Moskau verlangt von UNO Rücknahme des Berichts Syrien-Giftgasangriff

APA/AFP/OMAR HAJ KADOUR
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Das UN-Gutachten zu dem Chlorgasangriff auf die syrische Stadt Khan Scheikhoun sei "oberflächlich und unprofessionell", kritisiert Russland.

Russland will erwirken, dass die Vereinten Nationen einen Expertenbericht zu einem verheerenden Giftgasangriff in Syrien zurücknehmen und neu anfertigen lassen. Die UNO-Experten hatten die Streitkräfte der mit Russland verbündeten syrischen Regierung für den tödlichen Angriff verantwortlich gemacht.

Der Nachrichtenagentur AFP lag am Donnerstag ein russischer Resolutionsentwurf für den UNO-Sicherheitsrat vor, der vom Ermittlerteam verlangt, seine Erkenntnisse zum Angriff auf Khan Scheikhoun im April zurückzunehmen, bis eine "umfassende und hochqualitative Ermittlung" vor Ort möglich werde.

Der Giftgasangriff auf die von Rebellen gehaltene nordwestsyrische Ortschaft Khan Scheikhoun, bei dem am 4. April mehr als 80 Menschen getötet wurden, hatte weltweit für Empörung gesorgt. US-Präsident Donald Trump reagierte kurz nach dem Chemiewaffeneinsatz mit einem Vergeltungsangriff auf einen syrischen Militärflughafen, von dem aus der Giftgasangriff gestartet worden sein soll.

Resolutionsentwurf wahrscheinlich

Das Gutachten zu dem Angriff sei "sehr oberflächlich, unprofessionell und amateurhaft", sagte der Leiter der Sicherheitsabteilung im russischen Außenministerium, Michail Uljanow, bereits zuvor am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Moskau. Die UNO-Ermittler hatten sich bei ihrem Gutachten auf Zeugenaussagen, Videomaterial, Fotos, Satellitenbilder sowie Proben aus dem angegriffenen Ort gestützt.

Die Experten hätten ihre Ermittlungen "aus der Distanz" geführt, kritisierte Uljanow. Dies sei ein "Skandal". Das Ermittlerteam hätte stattdessen eingestehen müssen, "dass es unmöglich ist, unter den gegenwärtigen Bedingungen eine Untersuchung auszuführen". In dem Resolutionsentwurf forderte Russland nun allerdings, "so schnell wie möglich" ein Team nach Khan Scheikhoun zu schicken.

Der Resolutionsentwurf wurde an die 15 Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates geschickt. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die drei ständigen westlichen Mitglieder des Sicherheitsrates, USA, Frankreich und Großbritannien, dem Resolutionsentwurf Russlands zustimmen werden; schließlich bewerten sie das Ermittlerteam als professionell, unparteiisch und unabhängig.

Syrien bestreitet Verwicklung in den Angriff

Das Weiße Haus verurteilte die Kritik aus Moskau an dem Gutachten. Sie zeige den "vollständigen Mangel an Respekt für internationale Normen", erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders.

Die UNO-Ermittler sind Teil des sogenannten Gemeinsamen Untersuchungsmechanismus (Joint Investigative Mechanism, JIM), der vor zwei Jahren nach mutmaßlichen Chlorgasangriffen auf syrische Dörfer eingesetzt wurde. An der Einsetzung von JIM war neben der UNO auch die in Den Haag ansässige Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) beteiligt. JIM läuft im November aus; in dem russischen Resolutionsentwurf wird eine Verlängerung von sechs Monaten gefordert. Erst Ende Oktober hatte Moskau mit seinem Veto eine einjährige Verlängerung der Mission verhindert.

Die syrische Regierung bestreitet jegliche Verwicklung in den Angriff. Die USA und ihre Verbündeten machen hingegen seit Monaten die syrischen Streitkräfte für den Chemiewaffeneinsatz verantwortlich. Im September kam die UNO-Untersuchungskommission zur Lage der Menschenrechte in Syrien ebenfalls zu diesem Schluss.

(APA/AFP)

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