Thiem: Keine Rechenspiele mehr, sondern siegen

Tennis - ATP World Tour Finals
Tennis - ATP World Tour FinalsAction Images via Reuters
  • Drucken

ATP Finals: Dominic Thiem hat nach dem Sieg gegen Carreno Busta eine ganz klare Ausgangslage. Besiegt er David Goffin, erreicht er das Halbfinale. Er sagt: "Ich habe wieder mehr Selbstvertrauen."

Keine Rechenspiele, sondern eine glasklare Ausgangslage: Dank des hart erkämpften 6:3,3:6,6:4 über Pablo Carreno Busta (ESP) spielt Österreichs Tennis-Star Dominic Thiem am Freitag (nicht vor 15.00 Uhr MEZ/live Sky) in London im direkten Duell mit dem Belgier David Goffin um das Halbfinale bei den mit 8 Mio. Dollar dotierten ATP Finals. Der Sieger trifft am Samstag auf Superstar Roger Federer.

Seit inklusive der Fünfsatz-Niederlage im Wimbledon-Achtelfinale gegen Tomas Berdych hatte Thiem von neun Spielen, die in den Entscheidungssatz gingen, acht verloren. Nun hat Thiem einen ganz wichtigen Sieg eingefahren. Für sein Selbstvertrauen, für die Weltrangliste und für die Chance auf noch Größeres in dieser Woche. "Ich merke selbst gerade wie viel besser ich drauf bin, weil ich das Match gewonnen habe", meinte Thiem am späten Mittwochabend erleichtert. Ein Sieg sei einfach viel schöner: "Man geht wieder mit einem besseren Gefühl ins Training und mit mehr Selbstvertrauen ins Match am Freitag."

Thiem atmete nach dem verwerteten Matchball gegen Carreno Busta tief durch. "Der Sieg schmeckt sehr gut, weil viel daran gehängt ist. Natürlich spielt man in jedem Match um 200 ATP-Punkte, da muss man weit kommen bei großen Turnieren oder bei kleineren Turnieren sogar gewinnen." Zudem glaubte Thiem, es wäre seine einzige Chance auf das Halbfinale gewesen. Er hätte allerdings auch mit einer Niederlage gegen den Spanier, aber einem Sieg über Goffin noch eine theoretische Semifinal-Chance gehabt. Doch diese Taschenrechner-Aufgabe blieb ihm erspart.

Sein Spiel gegen Carreno Busta sah der 24-jährige Niederösterreicher ambivalent. "Im ersten Satz habe ich wirklich gutes Tennis gespielt. Dann ist ein bisserl der Faden gerissen, nachdem ich das Break (zum 1:2, Anm.) gekriegt habe. Aber im Endeffekt ist es sehr wichtig, wieder einmal im Entscheidungssatz ein enges Match gewonnen zu haben", erklärte Thiem.

Krampf, Kampf, aber doch gewonnen

Mit viel Kampf wie schon seit einiger Zeit versucht der Weltranglisten-Vierte das Manko an guter Form wettzumachen. "Es geht alles nicht so leicht von der Hand zur Zeit." Etwa die Rückhand longline, einen seiner Paradeschläge, kann Thiem derzeit kaum zeigen. "Und wenn man ein bisschen eine schwierige Zeit hinter sich hat, ist es schwerer, wenn man einem Rückstand hinterherlaufen muss."

Die Bedeutung des Spiels gegen David Goffin am letzten Spieltag der Gruppe "Pete Sampras" nimmt einen hohen Stellenwert in Thiems bisheriger Karriere ein. "Es ist sicher eines der wichtigsten Spiele, die ich bis jetzt gehabt habe. Ein Semifinale hier ist definitiv mit einem Semifinale bei einem Grand Slam zu vergleichen - vielleicht ist es sogar noch wertvoller, weil man nur gegen Top-Ten-Spieler spielt", weiß Thiem, zähmt sich aber gleich wieder. "Das darf mich alles nicht berühren. Ich muss schauen, dass ich das alles ausblende."

Die Chance, dass Thiem das Jahr in den Top 5 beendet, ist nun jedenfalls groß. Mit dem Mittwoch-Sieg ließ er den Kroaten Marin Cilic endgültig hinter sich. Goffin oder Jack Sock (USA) müssten das Turnier schon gewinnen, um ihn noch zu überholen. Platz vier wird wegen des stark aufspielenden Bulgaren Grigor Dimitrow kaum zu halten sein.

Gegen Goffin, der nach dem knappen Sieg über Rafael Nadal am Mittwoch eine bittere 0:6,2:6-Niederlage gegen Dimitrow einstecken musste, hat Thiem eine 3:7-Bilanz. "Das Head-to-Head ist negativ, aber ich habe gegen ihn auch zwei sehr wichtige Matches gewonnen, das Viertelfinale in Paris und das Finale in Gstaad", konstatierte der achtfache Turniersieger.

Thiem war zwar von der glatten Niederlage Goffins gegen Dimitrow überrascht, er dürfe sich davon aber nicht beeinflussen lasen. "Ich gehe in ein ganz neues Match und versuche irgendwie zu gewinnen und hoffentlich ins Semifinale zu kommen."

Entwarnung gab Thiem übrigens in Sachen Zehen, weil er im Mittwoch-Match einmal einen Schuh auszog. "Das war eine kleine Dummheit: Ich habe mir die Schuhe zu fest zugebunden und mir ist der große Zeh eingeschlafen", erzählte er grinsend.

Sein Coach Günter Bresnik sieht Goffin am Freitag als "leichten Favoriten". Auch wenn die glatte Niederlage vom Mittwoch auch ihn überrascht hat. "Er hat ein sehr gutes Match gegen Nadal gespielt." Die Stärken Goffins? "Er hat extrem gute Beine, die Fähigkeit, sich zu verteidigen und einen guten Return", analysierte Bresnik.

Thiem und Goffin kennen einander nicht nur von den Matches, sondern auch von sehr vielen Trainings in- und auswendig. Bresnik: "Niemand wird den anderen überraschen." Für Thiem ist die frühe Ballannahme Goffins gefährlich. "Er gibt mir nicht viel Zeit. Ich werde versuchen, ihn als Erster wehzutun und nicht umgekehrt."

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tennis

Überraschungsweltmeister will auf dem Teppich bleiben

Grigor Dimitrow gewann zwar die ATP Finals in London, stuft diesen Coup aber realistisch ein. Der 26-Jährige träumt aber jetzt davon, trotzdem einen Grand Slam gewinnen zu wollen.
Tennis

Tennis: Bulgare Dimitrow gewinnt erstmals ATP-Finals

Der 26-Jährige setzt sich in drei Sätzen gegen Goffin durch. Ab Montag ist er damit Nummer Drei der Welt.
Roger Federer (r.) gratuliert David Goffin
Tennis

ATP-Finals: Goffin bezwingt überraschend Federer

Der Belgier David Goffin setzte sich nach Satzrückstand im Halbfinale noch gegen Superstar Roger Federer durch.
TENNIS - ATP, Erste Bank Open
Tennis

Bresnik: "Das mentale Gequassel geht mir auf die Nerven"

Günter Bresnik hat kein Mitleid mit seinem Schützling Dominic Thiem. Von einer längeren Pause hält er nichts, nur durch hartes Training können Fehler ausgemerzt werden.
Tennis

Dominic Thiem: Die Last einer chronischen Formkrise

Dominic Thiems deutliche Niederlage gegen David Goffin bei den ATP World Tour Finals in London war die logische Folge einer wochenlangen spielerischen und mentalen Talfahrt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.