Malaysia: „Allah ist nur für uns!“

(c) EPA (Ahmad Yusni)
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Anschläge auf Kirchen, Hintergrund der Angriffe ist ein Urteil des Obersten Gerichts von Ende Dezember: Christen war erlaubt worden, zu Gott „Allah“ zu sagen.

Bangkok/Kuala Lumpur. Es waren nur ein paar hundert Menschen, die vor den Moscheen in Kuala Lumpur demonstrierten. Doch deren Botschaften waren unmissverständlich: „Respektiert den Islam!“ oder „Allah ist nur für uns!“, riefen die Demonstranten, die sich nach den Freitagsgebeten versammelt hatten. Während die Proteste friedlich blieben, war die Nacht davor alles andere als ruhig verlaufen: Drei Kirchen in der malaysischen Hauptstadt waren mit Brandbomben attackiert worden, eine davon brannte fast völlig aus.

Hintergrund der Angriffe ist ein Urteil des Obersten Gerichts von Ende Dezember: Demnach wurde der katholischen Wochenzeitung „Herald“ erlaubt, den christlichen Gott als Allah zu bezeichnen. Das aber brachte die Islambehörde sowie radikale Gruppierungen auf die Barrikaden. Diese sehen dadurch ihren muslimischen Glauben herabgewürdigt.

„Idioten“ im Vielvölkerstaat

Allerdings sind die Meinungen unter Malaysias Muslimen, mit 60 Prozent die Mehrheit im Vielvölkerstaat, durchaus geteilt. Die oppositionelle „Islamische Partei Malaysias“ (PAS), nicht unbedingt für moderate Positionen bekannt, erklärte, sie habe kein Problem damit, wenn Christen und Juden sich des Begriffs „Allah“ bedienten. Die prominente Aktivistin Marina Mahathir nannte all jene „Idioten“, die die Bezeichnung „Allah“ ausschließlich für Muslime beanspruchen wollten. Pikant ist, dass sie damit auf den eigenen Vater Mahathir Mohammad zielt, der immer wieder mit radikalen Sprüchen auf sich aufmerksam macht.

Inzwischen hat die politische Führung Berufung gegen das Urteil eingelegt – dieses wurde vorerst ausgesetzt. Der Streit ist Ausdruck eines gärenden Konflikts, in dem die muslimische Mehrheit der ethnischen Malaien durch eine gezielte Regierungspolitik jahrzehntelang gegenüber den indischen und chinesischen Minderheiten bevorzugt worden war. Die Malaien sind die Stammklientel der seit der Unabhängigkeit vor 52 Jahren regierenden „United Malays National Organisation“ (UMNO).

Regierung mitverantwortlich?

Für ihren kompromisslosen Stil wurde die UMNO immer wieder scharf kritisiert; auch jetzt muss sie sich von der Opposition vorhalten lassen, für die neue Gewalt sei eigentlich die Regierung verantwortlich. Erneut habe die Staatsführung versucht, das heikle Thema Religion politisch auszuschlachten.

Premier Najib Razak reagierte höchst verärgert: „Zeigen Sie bloß nicht mit dem Finger auf die UMNO“, zürnte er am Freitag. Doch die Vorwürfe kommen nicht von ungefähr: Schließlich war es Najib, der 2007 in seiner damaligen Eigenschaft als Vizepremier erklärte, Malaysia sei ein „islamischer Staat“. Nicht nur Andersgläubige der chinesischen und indischen Minderheiten zeigten sich entsetzt, sondern auch moderate Muslime.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2010)

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