Katalonien: Belgiens Migrationsminister fordert Asyl für Puigdemont

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Theo Francken zweifelt an, ob der abgesetzte Regionalchef in Spanien einen fairen Prozess bekommt. Spaniens Oberstes Gericht stellte einen Haftbefehl gegen den Politiker aus.

Der belgische Migrationsminister Theo Francken hält ein politisches Asyl für den abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont für möglich. "Das ist nicht unrealistisch, wenn man sich die Situation anschaut", sagte Francken, der der nationalistischen flämischen Partei N-VA angehört, am Freitag dem Fernsehsender VTM. In Spanien werde bereits über eine Haft gesprochen.

"Die Frage ist, inwieweit er einen fairen Prozess bekommen würde", sagte der Minister. Belgien ist eines der wenigen EU-Länder, in denen EU-Bürger politisches Asyl beantragen können. Puigdemont hält sich seit einigen Tagen in Brüssel auf. Seine Partei hatte schon vergangene Woche mit dem Vorschlag, Puigdemont Asyl zu gewähren, für Aufmerksamkeit gesorgt.

Der belgische Ministerpräsident Charles Michel hat Madrid und Barcelona zu einem Dialog aufgefordert. Die Beziehungen von Belgien zu Spanien hatten sich in den 1990er und den 2000er-Jahren eingetrübt, als sich das Land weigerte, ein Paar nach Spanien auszuweisen, dem Mitarbeit in der militanten baskischen Organisation ETA vorgeworfen wurde.

Puigdemont will in Belgien bleiben

Der spanische Staatsgerichtshof stellte am Donnerstag gegen den entmachteten katalanischen Regionalpräsidenten einen europäischen Haftbefehl aus. Das gab Puigdemonts belgischer Anwalt Paul Bekaert im Fernsehen bekannt. Bekaert sagte dem flämischen Sender VRT am Donnerstag, Puigdemont habe ihn informiert, dass gegen ihn und vier Minister der abgesetzten katalanischen Regionalregierung, die sich ebenfalls in Belgien befanden, Haftbefehle ausgestellt worden seien. Die Ausstellung bedeute "in der Praxis, dass die spanische Justiz jetzt ein Auslieferungsgesuch an die Generalstaatsanwaltschaft in Brüssel schicken wird", sagte Bekaert.

Puigdemont werde "natürlich" in Belgien bleiben, er habe den belgischen Behörden seine "volle Zusammenarbeit" zugesichert, sagte Bekaert dem Fernsehsender. Sollte dem Auslieferungsantrag stattgegeben werde, werde Puigdemont dagegen in Berufung gehen.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hatte Lamela am Donnerstag Untersuchungshaft für acht Mitglieder der abgesetzten katalanischen Regionalregierung angesetzt, die vor Gericht erschienen waren. Das Gericht begründete den Freiheitsentzug auch mit Fluchtgefahr. Ein weiterer Minister, Santi Vila, soll gegen Zahlung von 50.000 Euro auf freiem Fuß bleiben dürfen. Er war vor der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit zurückgetreten.

Zehntausende demonstrieren gegen U-Haft für Puigdemont

Gegen die Politiker wird wegen der einseitigen Unabhängigkeitserklärung Kataloniens ermittelt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor. Bei einer Verurteilung drohen ihnen langjährige Haftstrafen. In Katalonien gingen am Donnerstagabend zehntausende Menschen aus Protest gegen die verhängte Untersuchungshaft auf die Straße. Allein in Barcelona waren es nach Polizeiangaben rund 20.000. Sie skandierten "Befreit politischer Häftlinge" und "Das ist keine Justiz sondern Diktatur".

Puigdemonts katalanischer Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas sprach von einem "schlechten Tag für die Demokratie". Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb er: "Alle im Gefängnis. Gefühl großer Ungerechtigkeit." Puigdemont begründete in einer Erklärung sein Fernbleiben von der Madrider Anhörung damit, dass ihm in Madrid ein "politischer Prozess" gemacht werden solle.

Mit seinem Fernbleiben zog er sich Kritik aus Katalonien zu. Der Anwalt von zwei der vorgeladenen Parlamentarier sagte, Puigdemont hätte der Vorladung ebenfalls Folge leisten sollen. Der frühere Regionalabgeordnete Joan Josep Nuet nannte Puigdemonts Vorgehen im Radiosender Catalunya "verantwortungslos".

Das katalanische Regionalparlament in Barcelona hatte vor einer Woche gegen den massiven Widerstand Madrids die Unabhängigkeit der Region im Nordosten Spaniens ausgerufen. Die spanische Zentralregierung setzte daraufhin die Regionalregierung ab und löste das Regionalparlament auf.

(APA/Reuters/AFP)

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