Nacktscanner: Kontrolle, die unter die Haut geht

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USA AIRPORT SECURITY(c) EPA (Matthew Cavanaugh)
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Hätte die neue Lieblingswaffe der Sicherheitsexperten den Bomber von Detroit aufgehalten? Experten streiten darüber. Ein Blick in die Technik der neuen Generation der Körperscanner.

Ihr Einsatz ist umstritten, ihre Wirksamkeit auch. Dennoch debattiert die EU über die flächendeckende Einführung von Personen- oder Ganzkörperscannern. Sie sollen das klassische Abtasten und Suchen nach verborgenen Gegenständen obsolet machen. Die weitverbreitete Bezeichnung „Nacktscanner“ vermeidet man in offiziellen Aussendungen tunlichst. Zu Recht, wenn man sich die aktuelle Generation der Geräte ansieht. Von den schwarz-weißen Nacktbildern, die vor Kurzem noch durch die Medien gingen, sind nur geisterhaft blaue Figuren mit abstrakten Gesichtern übrig geblieben. Vom Scanner als gefährlich eingestufte Funde werden als gelbe Rechtecke an der jeweiligen Körperstelle angezeigt.

Die neuen Modelle der Scanner funktionieren mit elektromagnetischer Terahertzstrahlung, die sich im Grenzbereich zwischen Infrarot- und Mikrowellenstrahlung befindet. Zwei Arten von Scannern können damit Personen durchleuchten: Solche, die aktiv einen Strahl ausschicken und damit den Körper abtasten, und passive, die ein Abbild anhand der Wärmeabstrahlung des Körpers rekonstruieren. Zwar sind die Geräte durchaus in der Lage, den Körper eines Menschen detailreich wiederzugeben. Per Software wird die Bildausgabe aber abstrakt reduziert, um die Privatsphäre der gescannten Personen zu wahren. Aufgrund der eingesetzten Technik sollen nicht nur metallische Gegenstände, sondern auch geschmuggelte Kunststoffe oder Flüssigkeiten entdeckt werden. Seitens der Hersteller wird behauptet, dass die Geräte schneller und präziser als jede Leibesvisitation sind, ein Scan dauert wenige Sekunden.

Testphase läuft

Die EU evaluiert derzeit Scanner vom Typ „ProVision“ des US-Unternehmens L-3 Communications, die auf ein aktives Verfahren setzen. Die Strahlendosis soll dabei um das 10.000-Fache geringer sein als bei einem Mobiltelefon, sagt L-3. Langzeitfolgen wurden bisher nicht untersucht.

15 dieser Geräte sind auch auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol im Einsatz, von wo aus der nigerianische Flugzeugbomber Umar Farouk Abdulmutallab in Richtung Detroit unterwegs war. 60 weitere Scanner wurden bestellt, wie Flughafensprecherin Elcke VanPiggelen der „Presse“ mitteilte. In Österreich vertreibt das Unternehmen EAS Envimet Geräte von L-3 Communications mit passender Software. Andere Hersteller solcher Lösungen sind etwa Rapiscan Systems, ebenfalls aus den USA, sowie Thruvision und die Smiths Detection Group aus Großbritannien.

Technisierte Sicherheitschecks werden immer wichtiger. Um Passagieren mehr Privatsphäre zu gewähren, sollen die Scans in Zukunft voll automatisch ablaufen. Bisher ist zumindest eine Person nötig gewesen, um auf einem Bildschirm das Scanbild zu analysieren. Die aktuelle Software entscheidet selbst, ob ein Passagier unbedenklich ist oder nicht. Erst wenn der Scan ein Objekt findet, schreitet das Personal ein und führt eine Leibesvisitation durch. Gespeichert wird angeblich nichts. Die Bilder werden nach der Abfertigung der jeweiligen Person sofort gelöscht, behauptet L-3 Communications. Unklar ist noch, wie ohne zusätzliche Kontrolle gewährleistet ist, dass die Software korrekt funktioniert, oder wie hoch das Risiko einer Fehlerkennung ist. Die 60 neuen Scanner für den Flughafen Schiphol sind bereits alle mit der automatisierten Software ausgerüstet.

Keine absolute Sicherheit

(c) APA, DiePresse.com

Hätten solche Scanner also den Bomber von Detroit entlarvt? Die Meinungen gehen auseinander. Sicherheitstechniker in Amsterdam sind davon überzeugt. Etwas anders sieht das der konservative britische Abgeordnete Ben Wallace. Die Terahertztechnologie sei nicht in der Lage, Chemikalien oder leichte Kunststoffe zu erkennen, sagt Wallace, der selbst bis 2005 an der Entwicklung solcher Geräte beteiligt war. Auch in Deutschlands Innenministerium ist man von den Spürfähigkeiten der Geräte bisher nicht überzeugt.

Definitiv versagen muss die Technik jedoch bei allen Gegenständen, Waffen oder Sprengladungen, die sich im Körperinneren befinden. Terahertzwellen können Personen nur bis auf die Hautoberfläche durchleuchten, tiefer gehen die Wellen nicht. Ein verschluckter oder in den Darm eingeführter Gegenstand könnte weiterhin problemlos durch die Kontrollen gelangen, warnen Experten.

Als einzige Möglichkeit, diese internen Verstecke aufzuspüren, gelten Röntgenaufnahmen. Hier wäre aber eine weitaus höhere und gefährlichere Strahlendosis notwendig, als es bei den Geräten auf Terahertzbasis der Fall ist. Zwar argumentieren Hersteller, dass die Belastung durch kosmische Strahlung beim Fliegen weitaus höher ist. Dennoch scheint es unwahrscheinlich, dass diese Technologie große Unterstützung findet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2010)

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