Kroatien: Die holprige Rückkehr des Riesen aus Split

Kroatien: Ex-Premier Sanader aus HDZ-Partei ausgeschlosse
Kroatien: Ex-Premier Sanader aus HDZ-Partei ausgeschlosse(c) EPA (Bartlomiej Zborowski)
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Der ehemalige kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader ist aus seiner Partei HDZ, in der er bisher auch Ehrenpräsident war, ausgeschlossen worden. Sanaders Comeback-Ankündigung habe der Partei geschadet.

Split. Es war eine klare Brüskierung seiner Nachfolgerin Jadranka Kosor gewesen. Ohne es mit der Spitze der Regierungspartei „Kroatische Demokratische Gemeinschaft“ (HDZ) abgesprochen zu haben, hatte Kroatiens Ex-Premier Ivo Sanader am Wochenende seine Rückkehr in die Politik verkündet – ebenso überraschend, wie er im Juli zurückgetreten war. Doch Kosor reagierte rasch. Montagabend gab die Premierministerin den Ausschluss Sanaders aus der HDZ bekannt.

Der Ex-Premier und Ex-Parteichef war bisher noch HDZ-Ehrenpräsident gewesen. Damit wird Kroatien kurz vor der Präsidentenstichwahl am 10. Jänner von einem politischen Erdbeben erschüttert.

Sanader hatte die Partei, aus der er jetzt ausgeschlossen wurde, in den vergangenen Jahren maßgeblich geprägt. Als er Anfang 2000 HDZ-Vorsitzende wurde, jubelte Dalmatien. Die sich von Zagreb vernachlässigt fühlende Region an der Adria hatte nun große Hoffnungen. Endlich war einer der Ihren auf einem wichtigen Posten in Zagreb gelandet.

Der 1953 geborene ehemalige Direktor des Theaters von Split, das er Anfang der Neunzigerjahre geleitet hat, der Einserstudent an den Universitäten Rom und Innsbruck, der perfekt Deutsch, Englisch und Italienisch sprechende Sohn der Stadt wusste den Regionalismus zu nutzen. Fortan gehörte Dalmatien zu den treuen Wählern der HDZ.

Sanader bereitete Weg in die EU

Der Rückhalt in Dalmatien gab Sanader den nötigen Schub, um seine Reformpolitik innerhalb der eigenen Partei durchzusetzen. In der HDZ hatten sich zahlreiche Günstlinge festgesetzt, die vom einstigen Präsidenten Franjo Tudjman profitiert hatten. Das wegen des Waffenembargos im Krieg entstandene Geflecht aus Waffenschiebern, Kriminellen, Polizisten, Richtern und Militärs musste zur Seite geräumt werden, wenn Sanader Kroatien in Richtung Europa führen wollte.

Er musste die Macht der ultranationalistischen, mit Kriminellen verbundenen Clique innerhalb der Bewegung brechen, um die HDZ zu einer moderat konservativen, proeuropäischen Partei umzubauen, die wieder in der Lage war, Wahlen zu gewinnen.

Als Helfer seines Bruders, eines Geschäftsmannes in Innsbruck, und als Verleger von literarischen Werken hat er sich schon während des Krieges 1991 bis 1995 den Weg zu den intellektuellen Kreisen Kroatiens geöffnet. Das kam ihm bei der Wahlkampagne 2003 zugute. Mit großer Mehrheit im kroatischen Parlament löste er die glücklose sozialdemokratische Reformregierung ab und wurde populär, indem er nicht nur die Politik des Vorgängers Ivica Račan fortsetzte, sondern zusammen mit Präsident Stipe Mesić die Tür nach Europa und zur Nato hin öffnete.

Angesichts des Aufschwungs der Wirtschaft blieben warnende Stimmen isoliert: Sanader habe alte nationalistische Kräfte in der HDZ zufriedengestellt, indem er sie auf wirtschaftlichem Feld gewähren ließ. Sanaders Zeit habe ihre eigene Form der Korruption hervorgebracht, kritisierten Intellektuelle wie Zarko Puhovski.

Verstrickung in Hypo-Affäre

Was Sanader bewog, Juli 2009 zurückzutreten, ist weiter unklar. Als er am Sonntag seine Rückkehr ankündigte, begründete er seinen damaligen Rücktritt so: Er wolle nicht „kroatisches Land für die EU-Mitgliedschaft hergeben“. Und meinte die Grenzstreitigkeiten mit Slowenien, das Kroatiens EU-Verhandlungen blockiert hatte. Unter seiner Nachfolgerin Kosor wurde eine Einigung erzielt, die EU-Verhandlungen wieder ermöglichte.

Kosor ging noch weiter. Sie will die Bedingungen der EU zur Korruptionsbekämpfung erfüllen. Stimmen aus der Istrischen Regionalpartei, der Kroatischen Bauernpartei und Zeitungskommentatoren gehen davon aus, dass Sanader von Exparteifreunden, die in Korruptionsskandale verstrickt sind, aufgefordert wurde, in die Politik zurückzukehren, um Untersuchungen zu verhindern.

Unklar bleibt, wie Sanader in den Skandal um die Hypo-Alpe-Adria-Bank verstrickt ist. Kroatische Medien berichteten, dass der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber Sanader für die Übernahme der Bank durch die BayernLB gewonnen habe. Auf die Frage, inwieweit er in die Geschäfte der Bank verstrickt sei, erklärte Sanader, seine Privatgeschäfte gingen niemanden etwas an. „Wenn da was dran wäre, hätte ich nicht die mächtigste Position im Land aufgegeben.“

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