Referendum: Australier unterstützen die Ehe für alle

Jubel im Ja-Lager. Befürworter der Ehe für alle feiern in Sydney ihren Sieg bei der Abstimmung.
Jubel im Ja-Lager. Befürworter der Ehe für alle feiern in Sydney ihren Sieg bei der Abstimmung.(c) APA/AFP/WILLIAM WEST
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Eine Mehrheit der australischen Wähler votierte dafür, dass homosexuelle Paare heiraten dürfen. Abstimmung sorgte im Vorfeld für Spannungen.

Sydney. Das Ergebnis war eindeutig: Fast 62 Prozent oder knapp acht Millionen australische Wähler stimmten für die Ehe für alle – also dafür, dass auch homosexuelle Paare heiraten dürfen. Das gab die australische Statistikbehörde am Mittwoch bekannt. In jedem einzelnen Bundesland und Territorium ging das Referendum mit Ja aus. Die Beteiligung lag bei fast 80 Prozent.

Die Art der Wahl war ungewöhnlich: Australiens Premierminister, Malcolm Turnbull, hatte sich gegen eine Abstimmung im Parlament entschieden und stattdessen das Volk per Briefwahl befragt. Die Abstimmung sei eine noch nie da gewesene „Übung in Demokratie“ gewesen, sagte Turnbull am Mittwoch. Australien sei eine faire Nation. „Es gibt nichts Australischeres als Fairness, Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt, und jeder hat seine Meinung sagen dürfen“, feierte er das Ergebnis. Dabei verlief die Debatte über die Ehe für alle nicht gerade fair.

Das Referendum führte zu Spannungen im ganzen Land. Erst am Montag reichte ein Parlamentsabgeordneter noch einen Gesetzesvorschlag ein, der es privaten Anbietern wie Bäckereien oder Hochzeitsveranstaltern ermöglichen soll, aus religiösen Gründen gleichgeschlechtliche Paare nicht zu bedienen. Solch ein Gesetz würde die Antidiskriminierungsgesetze der einzelnen Bundesstaaten und Territorien aushebeln.

Beschmierte Kirchen und Züge

Die Wochen vor der Abstimmung waren von Aggression und Vandalismus geprägt. Kirchen in Melbourne wurden mit Worten wie „Kreuzigt Nein-Wähler“ und „Verprügelt Frömmler“ besprüht, ein Zug in Sydney mit homophoben Sprüchen und Hakenkreuzen beschmiert. Der frühere australische Premierminister Tony Abbott, der offen die Nein-Kampagne unterstützte, wurde von einem Mann angegriffen, der ein Ja-Abzeichen trug, während der Patensohn eines weiteren früheren Premiers auf offener Straße geschlagen wurde, weil er sich für die Ehe für alle aussprach.

Die Besitzerin einer Veranstaltungsagentur für Kinderpartys, die eine Mitarbeiterin entließ, weil diese auf Facebook Werbung für die Nein-Kampagne machte, wurde mit Vergewaltigung und mit dem Umbringen bedroht. Auch die Kirche schaltete sich in die Debatte ein: Mitte Oktober rief der Erzbischof von Sydney, Anthony Fisher, die Gläubigen im Gottesdienst beispielsweise dazu auf, die Definition der „wahren Ehe“ aufrechtzuerhalten.

„Letztes Wort für die Liebe“

Am Mittwoch blieb es jedoch ruhig: Die Nein-Seite hielt sich zurück, während die Ja-Wähler ausgelassen ihren Sieg feierten. Selbst der frühere Premier Abbott, der wortstark die Nein-Seite vertreten hatte, gratulierte der Ja-Kampagne auf seiner Facebook-Seite. 75 Prozent der Wähler in seinem eigenen Wahlkreis hatten für die Ehe für alle gestimmt.

Oppositionschef Bill Shorten sagte in Melbourne, dass die Abstimmung zeige, dass „bedingungslose Liebe immer das letzte Wort“ habe. Alan Joyce, der Chef der australischen Fluglinie Qantas, feierte das Ergebnis mit seinem Partner. „Wir haben eine unglaubliche Botschaft des australischen Volkes gesehen“, sagte er, während er mit den Tränen kämpfte. „Setzen Sie es nun um, Mister Turnbull“, forderte er den Premierminister auf. Um die Ehe für alle zu legalisieren, soll das australische Parlament den Gesetzesentwurf nun noch vor Weihnachten vorlegen und absegnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2017)

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