Airbus räumt in Dubai kräftig ab

Bei Luftfahrtmessen wie der Airshow in Dubai rollen die Auftragsmilliarden. Airbus könnte Boeing dort heuer davonfliegen.
Bei Luftfahrtmessen wie der Airshow in Dubai rollen die Auftragsmilliarden. Airbus könnte Boeing dort heuer davonfliegen.(c) APA/AFP/KARIM SAHIB
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Ein US-Investor hat dem europäischen Airbus-Konsortium in Dubai den größten Auftrag der Unternehmensgeschichte beschert: 430 Jets wurden auf einen Schlag geordert.

Wien/Dubai. Beinahe hätte es so ausgesehen, als ob Airbus der große Verlierer der Airshow von Dubai sein werde. Konkurrent Boeing sackte einen Auftrag nach dem anderen ein, während die Vertriebsleute des europäischen Konsortiums ziemlich arbeitslos waren. Bis gestern der über seine Private Equity-Gesellschaft an mehreren Billigfluglinien beteiligte US-Investor Bill Franke einflog – und gleich 430 Airbus-Jets orderte.

Der Auftrag hat einen theoretischen Wert von 49,5 Mrd. Dollar. Theoretisch deshalb, weil Listenpreise im Flugzeuggeschäft ähnlich aussagekräftig sind wie im Autohandel. Und satte Rabatte durchaus üblich.

Mit oder ohne Preisnachlass: Der Indigo Partners-Auftrag ist jedenfalls der bei weitem größte, den das europäische Flugzeugkonsortium jemals in einem Schwung in die Bücher nehmen konnte. Erstaunlich, dass die Börse davon so wenig beeindruckt war: Der Airbus-Aktienkurs schoss zuerst zwar von 83,5 auf 86,3 Euro hoch, gab den Gewinn im Verlauf des Tages aber weitgehend wieder ab.

Konkret ordert Indigo Partners 273 Jets des Typs Airbus A320 neo und 157 Flugzeuge des Typs A 321 neo. Bestimmt sind die Jets für die Indigo-Beteiligungen Frontier Airlines (USA), JetSmart (Chile), Volaris (Mexiko) und Wizz (Ungarn). Ob die Maschinen ins Eigentum der jeweiligen Airline übergehen oder von Indigo verleast werden (was ein ziemlich sicheres Geschäft für den Verleaser ist), war gestern nicht ganz klar. Nicht nur Billigairlines leasen ihre Flugzeuge normalerweise, um hohe Kapitalbindungen zu vermeiden.

Der Superdeal ist die Krönung der Karriere von Airbus-Verkaufschef John Leahy, der wesentlich am Aufstieg des europäischen Flugzeugkonsortiums in den vergangenen 25 Jahren beteiligt war. Leahy verabschiedet sich demnächst in den Ruhestand. Er kann auf ein beeindruckendes Ordervolumen zurückblicken: In den 27 Jahren als Vertriebschef von Airbus hat er Aufträge über deutlich mehr als 1000 Mrd. Dollar eingesammelt.

Leahy ist auch ein alter Bekannter des Indigo-Chefs und -Mitgründers Bill Franke, der auf der anderen Seite des Riesendeals steht. Der jetzt 80-jährige Franke war vor seiner Investorenzeit in zahlreichen leitenden Positionen im Luftfahrtgeschäft tätig. So war der Stanford-Absolvent in den Neunzigerjahren Chef von America West Airlines. Von 2004 bis 2009 leitete er den Verwaltungsrat der asiatischen Tiger Airways. Danach war er Verwaltungsratschef von Spirit Airlines, einer amerikanischen Billigfluggesellschaft.

Franke ist Billigflugpionier

2002 gründete Franke die Private Equity-Gesellschaft Indigo Partners in Phoenix/Arizona. Der klare Geschäftszweck: Beteiligungen an Billigfluggesellschaften. Der US-Milliardär gilt als einer der Väter des auch in Europa boomenden Discountsegments.

Das von Kunden vielfach kritisierte, aber doch großflächig angenommene Konzept basiert auf der Anziehungskraft sehr billiger Tickets, die aber durch sehr teure Nebenleistungen (etwa für die Gepäckaufgabe oder Priority Boarding) kompensiert werden. Außerdem halten Billigairlines ihre Kosten niedrig, indem sie in der Regel keine Umsteigeverbindungen anbieten und damit auf das teure und zeitintensive Gepäckumladen verzichten können.

In Dubai rätselte die Branche gestern, ob die beiden guten Bekannten Franke und Leahy den Deal schon im Vorfeld ausgeschnapst und geheim gehalten hatten, oder ob das Feilschen um Prozente erst in den Emiraten losging. Der US-Investor hielt sich jedenfalls bedeckt: Auf die Frage, ob er oder sein Airbus-Gegenüber beim Verhandeln „gewonnen“ hätte, gab es nur eine kryptische Antwort. (red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2017)

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