Keine Haftung für veruntreutes Klientengeld

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Treuhandfirma haftet nicht für verurteilte Mitarbeiterin.

Wien. Haftet ein Wirtschaftstreuhänder, wenn seine Mitarbeiterin sich an Steuerguthaben eines Klienten vergreift? Darüber hatte der Oberste Gerichtshof zu entscheiden. Er kam zu einem auf den ersten Blick überraschenden Schluss: Die Firma hafte nicht. Denn die Mitarbeiterin habe außerhalb ihres Aufgabenbereichs agiert.

Was war geschehen? Eine GmbH hatte ihre Steuerangelegenheiten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anvertraut. Doch eines Tages entdeckte der GmbH-Geschäftsführer bei einem Blick aufs Steuerkonto Irritierendes: Es hatte drei Rückzahlungen von Steuerguthaben gegeben. Dabei hatte er diese weder beantragt, noch war das Geld jemals auf dem GmbH-Konto eingelangt.

Die Sache klärte sich rasch auf: Eine inzwischen ausgeschiedene Mitarbeiterin der Wirtschaftstreuhand, die dort für Buchhaltung zuständig war, hatte etwa 17.400 Euro vom Steuerkonto der GmbH auf ihr privates Konto umgeleitet. Dafür hatte sie namens der GmbH immer wieder die Rückzahlung von Steuerguthaben beantragt. Mit dem Geld hatte sie ihre Spielsucht finanziert.

Erfüllungsgehilfin?

Die Frau wurde wegen Untreue verurteilt, der geschädigten GmbH wurden 17.786,77 Euro als Privatbeteiligtenanspruch zuerkannt. Weil die Frau nicht zahlte, klagte die GmbH auch die Wirtschaftsprüfungsfirma auf diesen Betrag. Sie meinte, die Buchhalterin sei Erfüllungsgehilfin der Firma gewesen. Diese hafte daher solidarisch mit ihrer Ex-Mitarbeiterin.

Stimmt nicht, entschied der OGH (8Ob63/17y): Die Wirtschaftstreuhandfirma sei gar nicht damit beauftragt gewesen, über Steuerguthaben der GmbH zu disponieren. Zudem gehörte derlei nicht zu den Aufgaben der Buchhalterin. Sie konnte diesbezüglich also gar nicht Erfüllungsgehilfin sein. Es habe auch kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorgelegen. Fazit: die Treuhandfirma haftet nicht. Die GmbH muss hoffen, ihr Geld doch noch von der verurteilten Ex-Buchhalterin zurückzubekommen. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2017)

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