Katalonien: Madrid erlässt offiziell Haftbefehl gegen Puigdemont

Carles Puigdemont erschien in Madrid nicht vor Gericht.
Carles Puigdemont erschien in Madrid nicht vor Gericht.imago/Agencia EFE
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Der Ex-Regionalchef will in Belgien bleiben. Auch gegen vier seiner Minister wurden Haftbefehle ausgestellt. Ihnen droht die Auslieferung nach Spanien.

Spanien hat offiziell einen europäischen Haftbefehl gegen den entmachteten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont erlassen. Das sagte Puigdemonts belgischer Anwalt Paul Bekaert. Sein Mandant habe ihn informiert, dass gegen ihn und vier Minister der abgesetzten katalanischen Regionalregierung, die sich ebenfalls in Belgien befanden, Haftbefehle ausgestellt worden seien.

Die Ausstellung des europäischen Haftbefehls bedeute "in der Praxis, dass die spanische Justiz jetzt ein Auslieferungsgesuch an die Generalstaatsanwaltschaft in Brüssel schicken wird", sagte Bekaert dem flämischen Sender VRT am Donnerstag. Puigdemont werde "natürlich" in Belgien bleiben, er habe den belgischen Behörden seine "volle Zusammenarbeit" zugesichert. Sollte dem Auslieferungsantrag stattgegeben werde, werde Puigdemont dagegen in Berufung gehen.

Zuvor hatte ein Madrider Gericht auf Antrag der spanischen Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft für acht Mitglieder der abgesetzten katalanischen Regionalregierung an, die in Spanien geblieben sind. Das Gericht begründete den Freiheitsentzug unter anderem mit Fluchtgefahr. Gegen die Politiker wird wegen der einseitigen Unabhängigkeitserklärung Kataloniens ermittelt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor.

Auslieferung binnen 60 Tagen

Der Staatsgerichtshof in Madrid hatte Puigdemont und die Mitglieder seiner Regierung für Donnerstag zu einer Anhörung vorgeladen. Der abgesetzte Regionalpräsident und vier seiner Minister ignorierten die Vorladung, woraufhin die Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen sie beantragte. Insgesamt neun Mitglieder von Puigdemonts abgesetzter Regierung folgten am Donnerstag der Vorladung des Madrider Staatsgerichtshofs.

Den Angeklagten werden Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Dafür drohen bis zu 30 Jahre Haft. Grund dafür ist die einseitige Unabhängigkeitserklärung, die das katalanische Parlament am Freitag vor einer Woche beschlossen hatte. Die Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte die katalanische Regierung daraufhin abgesetzt. Die wirtschaftsstarke Region im Nordosten Spaniens steht nun unter Zwangsverwaltung aus Madrid.

Nach einem europäischen Haftbefehl muss das Land, in dem die Person festgenommen wird, diese innerhalb von höchstens 60 Tagen nach der Festnahme an das Land übergeben, in dem der Haftbefehl ausgestellt worden war. Stimmt die Person ihrer Übergabe zu, so muss innerhalb von zehn Tagen über die Übergabe entschieden werden.

Zwangsverwaltete Region

Grund für die Anklage ist der katalanische Abspaltungsprozess von Spanien, der vergangenen Freitag in einen Unabhängigkeitsbeschluss im katalanischen Parlament in Barcelona mündete. Die Regionalregierung wurde daraufhin durch Madrid entmachtet. Die wirtschaftsstarke Region steht nun unter Zwangsverwaltung der Zentralregierung von Mariano Rajoy.

Die politische Unsicherheit könnten nach Einschätzung der Bank von Spanien die Wirtschaft in den kommenden Monaten belasten. Sollten die Separatisten Zulauf bekommen, könnte das Auswirkungen auf die konjunkturellen Aussichten und die Finanzstabilität haben, erklärte die Notenbank in ihrem Monatsbericht. Im schlimmsten Fall könnte das Wachstum zwischen Ende 2017 und 2019 um 2,5 Prozentpunkte geringer ausfallen.

(APA/AFP/dpa)

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