Kärntner Straße: Die Wiederentdeckung des Café Zwieback

Die Conditorei Sluka hat in der Kärntner Straße bzw. Weihburggasse einen neuen Standort eröffnet und die Räumlichkeiten des ehemaligen Café Zwieback, das sich hier in den 1920er-Jahren befand, saniert.
Die Conditorei Sluka hat in der Kärntner Straße bzw. Weihburggasse einen neuen Standort eröffnet und die Räumlichkeiten des ehemaligen Café Zwieback, das sich hier in den 1920er-Jahren befand, saniert.(c) Stanislav Jenis
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Die Conditorei Sluka ist in die Räumlichkeiten der Drei Husaren gezogen – und knüpft somit an das einstige Café Zwieback an.

Wien. Ein bisschen wirkt es, als wäre es schon immer da gewesen. Ein paar Wiener nehmen eine Melange und ein Stück Torte zu sich, die Touristen bestaunen die hübsche Kuchenvitrine, und die freundlichen Kellner erklären bereitwillig, um welche Spezialitäten es sich hier handelt. Nur die paar Handwerker, die in einer Ecke noch unter einer Sitzbank schrauben, machen deutlich, dass dieses traditionelle Wiener Kaffeehaus doch nicht so alt ist, wie es wirkt. Allerdings hat es eine lange Geschichte und knüpft an das Café Zwieback, das hier in den 1920er-Jahren geführt wurde, an.

Gestern, Freitag, hat die Conditorei Sluka – deren Stammhaus am Rathausplatz seit 1891 besteht – seinen zweiten, vergrößerten Standort auf der Kärntner Straße eröffnet. Schon im März ist die Conditorei Sluka, die mittlerweile zur List Group gehört, in den früheren Gerstner in der Kärntner Straße 13–15 gezogen. Jetzt wurden aber auch die hinteren Räumlichkeiten, in dem sich bis 2005 das Restaurant „Zu den drei Husaren“ befand, saniert und zu einem Wiener Kaffeehaus gemacht.

(c) Stanislav Jenis

„Das Gebäude ist denkmalgeschützt, aber wir wussten nicht, was wir hinter den Gipsplatten vorfinden wurden“, sagt der zuständige Architekt Andreas Call. „Als wir die Platten und die eingehängte Decke abgenommen haben, haben wir gesehen, was für ein Schatz sich hier verbirgt.“ Vor gut drei Jahren haben er und sein Team mit den kunsthistorischen Recherchen begonnen. „Zum Glück wurde bei der ersten Umbauphase der Drei Husaren in den 1970er-Jahren ein bisschen gespart und nichts abgetragen.“ Damals wurde nämlich einfach auf der Höhe von 2,50 Metern eine Decke eingezogen, alles was sich darüber befand – Dekorationen, Stuckverzierungen, Dachverglasungen und Schmuckfiguren – blieb somit weitgehend erhalten. Die Ausstattung geht auf das Jahr 1922 und die beiden Architekten Friedrich Ohmann und August Kirstein zurück. Anhand von Glas- und Stoffresten wurde die damalige Dekoration heute wieder originalgetreu hergestellt.

Damenmoden und Kaffeehaus

In den 1920er-Jahren wurde hier, vor den Drei Husaren, ebenfalls ein Kaffeehaus betrieben. Im vorderen Bereich, in Richtung Kärntner Straße, hat sich nämlich ab 1895 das achtstöckige Kaufhaus Ludwig Zwieback & Bruder befunden, in dem Damenmode angeboten wurde. (Die Geschichte des Kaufhauses ist übrigens noch bis 19. November in der Ausstellung „Kauft bei Juden“ im Jüdischen Museum Wien zu sehen). 1921 hat die Familie Zwieback das angrenzende Pereirapalais (Weihburggasse 4) erworben und hier im Erdgeschoß ein Kaffeehaus, das Café Zwieback, betrieben. „So wie heute gab es schon damals eine Verbindung zwischen Modehaus und Kaffeehaus“, sagt Call. Er kann sich gut vorstellen, dass, während die Damen im Modehaus einkaufen waren, die Herren sich die Zeit einstweilen im Kaffeehaus vertrieben haben. Welche prominenten Gäste hier ein und aus gingen, ist heute nicht mehr bekannt. Lediglich ein Foto gibt es, das die damalige Miss Universe im Café Zwieback zeigt. Lisl Goldarbeiter war 1929 die erste und einzige österreichische Miss Universe.

Das Café Zwieback gehörte ebenso wie das berühmte Kaufhaus zur Familie Zwieback, die 1938 enteignet wurde.
Das Café Zwieback gehörte ebenso wie das berühmte Kaufhaus zur Familie Zwieback, die 1938 enteignet wurde. (c) Feldegg/gemeinfrei

Anfang der 1930er-Jahren mieteten sich die drei Husaren-Offiziere – Paul Graf Palffy, sein Bruder und ein dritter Offizier – im einstigen Kaffeehaus ein und gründeten das nach ihnen benannte Restaurant. 1938 wurde das Gebäude zwangsarisiert, die damalige Inhaberin, Ella Zirner-Zwieback, emigrierte mit ihrem Sohn Ludwig in die USA. Mit ihrem Enkel, dem deutschen Schauspieler August Zirner, gab es während der Renovierungsarbeiten regen Kontakt, erzählt Architekt Call. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Rebekka-Statue – eine Brunnenfigur, die von 1840, dem Gründungsjahr des Hauses, stammt und lange im Besitz des Wien Museums war – wieder zurückgekehrt ist. Heute steht sie allerdings nicht wie damals im Innenhof, sondern in einem Wintergarten.

Das Gebäude selbst geht laut Call auf das Jahr 1840 zurück. „Der Architekt Ludwig Förster, der ja auch ein Vordenker des Ringstraßenstils war, hat es damals für die Familie Pereira errichtet, auf einem Grundstück, das schon seit dem Mittelalter bebaut wurde“, erklärt Call. Bei Grabungsarbeiten sei man noch auf Reste aus dem Jahr 1250 gestoßen. Der erste Wiener Hof des Stiftes Göttweig soll sich hier befunden haben.

In den oberen Etagen des Gebäudes befinden sich heute Büros und Wohnungen – und eine Beletage. Was mit dieser einmal passieren wird, sei aber noch offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2017)

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