Europas.
Wien. Die Ex-Sowjetrepublik Moldau ist ein zerrissenes Land: Auf der einen Seite steht eine Regierung, die den EU-Beitritt anstrebt, auf der anderen Seite die prorussische Opposition. Den moskautreuen, seit Ende 2016 regierenden sozialistischen Präsidenten, Igor Dodon, würde die Regierung am liebsten gleich wieder absetzen.
Moldau ist Teil der östlichen Nachbarschaftspolitik der EU. Seit dem Jahr 2014 rückte das Land mittels Partnerschaftsabkommen, das auch die Visumliberalisierung umfasst, enger an die Staatengemeinschaft heran – ein Umstand, den Moskau freilich scharf kritisiert. In Brüssel werden die Entwicklungen in der kleinen Republik mit Argusaugen verfolgt, erhält Moldau doch unter den östlichen Nachbarn am meisten finanzielle Unterstützung – 37 Euro pro Jahr und Einwohner. Der Europäische Rechnungshof moniert, dass die seit dem Jahr 2007 in das Land geflossenen EU-Mittel in Höhe von insgesamt rund 782 Millionen Euro nur begrenzt zur beabsichtigten Stärkung der öffentlichen Verwaltung beitragen. Präsident Dodon hatte zudem kritisiert, dass die Hälfte der EU-Gelder „in dunkle Kanäle“ der proeuropäischen Regierung geflossen sei. Die EU habe schwere Versäumnisse bei der Kontrolle der Finanzhilfen zu verantworten, so Dodon.
Auch ein entschlosseneres Vorgehen gegen Korruption fordert Brüssel von Chişinau. Notwendig seien eine Entpolitisierung staatlicher Organisationen sowie eine stärkere, unabhängige Justiz, so Erweiterungskommissar Johannes Hahn.
Halb so groß wie Österreich
Die seit 1991 unabhängige Ex-Sowjetrepublik liegt zwischen dem EU-Mitglied Rumänien und der Ukraine. Mit 33.700 Quadratkilometern ist das Land nicht ganz halb so groß wie Österreich und etwa so groß wie Nordrhein-Westfalen. In Moldau leben rund 3,5 Millionen Menschen, größte Stadt ist die Metropole Chişinau. Das landwirtschaftlich geprägte Weinbauland ist einer der ärmsten Staaten Europas.
Ungelöst ist der Konflikt mit der abtrünnigen Region Transnistrien, deren Souveränität international nicht anerkannt wird. Das unter russischem Einfluss stehende Gebiet am Fluss Dnjestr hatte sich 1990 abgespalten, weil die Menschen einen Anschluss an Rumänien befürchteten. (aga/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2017)