Häftling gefoltert: Polizei entlässt erstmals Beamte

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Zwei Beamte, die 2006 einen Schubhäftling misshandelt hatten, wurden am Freitag aus dem Dienst entlassen. Damit wurden erstmals in Österreich Polizisten wegen schwerer Misshandlung eines Schubhäftlings entlassen.

WIEN. Im April 2006 wurde BakaryJ. nach dem verunglückten Versuch, ihn abzuschieben, von vier Wega-Beamten in eine Wiener Lagerhalle geschleppt und dort schwer misshandelt – dem Gambier, der mit einer Wienerin verheiratet ist, wurden Jochbein, Kiefer und Augenhöhle gebrochen. Nach jahrelangen juristischen Querelen und aufgehobenen Urteilen gibt es seit Freitag eine rechtskräftige Entscheidung der Disziplinar-Oberkommission:

Zwei Polizisten wurden entlassen, ein Beamter (er soll an der Misshandlung nicht aktiv beteiligt gewesen sein) erhielt die höchstmögliche Geldstrafe (fünf Monatsbezüge) samt Versetzung in den Innendienst, ein weiterer Polizist (er wurde in der Zwischenzeit pensioniert) verliert alle aus seinem Dienstverhältnis resultierenden Ansprüche und Vergünstigungen. Damit wurden erstmals in Österreich Polizisten wegen schwerer Misshandlung eines Schubhäftlings entlassen – was Josef Phillip Bischof, Anwalt von Bakary J., so kommentierte: „Das ist die richtige Reaktion.“

Strafrechtlich waren die Polizisten wegen „Quälen eines Gefangenen“ bereits zu Haftstrafen zwischen sechs und acht Monaten bedingt verurteilt worden – weshalb der Disziplinaranwalt als dienstrechtliche Konsequenz eine Entlassung empfahl. Anfangs wurden die Beamten nur zu einer Geldstrafe verurteilt, die später noch reduziert wurde. Erst der Verwaltungsgerichtshof hob diese Urteile wegen Rechtswidrigkeit auf.

Polizeikommandant zufrieden

Während das Verfahren gegen Bakary J. weiterläuft (er hat beim Höchstgericht Einspruch gegen seine Abschiebung eingereicht), kommentierte Wiens Landespolizeikommandant Karl Mahrer die Entlassung der Beamten im Gespräch mit der „Presse“ positiv: „Es hat sich gezeigt, dass Übergriffe von Polizisten zu klaren Konsequenzen führen.“ Damit seien wichtige Zeichen nach außen, aber auch nach innen gesetzt worden, so Mahrer. Damit würde tausenden Beamten, die in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen müssten und damit ihr Leben riskierten, der Rücken gestärkt.

Innerhalb der Wiener Polizei zeigten sich hohe Beamte mit dem Urteil ebenfalls zufrieden. „So ein Fall, wie er mit Bakary J. passiert ist, ist ja wirklich ein Worst-Case-Szenario für uns. Wenn es da keine Entlassungen gibt, wann denn dann?“, so ein Offizier, der ungenannt bleiben will. Ein anderer hoher Beamter erklärte, das Verfahren gegen die Polizisten habe viel zu lange gedauert. In der Bevölkerung sei dadurch der Eindruck entstanden, es tue sich nichts und die betroffenen Beamten würden nur halbherzig zur Rechenschaft gezogen werden.

Freude über das Urteil auch bei Amnesty International. Die Organisation begrüßte die „bahnbrechende und klare Entscheidung zu der Verschleppung und Folterung des Schubhäftlings Bakary J.: „Späte, volle Gerechtigkeit ist viel besser als fehlende Gerechtigkeit.“ Laut Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich, habe das damals schwerst verletzte Folteropfer, das weiter an körperlichen und psychischen Spätfolgen leidet, bisher keinerlei Schmerzensgeld, Rehabilitation oder Schadenersatz angeboten bekommen.

Patzelt: „Ich halte es für zynisch, dem Folteropfer zu sagen, dass er sein Schmerzengeld bei Gericht einklagen soll, als ob er bei einem Verkehrsunfall mit unklarer Verschuldenslage verletzt worden sei.“

Auf einen Blick

Bakary J. wurde 2006 nach einer missglückten Abschiebung von vier Polizisten in eine Lagerhalle gebracht und misshandelt. Fast vier Jahre später gibt es nun dienstrechtliche Folgen: Entlassung für zwei Polizisten; Geldstrafe für einen Beamten, ein (inzwischen pensionierter) Polizist verlor alle dienstrechtlichen Ansprüche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2010)

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