Die digitale Bildbearbeitung feiert ihr 30-Jahr-Jubiläum. Zwischen Perfektion und Photoshop-Fails.
Spricht man heutzutage von Filtern, dann denken wohl die wenigsten Unter-40-Jährigen noch an jene, die man zum Aufbrühen von Kaffee braucht. Und das liegt nicht an Kapsel- oder Kaffeevollautomaten, sondern an der Bildbearbeitung, mit der man sich die Welt vor allem auf Social Media mit wenigen Wischern und Klicks weniger realitätsnah, dafür umso perfekter schustert. Den Grundstein für die digitale Retusche legten vor 30 Jahren Thomas Knoll, der eigentlich nur ein Programm zur Graustufenerkennung für seine Doktorarbeit entwickelte, und sein Bruder John Knoll, der bei der Special-Effects-Firma Industrial Light & Magic von Regisseur George Lucas arbeitete. Zwei Jahre später verkauften sie die Anwendung an Adobe. Aus den prognostizierten mäßigen Verkaufszahlen wurde ein Megahit.
Gigi Hadid und Kendall Jenner müssen auf dem Cover des „W-Magazine“ 2016 ohne Kniescheiben auskommen. (c) Beigestellt Ein Ellbogen scheint Model Natasha Poly am Cover der russischen „Vogue“ 2012 zu fehlen. (c) Beigestellt Spitze „Barbie“-Ärmchen hatte das Model in der Jännerausgabe der tschechischen „Elle“ 2012. (c) Beigestellt Stark abgemagert und fast alienhaft wirkte Lady Gaga 2012 auf der US-„Vogue“. (c) Beigestellt Kate Winslet wehrte sich 2003 öffentlich gegen ihr „GQ“-Cover. (c) Beigestellt Fehlt da nicht ein Fuß? Kylie Minogue auf der „Elle“ 2012. (c) Beigestellt Nur schwer zu erkennen war Nicole Kidman 2014 in der Werbung für Jimmy Choo. Eindimensionale Perfektion ist seitdem kein Problem mehr, Köpfe lassen sich von Körpern trennen, von der Haar- und Augenfarbe erst gar nicht zu reden, unschöne Dellen verschwinden und von Falten scheint man in der Photoshop-Welt noch nicht gehört zu haben. Der Grat zwischen Retusche und Manipulation ist oftmals ein schmaler. Das liegt auch daran, dass die Fotobudgets schrumpfen; im Nachhinein vieles digital zu verbessern ist billiger, als ein Team zu beschäftigen. Was ist noch echt? Diese Frage muss man sich in der überinszenierten und überperfekten Fotowelt stellen und die Bilder kritisch hinterfragen. Seit Oktober müssen französische Modemagazine die retuschierten Fotos mit dem Hinweis „Photographie retouchée“ abdrucken. Das französische Gesundheitsministerium will so vor einem falschen Schönheitsideal warnen.
Digitale Perfektion. Überhaupt hatte Photoshop in den vergangenen Jahren mit Imageproblemen zu kämpfen. Zur #nofilter-Gegenbewegung auf Instagram gibt es auch immer mehr Unternehmen, die wieder auf mehr Natürlichkeit setzen. Das US-Wäschelabel Aerie beispielsweise zeigt diverse Körpertypen ohne Retusche und kann damit wachsende Umsatzzahlen verzeichnen. Und auch die britische Kette Asos verzichtet im Onlineshop darauf, die Dehnungsstreifen der Models in Bikinis und Dessous auszumerzen.
Die Kardashian/Jenner-Schwestern standen für die neue Kampagne von Calvin Klein erneut vor der Kamera. Den Fans fiel dabei aber nicht nur der flache Bauch von Kylie Jenner - nur drei Wochen nach der Geburt von Tochter Stormi auf - sondern auch ein Photoshop-Fehler. Instagram/@calvinklein Der rechte Arm von Kourtney Kardashian ist unnatürlich dünn, auch im Vergleich zu ihrem anderen Unterarm. Ein User schrieb auf Instagram dazu: "Wow. Wer hat das retuschiert? Derjenige gehört gefeuert." Wiederum ein anderer kommentierte: "Ich hätte mir gewünscht, sie hätten das Bild ohne Photoshop gepostet." Instagram/@calvinklein Das berühmte aufklappbare Cover der Hollywood-Ausgabe der "Vanity Fair", auf denen die 12 außergewöhnlichsten Promis des Jahres gezeigt werden, wird von Usern im Web jetzt verspottet. Der Grund: Kritiker vermuten Photoshop. Auf dem Cover sehe es so aus, als habe Reese Witherspoon drei Beine. Die Schauspielerin nahm es übrigens gelassen und stieg auf den Spaß ein. Auf Twitter schreibt sie: "Nun... ich glaube jetzt wissen es alle ... ich habe 3 Beine. Ich hoffe ihr könnt mich so akzeptieren wie ich bin." Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei den drei Beinen um eine optische Täuschung. Auf dem Behind-the-Scenes-Bild mit Oprah Winfrey, Tom Hanks und Reese Witherspoon allerdings hat Winfrey ganz klar drei Hände. Kein Wunder, dass sie so viel unter einen Hut bekommt, meinen die User dazu. Hollywoodstar James Franco wurde übrigens nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung wegretuschiert. Twitter/@Yair_Rosenberg Das britische Magazin "Grazia" lichtete für ihre aktuelle Ausgabe Oscarpreisträgerin Lupita Nyong'o für das Cover ab. Doch dem Magazin dürfte Nyong'os krausige Frisur anscheinend nicht gefallen, sie verpassten ihr einen Kurzhaarschnitt. Auf ihrem Instagram-Account verurteilte die 34-Jährige die Entscheidung der Redaktion. (c) Instagram/lupitanyongo Dazu postete die Schauspielerin ein Bild des retuschierten Covers und der eigentlichen Aufnahmen und schrieb: „Wie ich es schon so oft mit jeder Faser meines Körpers in der Vergangenheit klargemacht habe, akzeptiere ich mein natürliches Erbe und obwohl ich in dem Glauben aufgewachsen bin, helle Haut und glattes, seidiges Haar wären der Beautystandard, weiß ich jetzt, dass meine dunkle Haut und mein krauses, gezwirbeltes Haar auch schön sind.“ (c) Instagram/lupitanyongo Sie sei enttäuscht, dass "Grazia" sie als Cover-Model ausgewählt habe und ihr Haar dann wegretuschiert habe, damit es ihrem Ideal von schönem Haar entspreche. Die Schauspieler hätte das Vorgehen nicht abgenickt und könne das auch absolut nicht unterstützen. Nyong’o betont, dass noch viel getan werden müsse, um den unbewussten Vorurteilen hinsichtlich Hautfarbe, Frisur und Haarstruktur schwarzer Frauen ein Ende zu setzen. Grazia hat sich inzwischen für die Bearbeitung des Fotos entschuldigt. (c) Instagram/lupitanyongo Erst kürzlich entschuldigte sich auch die London Evening Standard bei Solange Knowles, nachdem sie auf dem Cover des "ES"-Magazins den kreativ gestalteten, kreisförmigen Zopf der 31-jährigen Sängerin wegretuschiert hatte. (c) Instagram/saintrecords/ London Evening Standard Auf Knowles Instagram-Account ist die Haarkreation in der ursprünglichen Form zu sehen ist. Sowohl Lupita Nyong’o als auch Beyoncé Knowles' kleine Schwester wehren sich gegen die Diskriminierung mit deutlichen Worten und einer unmissverständlichen Forderung in Form eines Hashtags: #dtmh – "Don’t touch my hair". (c) Instagram/saintrecords Emily Ratajkowski war Covermodell für "Madame Figaro", einer Beilage der französischen Tageszeitung "Figaro". Und dem US-Model fiel schnell auf, dass auf dem abgedruckten Foto von ihm einiges nicht stimmte. Instagram/@emrata Die 26-Jährige - sie wurde berühmt durch einen Auftritt im kontroversen Musikvideo zu "Blurred Lines" von Robin Thicke - postete flugs das Originalbild vom Shooting auf dem Social-Media-Dienst Instagram: Ihre Brüste und ihre Lippen seien für das Coverbild retuschiert worden. "Wir alle sind unsicher wegen der Dinge, die uns von einem typischen Schönheitsideal unterscheiden", schrieb Ratajkowski unter die Fotos. "Ich, wie so viele von uns, versuche jeden Tag, mich über diese Unsicherheiten hinwegzusetzen." Sie appelliere an die Modeindustrie, es "endlich zu schaffen damit aufzuhören die Dinge zu unterdrücken, die uns einzigartig machen". Instagram/@emrata Die Unterschiede sind erkennbar. Wo die Kette hingekommen ist, bleibt allerdings auf beiden Bildern ein Mysterium. Instagram/@emrata Genau hingeschaut haben User beim neuen Cover der US-"Vogue". Darauf zu sehen ist neben Gigi Hadid auch Plus Size Model Ashley Graham. Nun wurden Photoshop-Gerüchte laut. Instagram/@voguemagazine Angeblich sei Gigi Hadids Hand verlängert worden, um Ashley Graham dünner wirken zu lassen. Was ebenfalls missfällt: Graham ist das einzige Model, das ihren Oberschenkel mit einer Hand verdeckt und eine schwarze Hose trägt. Instagram/@voguemagazine Doch nicht alle glauben an einen übermäßigen Photoshop-Einsatz. Es könnte sich auch um eine optische Täuschung handeln. Das Handgelenk würde zu Gigi Hadid gehören, die Finger zu Ashley Graham. Instagram/@voguemagazine Zum 10. Jubiläum des W Magazins zeigen sich Kendall Jenner und Gigi Hadid in der "Art Issue" des "W Magazine" von ihrer fantasievollen Seite. Trotzdem fällt sofort auf, dass bei der Nachbearbeitung ein größerer Patzer passiert ist: Beide Models haben keine Kniescheiben. Instagram/@wmag Wenn es nach dem "Billboard Magazine" geht, dann hat eine der Sängerinnen der Gruppe Fifth Harmony nicht zwei linke, sondern zwei rechte Füße. Bei einem Shooting mit dem Musikmagazin dürfte es zu der peinlichen Photoshop-Panne gekommen sein, die Shady Music Facts auf Twitter veröffentlichte. Twitter/@Musicnews_shade Die betroffene Sängerin, Ally Brooke Hernandez, scheint das falsch retuschierte Bild ebenfalls mit Humor zu nehmen. "Wenn man versucht gut auszusehen, obwohl man zwei rechte Füße hat", schreibt sie zu dem Bild auf Instagram. Instagram/@allybrookeofficial Ins Magazin schaffte es das Bild nicht, Billboard distanzierte sich davon und will mit der Retusche nichts zu tun haben. Am veröffentlichten Cover scheint es jedenfalls zu keinen Pannen gekommen zu sein. Instagram/@billboard Musikerin Meghan Trainor hat das Musikvideo zu "Me Too" von ihrem Youtube-Account gelöscht. Der Grund: Ihre viel zu schmale Taille, die stark nachbearbeitet wurde. Youtube Auf Snapchat machte die Sängerin ihrem Ärger Luft: Ihre Hüfte sei nicht so schmal, sie habe das Video so nicht freigegeben, es sei ihr peinlich. Snapchat/@meghantrainor Für die chinesische "Vogue" setzte Victoria Beckham ihre Ballettkünste in Szene. Doch die Bilder, die sie auf Instagram veröffentlichte, riefen Kritiker auf den Plan. Sie sahen darin eine offensichtliche Photoshop-Panne in Form eines Loches zwischen den Beinen der 41-Jährigen. Instagram/@victoriabeckham Wahrscheinlich handelt es sich jedoch um eine optische Täuschung. Der Spalt zwischen den Beinen entsteht durch das weiße Höschen oder das Shirt der Designerin. Instagram/@victoriabeckham Das Magazin "Adweek" hat es auf seinem Cover anscheinend aber wirklich mit Photoshop übertrieben. Darauf zu sehen ist Schauspielerin Kerry Washington, die sich darauf selbst nicht erkennt. Auf Instagram schreibt sie: "Es war seltsam ein Bild von mir zu sehen, das so anders aussieht, wie das, das ich sehe, wenn ich in den Spiegel schaue. Es ist kein schönes Gefühl." So sieht die Schauspielerin übrigens auf dem roten Teppich auf. Ihre Stirn ist beispielsweise weitaus höher. "Adweek" hat sich unterdessen zu den Vorwürfen gemeldet: "Um das klarzustellen, wir haben nur minimale Anpassungen für die Design-Bedürfnisse des Covers gemacht", erklärt James Cooper, der Editorial Director des Magazins. (c) REUTERS (DANNY MOLOSHOK) Es ist nicht das erste Mal, dass die Bilder der Schauspielerin stark nachbearbeitet wurden. Dem Magazin "Instyle" wurde etwa vorgeworfen, die Haut der 39-Jährigen stark aufgehellt zu haben. Ebenfalls fast nicht wiederzuerkennen war die Schauspielerin auf dem Cover von "Lucky". Für das Magazin "Modeliste" ließ sich Sängerin und Schauspielerin Zandaya Coleman ablichten, mit dem Ergebnis war sie aber alles andere als zufrieden. Auf Instagram veröffentlichte sie das Bild und schrieb: "Ich hatte ein neues Shooting, das heute veröffentlicht wurde und ich war geschockt, als ich herausgefunden habe, dass meine 19-jährigen Hüften und mein Körper völlig manipuliert wurden." Und weiter: "Das sind die Dinge, die Frauen selbstbewusst machen, die die unrealistischen Schönheitsideale vermitteln, die wir haben. Jeder der mich kennt, weiß, dass ich für Ehrlichkeit und pure Eigenliebe stehe." "Modeliste" entschuldigte sich für den Retusche-Patzer und wird das Bild nun nicht in dieser Form veröffentlichen. Instagram/@zendaya In der Werbekampagne für die Frühling/Sommer-Kollektion von Moschino wurde auf etwas vergessen. Und zwar auf das Bein des mittleren Models Sasha Luss. Mit einer starken Photoshop-Nachbearbeitung der Bilder von Starfotograf Steven Meisel wollte man wohl dem "Barbie"-Thema der Kollektion Tribut zollen und hat dabei übertrieben. (c) Moschino Aber auch andere Werbesujets sind fehlerbehaftet. Die Schulter von Julianne Moore in dieser Bulgari-Werbung sieht nicht gerade natürlich aus, dafür hat sie kein Dekolleté. Wie digitale Nachbearbeitung nach hinten losgehen kann, zeigt auch das Werbesujet von Jimmy Choo. Schauspielerin Nicole Kidman ist darauf kaum wiederzuerkennen. Die 46-Jährige stand bereits öfter für das Schuhlabel vor der Kamera. Zu einer nachträgliche Retusche kam es auch bei dieser Kampagne. Photoshop-Pannen passieren auch auf Hochglanzmagazinen. Dieses Allure-Cover hat die Keira Knightley bestimmt auch nicht gefreut, schließlich büßte sie eine Brustwarze ein. Dieses Vogue-Cover dürfte auch bei Kate Winslet auf wenig Gegenliebe stoßen, immerhin äußerte sie sich bereits 2003 kritisch gegenüber Photoshop. Damals war sie auf dem Titelbild der britischen "GQ" zu sehen. "Die Retusche ist übertrieben. Meine Beine wurden um ein Drittel schlanker gemacht. Ich sehe nicht so aus und noch wichtiger, ich möchte so nicht aussehen." Zum 25-jährigen Bühnenjubiläum von Kylie Minogue zierte die Sängerin das Cover des "Elle"-Magazins. Neben dem Fehlen von Falten sticht aber auch noch etwas anderes ins Auge: Kylie fehlt ein Bein. Selbst die Modebibel "Vogue" ist vor Fehlern nicht gefeit. Model Natasha Poly etwa verlor ihren Unterarm. Das Dekolleté von Model Jacquelyn Jablonski wurde gleich ganz wegretuschiert. Zu spitze Ärmchen zeigt dieses Model auf dem Cover von "Elle". Mit einer langgezogenen und extrem dünnen Silhouette wurde Lady Gaga am "Vogue"-Cover abgebildet. Kaum zu erkennen ist Schauspielerin Cameron Diaz auf dem Cover von "Cosmopolitan". Die Schultern sind bei Demi Moores "W"-Cover breiter als die Hüfte. "It's Sharon Stone" schrieb der "Tartler" wohl nicht von ungefähr auf dieses Titelbild. Nur an ihrem Muttermal erkennbar ist Cindy Crawford. Zwar verlor Rihanna bei der Retusche kein Körperteil, dafür aber ihre Hotpants. Ganz künstlich sieht Rihanna am "Look"-Titel aus. Kein Wunder, Kopf und Körper gehören zu unterschiedlichen Bildern der Sängerin. Peinliche Photoshop-Pannen Fast mit diebischer Freude werden hingegen die Photoshop-Fails internationaler Magazine oder Werbungen unter die Lupe genommen. Selbst bei der Modebibel „Vogue“ fehlte schon einmal ein Ellbogen, Kniescheiben entbehrten gleich zwei Models auf dem Cover des „W-Magazine“ und Nicole Kidman war in einer Werbekampagne für Jimmy Choo nur schwer zu erkennen. So ging es auch Kate Winslet auf dem Cover der „GQ“ 2003. Zehn Zentimeter größer und 20 Kilo leichter wollte die Hollywoodschauspielerin aber nicht sein. „Ich will nicht, dass die Leute denken, ich wäre eine Heuchlerin und hätte plötzlich 15 Kilo abgenommen.“
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