Über Ultraschall mit der Maschine sprechen

Gestikulierende Autofahrerin
Gestikulierende Autofahrerin(c) imago/Bernd Friedel (imago stock&people)
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In einem EU-Projekt befassen sich auch österreichische Partner mit der Verbesserung von Technologien, die neue Möglichkeiten aufzeigen: nicht nur durch Sprache, sondern auch mit Gesten mit Maschinen zu kommunizieren.

Menschen, die im Auto wild gestikulieren? Die sind immer wieder im Straßenverkehr zu beobachten. Künftig könnten sie noch häufiger auftreten: Ein Projekt im EU-Programm „Horizon 2020“ beschäftigt sich damit, wie der Mensch sich Maschinen künftig besser kontaktlos – also über Sprachsteuerung oder Gesten – verständlich machen kann. Das ist natürlich gerade im Auto hilfreich, wo man sich ja aufs Fahren statt auf Navi oder Gebläse konzentrierten sollte.

Für das Projekt Silense arbeiten derzeit und noch zwei Jahre lang 32 Partner aus neun europäischen Ländern zusammen, Technologieunternehmen wie wissenschaftliche Institutionen. In Österreich zählen dazu die Kepler-Uni Linz, das Linzer Zentrum für Mechatronik (LCM), Infineon und die Carinthian Tech Research AG (CTR) in Villach.

„Die Gestenerkennung basiert auf einer sehr präzisen 3-D-Positionierungstechnologie, vergleichbar mit der Echoortung, anhand der sich Fledermäuse orientieren“, erklärt der Mikrosystem-Technologe Mohssen Moridi von CTR. „Ein Sender schickt Ultraschallsignale aus, die zum Beispiel auf die Oberfläche einer Hand treffen. Die dort abprallenden Signale werden vom selben Gerät aufgefangen.“ Die Zeitspanne, die währenddessen vergangen ist, und das empfangene Signal lassen den Apparat die Geste erkennen.

Übersetzung für Gebärden

„Mit der derzeitig verfügbaren Technologie ist die räumliche Auflösung allerdings noch beschränkt – einzelne Finger kann sie etwa noch nicht erkennen“, sagt Moridi. Daran wolle man im Projekt arbeiten. Denn in der Theorie erkennt die Ultraschallanwendung Handzeichen auch über mehrere Meter akkurat. „Wenn das gelingt“, so Moridi, „dann wird es auch möglich, komplexere Gesten wie in der Gebärdensprache in Echtzeit zu erkennen.“ So könnte diese Technologie es Menschen mit Sprech- oder Hörbeeinträchtigung ermöglichen, auch mit jenen, die nicht der Gebärdensprache mächtig sind, zu kommunizieren.

Zu experimentieren sei allerdings noch mit dem Ultraschallbereich, in dem man für die Gestenerkennung arbeitet: „Ultraschall bezeichnet Schall oberhalb des Frequenzbereiches, der für Menschen hörbar ist; er beginnt bei etwa 20 Kilohertz. Hunde und Katzen können allerdings Schall bis zu einer Frequenz von 44 Kilohertz wahrnehmen“, sagt Moridi. Der Plan sei deshalb, über einer Frequenz von 160 Kilohertz zu arbeiten, um wirklich kein Tier durch die Anwendung zu beeinflussen.

Eine Erkennungstechnologie basierend auf Schall hat gegenüber einer visuellen dabei auch Vorteile: Sie verbraucht weniger Energie und ist Lichtverhältnissen gegenüber unempfindlich. Anwendung der akustischen Technologie – Gesten auch in Kombination mit Spracherkennung – ist neben der Automobilindustrie auch für Smart Homes, Mobiltelefone und sogenannte Wearables geplant – das sind zum Beispiel Siliziumchips, die in jeglichen Gegenstand integriert werden können.

Mehr Hygiene in Spitälern

Moridi spricht etwa von der Anwendung kontaktloser Signalerkennung in Spitälern: „Wir wissen, dass Berührung, etwa von Türschnallen oder Kontrollgeräten, bei der Übertragung von Krankheiten eine sehr große Rolle spielt.“ Die Hygiene könnte hier durch die Steuerung über Sprache oder Gesten deutlich verbessert werden.

IN ZAHLEN

3 Jahre werde es etwa dauern, sagt der Mikrosystemtechnologe Mohssen Moridi, bis zur deutlichen Verbesserung auch in der Anwendung kontaktloser Technologien, wie der Steuerung durch Gesten oder Sprache.

32 Projektpartner
aus neun europäischen Ländern arbeiten am EU-Projekt „Silense“, in dem solche Technologien weiter erforscht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2017)

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