Trumps Schreckgespenst kehrt zurück

Paul Manafort scheute das Licht der Öffentlichkeit, als er sich Montagfrüh in den Gewahrsam des FBI begab.
Paul Manafort scheute das Licht der Öffentlichkeit, als er sich Montagfrüh in den Gewahrsam des FBI begab.REUTERS
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Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort stellte sich freiwillig dem FBI, um einer Verhaftung zuvorzukommen. Medien raunen von einem Deal. Der US-Präsident schäumt.

Wien/Washington.Donald Trump war außer sich, als er Montagfrüh im Weißen Haus die „Breaking News“ der Nachrichtensender über die Anklage des FBI gegen seinen früheren Wahlkampfmanager Paul Manafort und dessen Juniorpartner Rick Gates verfolgte. Um seiner Verhaftung zuvorzukommen, hatte sich Manafort frühmorgens selbst in den Gewahrsam der Bundespolizei begeben, im J.-Edgar-Hoover-Building, dem FBI-Hauptquartier in der Mitte der Achse zwischen Weißem Haus und Kapitol. In einer ersten Anhörung plädierten Manafort und Gates auf nicht schuldig.

Die Vorwürfe lägen „Jahre zurück“, legte der Präsident in einem Twitter-Stakkato los. „Warum stehen nicht die verbrecherische Hillary und die Demokraten im Fokus?“ Und kurz darauf: „Es gibt keine Absprache.“ Er meinte damit eine Kooperation mit dem Kreml im Zusammenhang mit der inkriminierten Wahlkampfmanipulation, der von Sonderermittler Robert Mueller akribisch untersuchten etwaigen Russland-Connection des Trump-Teams. Damit stellt er sich auf die Seite der russischen Regierung: Es gebe "nicht einen einzigen Beweis" für eine russische Einflussnahme, beteuerte Russlands Außenminister Sergej Lawrow.

Zwielichtiges Lobbying

Die Anschuldigungen gegen Manafort beziehen sich tatsächlich auf Geldwäsche und Steuerbetrug im Zusammenhang mit seinen Lobby-Geschäften in Russland und der Ukraine für den Oligarchen Oleg Deripaska und den Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch, für die er Dutzende Millionen Dollar erhielt. Wegen der dubiosen Geschäfte sah sich der langjährige republikanische Drahtzieher auch gezwungen, nach kaum drei Monaten als Wahlkampfmanager Trumps zurückzutreten. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und andere hatten ihn zunehmend als Belastung in einem ohnedies holprigen Wahlkampf angesehen. Seine Mission, den Parteikonvent in Cleveland reibungslos über die Bühne zu bringen, hatte er jedenfalls bereits erfüllt.

Just zu Halloween, den Tagen des inszenierten Spuk- und Horrorklamauks, ist für die Trump-Regierung das Schreckgespenst wahr geworden, das seit Anbeginn der Präsidentschaft über dem Weißen Haus hängt. Trump sprach am Wochenende auch neuerlich von einer „Hexenjagd“. Die Justiz sollte lieber die E-Mail-Affäre Hillary Clintons ins Visier nehmen und den Uran-Deal der Obama-Regierung mit Russland, schäumte er. „Tut etwas.“ Der Präsident twitterte sich seine Wut von der Seele.

Seit dem Wochenende hatten US-Medien über die Verhaftung von zwei hochrangigen Mitarbeitern im Umkreis des Trump-Teams spekuliert. Im Verdacht standen dabei in erster Linie Manafort und Michael Flynn, der nach rund drei Wochen gefeuerte Sicherheitsberater, der über seine Kontakte zum russischen Botschafter in den USA gelogen hatte. In Washington raunen nun schon manche von einem Deal der Justiz mit Manafort – im Austausch gegen Insiderkenntnissen. Manafort war nicht nur für US-Präsidenten wie Gerald Ford oder George Bush sen. aktiv, sondern auch für den philippinischen Diktator Ferdinand Marcos und den Autokraten Janukowitsch. Dass sich gegen ihn etwas zusammenbraut, war spätestens seit der Hausdurchsuchung des FBI in dessen Residenz in Alexandria Ende Juli klar.

Wie sich herausstellte, hatte ein dritter Trump-Mitarbeiter dem FBI über seine Beziehungen zu russischen Putin-Gewährsleuten die Unwahrheit gesagt. George Papadopoulos, ein außenpolitischer Berater Trumps, arbeitet seit Monaten mit dem FBI zusammen, wie die Behörden am Montag überraschend bekanntgaben. Er gab laut den Gerichtsdokumenten an, im März 2016 den russischen Botschafter in London sowie eine von ihm als Nichte des russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnete Frau getroffen zu haben.

Mit seinen Kontakten habe er über mögliche Treffen mit Trump und seinen Wahlkampf-Mitarbeitern gesprochen. Gegenüber dem FBI räumte Papadopulos ein, er habe Trump und andere im März 2016 darüber informiert, dass er ein Treffen des damaligen Präsidentschaftsbewerbers mit Putin organisieren könne. Zudem bekannte er, Kontakte zu einem als "Professor" bezeichneten Informanten mit Verbindungen nach Moskau verschwiegen zu haben. Dieser soll ihm belastendes Material über die frühere Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton angeboten haben.

Robert Muellers Puzzle

Es ist ein weiteres Indiz in dem Puzzle, das der frühere FBI-Chef Robert Mueller im Rahmen seiner Untersuchung zusammenträgt. Er drängt überdies auf die Herausgabe des E-Mail-Verkehrs des Präsidenten bei der Entlassung James Comeys. Die Kündigung des FBI-Chefs, eines Nachfolgers und engen Freundes Muellers, hatte den Stein gegen Trump erst so richtig ins Rollen gebracht. In einem Hearing im Kongress erhob Comey schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten. Gegen die Einsetzung Muellers vermochte sich Trump schließlich nicht mehr zu sperren. Insgeheim freilich versucht er, den unbequemen Ermittler auf legale Weise loszuwerden – bisher ohne Erfolg.

Womöglich rückt nun auch das engste Umfeld des Präsidenten, seine Familie, in den Mittelpunkt. Donald Trump jun., der älteste Sohn, und Kushner suchten den Kontakt zu Personen im Dunstkreis des russischen Präsidenten Putin – nicht nur zum inzwischen nach Moskau zurückbeorderten Botschafter Sergej Kisljak, sondern auch zu einer russischen Anwältin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2017)

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