Elfjähriger Flüchtlingsbub nahm sich in Baden das Leben

Der Bub aus Afghanistan war in einem Flüchtlingsquartier in Baden untergebracht. Offenbar hatte sein 23-jähriger Bruder die Obsorge über insgesamt sechs Minderjährige und war damit überfordert.

Ein Flüchtlingsbub aus Afghanistan hat sich in Baden das Leben genommen. Die niederösterreichische Polizei bestätigte am Freitag auf Anfrage entsprechende Medienberichte. Das Ö1-Mittagsjournal berichtete von Kritik an den Behörden, denn der 23-jährige Bruder soll die Obsorge für sechs Geschwister gehabt haben und überfordert gewesen sein. Laut den zuständigen Stellen habe es "keine Auffälligkeiten" gegeben.

Die Polizei ermittelt, hieß es am Freitagnachmittag von der Exekutive. Der Elfjährige war in einem Flüchtlingsquartier in Baden untergebracht, vergangenen Sonntag ging laut Ö1 am späten Nachmittag die Suizidmeldung bei der Polizei in Baden ein. Am Montag verstarb das Kind im Krankenhaus. Der Elfjährige soll für seine sechs Geschwister Behördengänge, Dolmetschen und vieles Weitere erledigt haben. Die Hintergründe für den Selbstmord sind noch unklar. Laut Medienberichten wurde er zuletzt bei einem Ladendiebstahl erwischt.

Kritik schon in der Vergangenheit

Die insgesamt sieben Geschwister - davon eines mit Behinderung - leben laut Ö1 seit dem Vorjahr in Baden. Die Bezirkshauptmannschaft Baden übertrug offenbar dem Ältesten die Obsorge für alle seine sechs minderjährigen Geschwister, hieß es. Aus dem Umfeld der Geschwister sei daran schon in der Vergangenheit Kritik laut geworden, weil das für einen 23-Jährigen zu viel sei. Immer wieder soll es auch Gefährdungsmeldungen bei der Jugendhilfe gegeben haben - niemand habe reagiert, berichtete Ö1 vom Vorwurf mehrerer Personen, die anonym bleiben wollen.

In einer schriftlichen Stellungnahme teilte die zuständige Abteilung in der Landesregierung Ö1 am Freitagvormittag mit, es habe laut Auskunft jener Stellen, die mit dem Kind zu tun hatten, keine Auffälligkeiten gegeben. Bestimmte Auslöser oder Gründe für diese Handlung seien derzeit ebenfalls nicht bekannt. Die Familie werde derzeit betreut und halte sich auf eigenen Wunsch bei nahen Familienangehörigen auf. Alle anderen Auskünfte seien aus Datenschutzgründen nicht möglich.

Volksanwalt Günther Kräuter kündigte gegenüber Ö1 die Einleitung eines Prüfverfahrens an. Ein solches habe es heuer auch im Fall eines 18-jährigen Afghanen gegeben, dem die Bezirkshauptmannschaft Baden die Obsorge für seine beiden krebskranken Schwestern übertragen hatte.

Hilfe für Suizidgefährdete 

Suizidgefährdete und Angehörige finden seit heuer ein neues Hilfsangebot im Internet. Das Gesundheitsministerium hat im Frühjahr das Österreichische Suizidpräventionsportal online gestellt. Zu finden ist es unter www.suizid-praevention.gv.at.

>> Bericht auf Ö1

(APA)

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