Politisches Stehaufmännchen mit Charme – und Chancen auf den Präsidentensessel. Der Exkommunist, der noch nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens 1991 bis zur Auflösung in der Partei geblieben war, biedert sich der katholischen Kirche an.
Als Präsidentschaftskandidat Milan Bandic letzten Dienstag den gekreuzigten Christus hochhielt, staunten die kroatischen Bekannten nicht schlecht. Und mussten dann doch lachen.
Milan Bandic, der Exkommunist, der noch nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens 1991 bis zur Auflösung in der Partei geblieben war, biedert sich der katholischen Kirche an. Bedeutet diese Geste des Bürgermeisters von Zagreb Flexibilität – oder einfach schlichten Opportunismus?
Dem 1955 in der Nähe des Städtchens Grude in der Westherzegowina als Sohn eines Tabakbauern geborenen Bandic wurde jedoch vom Wahlvolk schon manche Sünde verziehen. Einem Stehaufmännchen gleich überstand der Politiker Korruptionsskandale und Niederlagen, um gleich darauf wieder gestärkt und populärer als zuvor aufzustehen.
Aus der Herzegowina in die Hauptstadt
Ohnehin ist es schon ein Wunder, dass jemand aus der Region Westherzegowina von den Zagrebern seit dem Jahr 2000 mehrmals zum Bürgermeister gewählt werden konnte. Denn die Leute aus jener Gegend Bosnien-Herzegowinas gelten nicht nur als extreme Nationalisten, sondern auch als wenig geschätzte Emporkömmlinge. Natürlich schwingt bei den Anfeindungen gegenüber den schlitzohrigen und geschäftstüchtigen Herzegowinern auch Neid mit. Die Neureichen haben in der Ära Tudjman viele Villen auf der Nobelstraße Pantovcak in Zagreb aufgekauft.
Doch Milan Bandic hat sich in den Neunzigerjahren von den herzegowinischen Extremisten distanziert. Und sich um die sozialen Belange der Menschen in den Vorstädten gekümmert, das öffentliche Verkehrssystem Zagrebs modernisiert; eine U-Bahn ist in Planung. Er lebt mit seiner Exfrau im Zentrum Zagrebs. Das Besondere macht den Marathonläufer populär. Und er hat Charme. Niemand nimmt ihm übel, dass er mit seinen zwei Hunden während der Arbeitszeit persönlich Gassi geht. Im Gegenteil, am Leid des an Krebs erkrankten Hundes Bill nahm die gesamte Nation teil.
Er sei wie ein Elefant. Und vergesse keine der Kränkungen, die ihm zugefügt wurden, berichten Insider. Als Bandic 2007 die Wahl zum Vorsitzenden der SDP gegen den jungen Zoran Milanovic verlor, ließ er keine Gelegenheit aus, dem neuen Vorsitzenden das Leben schwerzumachen. Als die Partei ihm im Sommer 2009 die Gefolgschaft verweigerte und ihn nicht auf den Schild des Präsidentschaftskandidaten hob, kandidierte er kurzerhand als Unabhängiger. Was ihm den Ausschluss aus der SDP einbrachte.
Immerhin schaffte er es mit rund 15 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang in die Stichwahl. Jetzt hebt Bandi? Kreuze hoch und besucht die Veteranen des „Vaterländischen Krieges“. Er möchte die Stimmen der zerstrittenen Konservativen und Rechten auf sich vereinigen. Und liegt in den aktuellen Umfragen zwischen 40 und 45 Prozent. Milan Bandic ist jedoch für jede Überraschung gut.
ZUR PERSON
■Milan Bandi? (54) gilt als Stehaufmännchen der kroatischen Politik. Der Exkommunist gehörte der Sozialdemokratischen Partei an, wurde ausge-schlossen und tritt nun als Unabhängiger an. Bandi? ist Zagreber Bürgermeister.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2010)