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Wie es mit der Liste Pilz ohne Pilz weitergeht

Peter Pilz will sein Nationalratsmandat nicht annehmen. Seine Liste muss ohne ihn klarkommen.
Peter Pilz will sein Nationalratsmandat nicht annehmen. Seine Liste muss ohne ihn klarkommen.(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Wer soll Klub-Chef werden? Wer soll statt Pilz in den Ausschüssen sitzen? Welchen Namen soll die Partei haben? Wie soll man zu den Vorwürfen stehen? Bei der Liste Pilz jagt eine Krisensitzung die nächste, um Antworten zu finden.

Wien. Die Liste Pilz steckt in einer veritablen Krise. Darum jagte am Sonntag wieder eine interne Sitzung die nächste. Nach dem Rückzug von Peter Pilz wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung („Die Presse“ berichtete) muss die Partei klären, wie sie weitermachen will. Im Parlament, im Klub – aber auch als Partei generell – und ob Pilz dieser weiter vorstehen soll. Pilz will zwar sein Nationalratsmandat nicht annehmen, es ist aber nicht geklärt, ob er auch seine Funktion als Parteichef zurücklegen wird. Er hatte am Samstag angekündigt, die Partei von außen mitdirigieren zu wollen.

Wie mit dieser Ankündigung umzugehen ist, darüber wurden am Sonntag dem Vernehmen nach heftige Debatten geführt. Pilz selbst war bei der informellen Klub-Sitzung nicht anwesend. Die Frage nach dem Parteinamen blieb am Sonntag ebenso ungeklärt, wie die Frage, wer nun Klubchef werden solle. „Es gibt mehrere Modelle“, sagte Neo-Mandatar Wolfgang Zinggl gegenüber der APA. Eines könnte sein, dass Daniela Holzinger übernimmt.

Weiter offen ist auch, wer Pilz' Rollen in den wichtigsten Ausschüssen übernehmen nehmen kann. Ein Großteil der Neo-Mandatare sind Frischlinge in der Politik, die das Kräftemessen zwischen den Parteien und das tägliche Handwerk der parlamentarischen Arbeit erst lernen müssen. Aber auch den erfahreneren Ex-Grünen Mandataren, wie Zinggl oder Bruno Rossmann, fehlen Kompetenzen, die Pilz hatte: Die des Aufdeckers, der akribisch bis ins letzte Detail recherchiert. Es waren nicht zuletzt diese Qualitäten gepaart mit Pilz' Popularität, die der Liste Stimmen gebracht hatten. Nächstes Jahr stehen vier Landtagswahlen an: In Niederösterreich, Salzburg, Kärnten und Tirol. Es galt zuletzt als wahrscheinlich, dass Pilz zumindest in Kärnten und Salzburg antreten werde. Dort konnte er sich wegen seiner Aufdeckerarbeit rund um die Hypo in Kärnten und dem Finanzskandal in Salzburg gute Chancen ausrechnen.

Sollte die Liste Pilz dort nun doch nicht antreten – beziehungsweise ohne Pilz – ist das ein Vorteil für die Grünen, die in diesen Bundesländern zuletzt massiv verloren hatten. Unter anderem an Pilz.

 

Rückhalt trotz Vorwürfen

Ein am Sonntag heiß diskutiertes Thema war freilich auch, wie man sich jetzt – und künftig – zu den Vorwürfen gegen Listengründer Pilz positionieren möchte. Maria Stern, Kandidatin der Liste und ehemalige Sprecherin des Frauenvolksbegehrens sagt: „Ich stehe nach wie vor zu dem Politiker Peter Pilz. Sexuelle Belästigung ist jedoch ein schwerwiegendes gesellschaftliches Problem.“ Sie regt im Gespräch mit der „Presse“ an, dass sich „betroffene Männer“ Peter Pilz zum Vorbild nehmen sollen. Freilich nicht, was die vermeintliche sexuelle Belästigung betrifft, sondern, dass er Verantwortung für sein Handeln übernommen habe. Ob sie auch für ihn angetreten wäre, wenn ihr die Vorwürfe bekannt gewesen wären? „Wenn die Fakten klar gewesen wären, freilich nicht.“

Neomandatar Peter Kolba hat vorerst die Krisenkommunikation übernommen und äußerte sich auch via Facebook zur Pilz-Causa. Man wolle offenbar keine Kontrolle „á la Peter Pilz und Transparenz im Parlament, Landtag, Gemeinderat“, schreibt er. Er wittert hinter den Vorwürfen eine wohl koordinierte Kampagne in den Medien. „Wir werden diesem Gegenwind nicht weichen und haben uns warm angezogen. Diese Art, in Österreich Politik zu machen, muss abgestellt werden.“ Prinzipiell stehen die Mandatare also trotz der schwerwiegenden Vorwürfe großteils hinter Pilz.

Am Wochenende wurden auch weitere Belästigungsvorwürfe gegen Politiker und von Politikern im Netz laut. So gab etwa eine ehemalige ÖVP-Mitarbeiterin an, dass sie von einem früheren ÖVP-Wien-Funktionär belästigt worden sei. Dieser bestritt die Vorwürfe am Sonntag und kündigte an, sich rechtlich dagegen zu wehren.

Auch die steirische Landtagsabgeordnete Cornelia Schweiner (SPÖ) berichtet via Facebook über ihre Erfahrungen in der Politik. „Als Mäderl, Pupperl, der Aufputz fürs Foto bezeichnet zu werden, oder eine fremde Hand am Hintern oder am Busen sind demütigende, grenzüberschreitende Gesten, die ich all zu oft erfahren musste!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2017)