USA drohen Israel mit Finanzsanktionen

(c) AP (Dan Balilty)
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Washington erhöht den Druck auf Jerusalem – damit soll der Nahost-Friedensprozess wiederbelebt werden. Gleichzeitig ändert das Weiße Haus die Verhandlungstaktik. Die neue Losung: Das Wichtigste zuerst lösen.

Jerusalem. Die Regierung in Jerusalem will sich von möglichen Sanktionen durch das Weiße Haus nicht unter Druck setzen lassen. „Im Moment sind wir nicht auf die Kreditbürgschaften der USA angewiesen“, zeigte sich Finanzminister Yuval Steinitz souverän und gleichzeitig überrascht. Erst vor wenigen Monaten hätte das Weiße Haus die Frist der laufenden Bürgschaften um zwei Jahre verlängert. Dabei sei „von Bedingungen keine Rede“ gewesen.

In einem Interview mit dem Sender PBS hatte der Nahostsondergesandte George Mitchell am Wochenende angedeutet, dass eine Streichung der Kreditbürgschaften denkbar wäre, sollten Fortschritte im nahöstlichen Friedensprozess ausbleiben. „Entsprechend des amerikanischen Gesetzes können die USA die Unterstützung von Bürgschaften einstellen“, meinte Mitchell. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat Israel Bürgschaften für Kredite in der Höhe von mehreren Milliarden erhalten. Israel wurde es dadurch möglich, auf den internationalen Finanzmärkten leichter und billiger an Kredite zu kommen.

Neuer Tiefpunkt in Beziehungen

Israels Medien erinnern die von Mitchell angedrohten Sanktionen an den letzten Tiefpunkt in den US-israelischen Beziehungen – als Präsident George Bush sen. 1991 nach der Verweigerung eines geforderten Siedlungsstopps durch Premierminister Yitzhak Shamir zehn Milliarden Dollar an Bürgschaften aussetzte. „Mitchells Drohung“ so die Schlagzeile des größten Massenblatts „Maariv“, das den Kommentar des Nahostsondergesandten als „Bombe“ bezeichnete.

Auch Premierminister Benjamin Netanjahu zeigte sich zu Beginn der gestrigen Regierungssitzung perplex über den Nahostgesandten, da die Verhandlungen doch „nicht an Israel scheitern, sondern an den Palästinensern“. Um diesen Eindruck ist seine Regierung seit Wochen intensiv bemüht. Auch der temporäre Baustopp von Siedlungen gehört zu den diplomatischen Maßnahmen.

Bei seinem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak brachte Netanjahu jüngst die Idee von einem erneuten Gipfeltreffen ins Gespräch. Parallel verschickte das Außenamt in Jerusalem eine mehrere Seiten umfassende Liste an die internationale Presse, die Punkt für Punkt „die fortgesetzte Verweigerung der Palästinenser von israelischen Friedensinitiativen“ benennt. Obwohl die USA die israelische Pille nicht schlucken wollen, steht auch Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas unter Druck. Er braucht dringend einen Erfolg.

Siedlungsstopp als Bedingung

Neben den USA treiben auch Ägypten und Saudiarabien derzeit den Nahost-Friedensprozesses an. Die beiden arabischen Staaten zeigen freilich für die palästinensische Bedingung, dass vor einer Rückkehr an den Verhandlungstisch der Bau der Siedlungen, inklusive jenes in Ostjerusalem, komplett eingestellt werden müsse, Verständnis.

Wenn Mitchell „in einigen Tagen“ in die Region reist, wird die US-Initiative auf der Agenda stehen. Kernpunkt ist ein auf zwei Jahre angelegter Plan, der mit Verhandlungen über den künftigen Grenzverlauf beginnen soll. Innerhalb von neun Monaten soll eine Einigung über die Grenzen erzielt werden, etwa zeitgleich zum Ablauf der von Netanjahu festgelegten Frist für den Baustopp im Westjordanland.

Die Initiative ist ein weiterer Versuch der Amerikaner, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Erst letzte Woche hatte Rahm Emanuel, Stabschef des Weißen Hauses, durchblicken lassen, dass man es leid sei, zwischen den beiden zerstrittenen Seiten zu vermitteln.

AUF EINEN BLICK

Nahost-Friedensprozess. Schon zu Beginn seiner Präsidentschaft hat US-Präsident Barack Obama angekündigt, dass er alles unternehmen werde, um den Nahost-Friedensprozess wieder in Gang zu bekommen. Nun erhöht die US-Regierung den Druck auf Israel. Vor allem der andauernde Ausbau israelischer Siedlungen in der Westbank stehe einer Friedenslösung im Weg, heißt es aus Washington. Mit der Drohung, Kreditgarantien zu streichen, wollen die USA Israel nun zum Einlenken zwingen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2010)

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