Die Seele wandert in ein neues Leben

Die Drusen halten ihre Grabkammern zur Bestattung der körperlichen Überreste streng getrennt: Links sind hier in Nordisrael die Frauen (nisā), rechts die Männer (riğāl) bestattet.
Die Drusen halten ihre Grabkammern zur Bestattung der körperlichen Überreste streng getrennt: Links sind hier in Nordisrael die Frauen (nisā), rechts die Männer (riğāl) bestattet.(C) Fartacek
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Drusen glauben, dass die Seele nach dem Tod auf ein Neugeborenes übergeht – mit von Fall zu Fall anderen sozialen Folgen.

Als sein Vater als kleiner Junge durch ein Tal nach Hause ritt, wurde er von einer Giftschlange gebissen und starb. Im nächsten Leben konnte er sich an die Umstände seines Todes und an seine damalige Familie erinnern“, berichtet Sozialanthropologe Gebhard Fartacek vom Fall eines sogenannten sprechenden Kindes, dem er während seines Forschungsaufenthalts in Nordisrael begegnete. Das Interview führte der Forscher mit dem Sohn des Betroffenen, einem wichtigen Vertreter der Religionsgemeinschaft der Drusen im israelischen Kulturministerium: Nicht nur sein Vater, sondern auch er selbst pflegt ein enges Verhältnis zur Familie aus dem vorangegangenen Leben.

Die „Seelenwanderung“ besagt, dass nach dem Tod die Seele, manchmal auch Fertigkeiten oder Charakterzüge, auf ein menschliches Neugeborenes übergehen. Beginnen drusische Kinder zu sprechen, wird genau darauf geachtet, ob sie konkrete Orts- oder Personennamen aus ihrem früheren Leben erwähnen oder von ihrem Tod erzählen. Ob es sich um ein „sprechendes Kind“ im Sinne drusischer Reinkarnationsvorstellungen handelt, entscheidet die Stichhaltigkeit der Belege. „Für die junge Generation ist der Glaube an Reinkarnation kein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, sondern im Hier und Jetzt relevant“, sagt Fartacek vom Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Folgen einer erfolgreichen Suche nach der Reinkarnationsfamilie für die Person, die biologische Familie und die Gemeinschaft werden sehr unterschiedlich wahrgenommen.

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