Sexuelle Gewalt: Dominoeffekt made in Hollywood

Auch in Österreich erhob Ex-Skirennfahrerin Nicola Werdenigg, vormals Spieß, im "Standard" schwere Vorwürfe wegen systematischem sexuellen Missbrauchs in der Skiszene der 1970er-Jahre. So soll es zu Übergriffe durch „Trainer, Betreuer, Kollegen und Serviceleute“ gekommen sein. Sie selbst sei mit 16 Jahren von einem Mannschaftskollegen vergewaltigt worden. Auch eine zweite ehemalige österreichische Skirennläuferin berichtet dem "Standard" von sexuellen Übergriffen in den 70er-Jahren. "Wir waren ja Freiwild", sagte die Sportlerin, die anonym bleiben will.

Andere internationale Sportlerinnen berichten ebenfalls von Übergriffen. So erhebt die zweimalige Fußball-Olympiasiegerin Hope Solo Belästigungsvorwürfe gegen den ehemaligen Fifa-Präsidenten Joseph S. Blatter. "Blatter hat meinen Po begrapscht", sagte die 36-Jährige US-Torhüterin im Interview mit der portugiesischen Wochenzeitung "Expresso". Der Vorfall soll sich bei der der Ballon-d'Or-Gala 2013 in Zürich zugetragen haben. Der 81-Jährige wies die Anschuldigungen zurück, das sei "lächerlich und absurd".

Auch US-Kunstturnerin und Olympiasiegerin McKayla Maroney schloss sich der #MeToo-Bewegung an und machte öffentlich, dass sie über sieben Jahre hinweg sexuell missbraucht worden ist, von einem Arzt aus ihrem unmittelbaren Umfeld. Der „ekelerregende“ Missbrauch, so Maroney, habe bereits begonnen, als sie 13 Jahre alt war, während eines Trainingscamps mit den besten amerikanischen Turnerinnen in Texas. „Und es endete erst“, so Maroney, „als ich den Sport verlassen habe“, im Jahr 2016.

Die Debatte über sexuelle Belästigung und Missbrauch von Frauen zieht ihre Kreise bis in Politik - auch in Österreich. So wurde Parteichef Peter Pilz von einer ehemaligen Mitarbeiterin der sexuellen Belästigung in rund 40 Fällen beschuldigt. Die Vorwürfe reichen von unpassenden Anreden wie „Schatzi“ oder "Baby" über Aufforderungen, mit Pilz auf Urlaub zu fahren. Als Konsequenz wird er sein Mandat im Nationalrat nicht annehmen.

Mit Mesut Onay sieht sich ein weiterer österreichischer Politiker mit Vorwürfen konfrontiert. Dem Innsbrucker Gemeinderat werden im Zusammenhang mit einer sexuellen Belästigung eine „Grenzüberschreitung“, eine „Täter-Opfer-Umkehr“ und „fehlendes Bewusstsein für Opferschutz“ vorgeworfen. Der 40-Jährige ortet eine Intrige der übrigen Klubmitglieder.

Auch Politikerinnen aus Schweden machten negative Erfahrungen. So postete etwa die schwedische Außenministerin Margot Wallström auf ihrer Facebook-Seite: "Me too", also "Ich auch." Sie machte zu ihren Erfahrungen keine weiteren Angaben. Bereits vor drei Jahren berichtete Wallström aber dem schwedischen Journalisten Jan Scherman von einem Vorfall bei einem Abendessen mit europäischen Staatschef. Damals habe sie ein nicht näher genannter Sitznachbar unter dem Tisch begrapscht. "Plötzlich habe ich eine Hand auf meinem Schenkel gespürt. Mein Tischnachbar fing an, mich zu betatschen. Das war völlig irreal", berichtet sie laut "Spiegel".

Die schwedische Gleichstellungsministerin Asa Regner berichtete dem Sender "Expressen TV" von einer sexuellen Belästigung eines hochrangigen EU-Politikers in einer Bar vor mehreren Jahren: "Er hatte seine Hände überall". Sie habe geglaubt, sie würden über Berufliches sprechen. Regner habe sich dumm gefühlt. "Warum dachte ich, er sei an meiner Meinung und meinem möglichen Wissen interessiert? Es ist klar, dass er das nicht war." Das habe sie wütend gemacht.

Auch die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Věra Jourová, berichtet von sexueller Gewalt. "Ich war selbst Opfer", sagte sie bei einem Pressegespräch des Magazins "Politico". Sie meinte, die meisten Frauen würden von den Vorfällen nicht berichten, weil sie sich schuldig fühlen würden. "Es ist ein ganz komisches Gefühl." Sie rief auf Twitter dazu auf, gegen Gewalt gegen Frauen zu kämpfen.

Zwei Frauen werfen George Bush Senior vor, sie sexuell belästigt zu haben. Der ehemalige US-Präsident entschuldigte sich für die Vorfälle – es habe sich um einen ungeschickten Scherz gehandelt. So soll er in Anwesenheit seiner Frau Barbara Bush der Schauspielerin Jordana Grolnick bei einem Fototermin nach einer Theateraufführung von hinten an den Po gefasst und einen schmutzigen Witz erzählt haben, wie sie vom Sportportal "Deadspin" zitiert wird.

Zuvor hatte bereits Schauspielerin Heather Lind in einem mittlerweile gelöschten Instagram-Post von einem ähnlichen Vorfall bei Aufnahmen für ein Werbefoto berichtet. Dort habe sie Bush getroffen. "Er schüttelte nicht meine Hand. Er fasste mich aus seinem Rollstuhl von hinten an." Dann habe Bush einen "schmutzigen Witz" erzählt und die Geste noch einmal wiederholt, schrieb Lind. Auch in diesem Fall soll Barbara Bush dabei gewesen sein und die Situation mit einem Augenroller kommentiert haben.

Auch im US-Kongress soll es zahlreiche Fälle von sexuellen Übergriffen gegeben haben. Die demokratische Abgeordnete Jackie Speier sagte bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus in Washington, in zahlreichen Telefonaten und Treffen hätten ihr frühere und aktuelle Mitarbeiter von solchen Vorfällen berichtet. Manchen Opfern sei mitten im Plenarsaal in den Genitalbereich gegriffen worden.
Speier berichtete, nach ihren Informationen hätten sich mindestens zwei derzeitige Parlamentarier "sexueller Belästigung" schuldig gemacht. Die Namen wollte sie nicht nennen. Einer der beiden gehöre ihrer eigenen Partei an, der andere sei Republikaner.

In den vergangenen Wochen war auch eine ganze Reihe von britischen Politikern sexueller Übergriffe bezichtigt worden - unter ihnen rund ein Dutzend Parlamentsabgeordnete von Labour und Konservativer Partei. Verteidigungsminister Michael Fallon räumte vergangene Woche Fehlverhalten ein und trat zurück.
Auch in den Regionalparlamenten von Schottland und Wales wurden Belästigungsvorwürfe erhoben. Im kommenden Jahr soll nun ein neues Beschwerdeverfahren gegen sexuelle Übergriffe eingeführt werden.

Das Spektrum der Missbrauchsskandale in der Film- und Showbranche ist durch das Bekanntwerden weiterer Übergriffe um einige Kapitel reicher. So beschuldigt Schauspielerin Portia de Rossi Actionfilmstar Steven Seagal, sie während eines Vorsprechens für einen Film belästigt zu haben. Der 65-Jährige habe vor ihr den Reißverschluss seiner Hose heruntergezogen, wie die Frau von Moderatorin Ellen DeGeneres auf Twitter schreibt.

Sie sei daraufhin aus dem Raum gerannt und habe ihre Agentin angerufen, berichtete die aus Australien stammende Schauspielerin. Diese habe ungerührt reagiert und gesagt: "Nun, ich wusste nicht, ob er Dein Typ ist." Seagal reagierte zunächst nicht auf den Vorwurf.

Auch der australischen Schauspielerin Rebel Wilson soll sexueller Belästigung widerfahren sein. Sie sei eine recht starke und selbstbewusste Frau, aber auch sie habe in Hollywood Übergriffe erlebt, schrieb die 37-jährige Wilson auf Twitter. Etwa sei sie von einem Schauspieler verbal wiederholt zu einem sexuellen Akt aufgefordert worden, während Freunde des Mannes den Vorfall lachend auf ihren Handys aufgenommen hätten. Sie berichtet auch von einem "Hotel-Zimmer-Erlebnis" mit einem "Top Regisseur", mit dem sie beruflich reden wollte.

Die 90-jährige Schauspielerin Gina Lollobrigida erzählte, in ihrem Leben zweimal vergewaltigt worden zu sein. Das erste Mal mit 19 Jahren, als sie noch in die Schule ging, das zweite Mal zu Beginn ihrer Filmkarriere. "Wenn Belästigungen mehr als Belästigungen sind, kann man sie nicht vergessen. Sie stecken in einem drin und beeinflussen deinen Charakter", so Lollobrigida in der Talkshow "Porta a Porta".

Auch in der Musikindustrie werden Vorwürfe laut. So feuerte Schock-Rocker Marilyn Manson seinen Bassisten, dessen Ex-Freundin Vergewaltigungsvorwürfe gegen Jeordie White erhoben hatte. Gothrock-Sängerin Jessicka Addams beschuldigt den Musiker mit dem Bühnennamen Twiggy Ramirez, sie während ihrer Beziehung in den 1990er-Jahren belästigt und auch vergewaltigt zu haben. Sie machte die von Männern beherrschte Musikindustrie für ihr jahrelanges Schweigen verantwortlich.

US-Popsängerin Melissa Schuman hat dem einstigen Backstreet-Boy Nick Carter vorgeworfen, sie vor rund 15 Jahren als Teenager vergewaltigt zu haben. Der damals 22 Jahre alte Carter habe sie als 18-Jährige während gemeinsamer Dreharbeiten in seine Wohnung im kalifornischen Santa Monica eingeladen, schrieb die frühere Sängerin der Girl-Band Dream in ihrem Blog. Dort habe er sie im Schlafzimmer gegen ihren Willen entjungfert. Sie habe Carter gesagt, dass sie christliche Werte vertrete und vor der Ehe keinen Sex haben wolle. Carter wies die Anschuldigungen zurück

Belästigungsvorwürfe wurden auch gegen Hollywood-Schauspieler Richard Dreyfuss laut. Die Autorin Jessica Teich beschuldigte Dreyfuss, sie Mitte der 80er Jahre über zwei bis drei Jahre hinweg sexuell belästigt zu haben. Einmal habe er sich vor ihr entblößt. Dreyfuss, dessen Sohn Harry dem Schauspieler Kevin Spacey sexuelle Belästigung vorwirft, wies diesen Vorwurf zurück: Er habe sich nicht vor Teich entblößt, sagte er dem Portal "Vulture". Allerdings habe er mit Frauen "geflirtet", darunter auch Teich. Er habe auch versucht sie zu küssen, dachte aber, dass dies einvernehmlich sei.

Der erste Belästigungsvorwurf gegen den Hollywoodstar Kevin Spacey wurden von dem Schauspieler Anthony Rapp erhoben. Dieser berichtete in einem Interview, er sei 1986 als 14-Jähriger auf einer Party von Spacey sexuell bedrängt worden. Weitere Vorwürfe folgten. "Viele von uns haben eine Kevin Spacey Geschichte", sagte der mexikanische Schauspieler Roberto Cavazos. "Es brauchte wohl nur einen jungen Mann unter 30, und Herr Spacey fühlte sich frei, uns anzufassen", schrieb der 35-jährige Cavazos auf Facebook.

Fünf Frauen haben gegenüber der "New York Times" Vorfälle geschildert, bei denen der US-Comedian Louis C.K. sich unter anderem vor ihnen ausgezogen und masturbiert haben soll. Diese Übergriffe seien demnach bei Treffen in Hotelzimmern und Büros passiert. Louis C.K. hat die Vorfälle zugeben.
"Diese Geschichten stimmen", teilte er mit. Es tue ihm leid, sagte der 50-Jährige. "Es gibt nichts daran, für das ich mir vergebe."

Produzent Gary Goddard soll den Schauspieler Anthony Edwards "über Jahre" als Minderjährigen belästigt haben. Goddard wies die Vorwürfe zurück. "Gary ist traurig über die falschen Anschuldigungen", sagte ein Sprecher des Produzenten.

"Star Trek"-Schauspieler George Takei hat Vorwürfe der sexuellen Belästigung zurückgewiesen. "Allein die Vorstellung, dass jemand mir so etwas vorwerfen könnte, ist persönlich ziemlich schmerzhaft", schrieb Takei bei Twitter und Facebook. Ex-Model und Schauspieler Scott Brunton beschuldigt Takei, ihn 1981 begrapscht zu haben.

Der italienische Filmregisseur und Oscar-Preisträger Giuseppe Tornatore ("Cinema Paradiso") bestreitet die Vorwürfe des 44-jährigen ehemaligen Fernsehstarlets Miriana Trevisan, er sei ihr gegenüber vor 20 Jahren sexuell übergriffig geworden. Der 61-Jährige sagte der Zeitung "La Repubblica", er erwäge eine Klage gegen Trevisan.

Darsteller Danny Masterson soll vor 15 Jahren bei den Dreharbeiter der Serie "That 70s Show" vier Frauen vergewaltigt haben. In einer Internet-Petition wird unterdessen vom Streamingdienst Netflix verlangt , die Ausstrahlung der Serie "The Ranch" zu stoppen, in der er als Hauptdarsteller mitwirkt.

Eine weitere Petition fordert die Oscar-Akademie auf, dem Schauspieler Casey Affleck die Teilnahme an der kommenden Oscar-Gala zu untersagen, weil mehrere ehemalige Mitarbeiterinnen ihm sexuelle Belästigung vorwerfen würden.

"Gossip Girl"-Star Ed Westwick sieht sich mit Vergewaltigungsvorwürfe konfrontiert. So soll er die Schauspielerin Kristina Cohen vergewaltigt haben. Westwick wies die Anschuldigung zurück. "Ich kenne diese Frau nicht", schrieb der 30-jährige Brite auf Twitter. Kurz darauf meldete sich auch Schauspielerin Aurélie Wynn, die behauptet, ebenfalls von Westwick vergewaltigt worden zu sein.

Auch Jeffrey Tambor wird der sexuellen Belästigung beschuldigt. Die Schauspielerin Trace Lysette wirft ihrem Kollegen vor, sie am Set der Serie "Transparent" mehrfach belästigt zu haben. Der Streamingdienst Amazon untersucht den Fall.

Der 73-Jährige weist die Anschuldigungen zurück: "Ich habe bereits gesagt, dass es mir sehr leid tut, falls irgendwelche meiner Handlungen als aggressiv interpretiert worden sind. Aber dass ich jemanden bewusst belästigt habe, ist einfach absolut unwahr", sagte Tambor dem Magazin "Deadline". Er hat unterdessen die Serie verlassen.

Den Stein ins Rollen brachte ursprünglich US-Filmmogul Harvey Weinstein. Der Hollywood-Produzent steht seit Oktober wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs massiv unter Druck. Zahlreiche Frauen klagen ihn an, sie belästigt und sogar vergewaltigt zu haben.

Mimi Haleyi, damals in ihren 20ern, arbeitete als Produktionsassistentin bei der Weinstein Company, als Harvey Weinstein sie überwältigt, niedergepresst und oral befriedigt habe. Weinstein sei so massiv, dass sie sich nicht gegen ihn habe wehren können, erzählte Haleyi auf einer Pressekonferenz an der Seite von US-Staranwältin Gloria Allred. Der sexuelle Übergriff habe sich 2006 in Weinsteins Wohnung in New York City ereignet; zuvor habe Weinstein Haleyi von einem Fahrer bei ihrer Wohnung abholen lassen.

Ebenfalls an Anwältin Gloria Allred (im Bild r.) wandte sich Natassia Malthe, um mit ihren schweren Vorwürfen gegen den US-Filmproduzenten Harvey Weinstein an die Öffentlichkeit zu gehen. Die norwegische Schauspielerin sagte, Weinstein habe sie 2008 in einem Hotelzimmer in London vergewaltigt. Obwohl sie ihm mehrmals gesagt habe, nicht an einer sexuellen Beziehung zu ihm interessiert zu sein, habe ihn das nicht davon abgehalten, sie zu vergewaltigen. "Das passierte nicht im gegenseitigen Einverständnis", sagte Malthe auf der Pressekonferenz, die sie zusammen mit Allred hielt. Ich glaube, ich habe mich dissoziiert, während er mit mir Sex hatte. Ich stellte mich tot." Auch später habe Weinstein um Sex zu dritt in einem Hotel in Los Angeles gebeten.

Die New Yorker Schauspielerin Paz de la Huerta ("Boardwalk Empire", "Enter The Void") sagt, Harvey Weinstein habe sie 2010 zwei Mal vergewaltigt: "Er ist wie ein Schwein." Die Vorfälle hätten sie so sehr aus der Bahn geworfen, dass sie "sehr traumatisiert" gewesen und depressiv geworden sei und zu viel getrunken habe. Einem Journalisten, der mit ihr vor Jahren über den Vorfall gesprochen habe, habe sie verboten, das Gespräch zu veröffentlichen: "Ich wollte nichts sagen, das sie nehmen und verdrehen würden, sodass ich die junge Schlampe wäre."

De la Huerta ist nicht die erste Frau, die dem Hollywood-Produzenten Vergewaltigung vorwirft - sie ist aber die erste, bei der die Vergewaltigung nach wie vor strafrechtlich verfolgt werden kann.

Die US-Schauspielerin Annabella Sciorra berichtete dem Magazin "New Yorker", Weinstein habe sie in den frühen 1990er-Jahren in ihrer Wohnung vergewaltigt. Danach sei sie in eine Depression gefallen und habe jahrelang nicht mehr gearbeitet. Aus Angst vor negativen Reaktionen der Filmbranche habe sie jedoch geschwiegen, berichtete die vor allem durch die US-Serie "The Sopranos" bekannte 57-Jährige weiter.

Sciorras Kollegin Daryl Hannah warf Weinstein vor, sie belästigt zu haben. Doch habe sie sich erfolgreich dagegen gewehrt, sagte die 56-Jährige dem "New Yorker". Sie habe unter anderem dem Starregisseur Quentin Tarantino von Weinsteins Übergriffen erzählt - gebracht habe ihr diese Offenheit aber nichts. Tarantino hatte zugegeben, von Weinsteins Taten gewusst zu haben.

"Game of Thrones"-Star Lena Headey berichtete, auch sie sei von Weinstein sexuell belästigt worden. Als sie ihm gesagt habe, dass sie lediglich einen rein beruflichen Umgang mit ihm wünsche, sei er wütend geworden und habe sie aufgefordert, über den Vorfall zu schweigen. Sie habe nie wieder eine Rolle in einem Film von Weinsteins damaliger Produktionsfirma Miramax bekommen.

Auch die britische Schauspielerin Lysette Anthony Vergewaltigungsvorwürfe gegen Harvey Weinstein erhoben. Weinstein habe sie in den 1980er-Jahren vergewaltigt, sagte die 54-Jährige, die unter anderem in Woody Allens Film "Ehemänner und Ehefrauen" mitspielte.

Sie habe Weinstein in New York City kennengelernt und ihn später in seinem Mietshaus in London getroffen. "Auf einmal war er halb ausgezogen und hat mich gepackt. Das war das Letzte, womit ich gerechnet hätte, und ich bin geflüchtet." Später habe der Filmproduzent ihr nachgestellt und sie vor ihrem Haus überrascht. "Er hat mich hineingedrängt und gegen einen Kleiderständer gerammt", berichtete Anthony weiter. Er habe versucht sie zu küssen und mit ihr zu schlafen. "Am Ende habe ich aufgegeben."
Im Bild: Lysette Anthony in "Ehemänner und Ehefrauen"

Als sie 17 Jahre alt war, habe sie der Produzent im Bademantel in einem Hotelzimmer empfangen und ihr Alkohol angeboten, schrieb die Schauspielerin Kate Beckinsale auf Instagram.

Gwyneth Paltrow verdankt Harvey Weinstein ihren großen Durchbruch: Er war es, der sie 1996 in der Jane-Austen-Verfilmung "Emma" besetzte. Doch kurz vor den Dreharbeiten lernte Paltrow den Preis dafür kennen. In einem Hotelzimmer in Beverly Hills fasste er die damals 22-Jährige an und schlug vor, sich im Schlafzimmer gegenseitig zu massieren.
Gwyneth Paltrow 1998 bei der Premiere von "Shakespeare in Love" mit der damaligen First Lady Hillary Clinton und Harvey Weinstein (r.).

"Ich war ein Kind, ich hatte unterschrieben, ich war wie versteinert", erzählt Paltrow der "New York Times" von dem Vorfall. Sie habe sich geweigert, Weinstein zu massieren, und sich ihrem damaligen Freund Brad Pitt anvertraut. Dieser habe Weinstein zur Rede gestellt - doch der Filmproduzent habe sauer reagiert. "Er hat mich sehr lange angeschrien", erinnert sich Paltrow. Trotzdem arbeitete sie auch später mit ihm zusammen. "Es wurde erwartet, dass ich über alles schweige."
Harvey Weinstein links neben Gwyneth Paltrow bei der Oscarverleihung 1999.

Auch Angelina Jolie machte Ende der 1990er-Jahre ihre Erfahrungen mit dem Filmmogul, wie sie in den "New York Times" schildert: "In meiner Jugend hatte ich eine schlechte Erfahrung mit Harvey Weinstein." Sie sei von Weinstein in einem Hotelzimmer sexuell bedrängt worden und habe danach abgelehnt, je wieder mit ihm zusammenzuarbeiten und andere vor ihm gewarnt. "So ein Verhalten gegen Frauen ist in jeder Branche und in jedem Land inakzeptabel."

Schauspielerin und Model Cara Delevingne hat in einem emotionalen Post auf Instagram ihre Erlebnisse mit Weinstein offenbart. Während sie an einem ihrer ersten Filme arbeitete, habe Weinstein sie angerufen und über ihre Sexualität ausgefragt. "Es war ein sehr seltsames und unangenehmes Telefonat", schrieb Delevingne. "Er sagte mir, wenn ich homosexuell sei oder mit einer Frau zusammen sein wolle, würde ich niemals die Rolle einer heterosexuellen Frau bekommen oder es als Schauspielerin in Hollywood schaffen."

Bei einem späteren Treffen in seinem Hotelzimmer forderte er sie auf, eine andere anwesende Frau zu küssen. Sie lehnte ab. "Er brachte mich zur Tür und stellte sich davor und versuchte, mich auf den Mund zu küssen", schrieb die 25-Jährige. "Ich stoppte ihn und schaffte es aus dem Zimmer hinaus." Delevingne bekam nach eigener Aussage schließlich eine Rolle in dem Film "Tulpenfieber". "Seitdem fühle ich mich schrecklich, dass ich den Film gemacht habe. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Rolle nicht verdient habe", meint die Britin.

Mittlerweile nehmen auch immer mehr Männer an der Diskussion um die Machokultur Hollywoods Teil. "Ältere, mächtige Männer haben mir an den Arsch gefasst. Sie haben mich in unangebracht sexuelle Gespräche verwickelt, als ich noch sehr viel jünger war...", schreibt "Dawson's Creek"-Star James Van Der Beek zum Beispiel auf Twitter, ohne Namen zu nennen.
Er könne nachvollziehen, warum viele Opfer sexueller Übergriffe oft erst später darüber reden - wenn überhaupt. "Ich verstehe die unberechtigte Scham, die Machtlosigkeit und die Unfähigkeit, auszupacken", erklärt Van Der Beek. Es gebe eine Machtdynamik, die sich unüberwindbar anfühle.

Zuvor hatte Schauspieler Terry Crews bereits in einer ganzen Reihe von Tweets geschrieben, dass er von einer "hochkarätigen Hollywood-Führungskraft", die er nicht beim Namen nannte, belästigt worden sei. Der Mann habe ihm bei einer Veranstaltung einfach an den Penis gefasst. Auch er habe aus Angst, der Einfluss des Mannes könne seiner Karriere schaden, geschwiegen.

Schauspielerin und Drehbuchautorin Louisette Geiss sagt laut der britischen Zeitung "Daily Mail", Weinstein habe 2008 vor ihr masturbiert. Während des "Sundance Film Festival" in Utah in den USA habe er sie zu einem Meeting gebeten, um ein von ihr geschriebenes Drehbuch zu diskutieren. Das habe er sich dann von ihr in einem Whirlpool sitzend vorlesen lassen, und sie später aufgefordert, ihm bei der Selbstbefriedigung zuzuschauen. Sie sei vor Angst geflüchtet.
Louisette Geiss im Bild mit Opferanwältin Gloria Allred (l.).

Auch die italienische Schauspielerin Asia Argento zählt sich zu Weinsteins Opfern, wie sie dem "New Yorker" berichtete. 1997 wurde sie von Harvey Weinstein zu einer Party eingeladen. Als sie dort auftauchte, war sie jedoch mit ihm allein. Weinstein habe nur einen Bademantel getragen und sie aufgefordert, ihm eine Massage zu geben. Sie habe sich nicht getraut, sich zu weigern. Irgendwann habe er ihren Rock hochgezogen und mit Oralsex begonnen, obwohl sie Weinstein wiederholt darum gebeten habe, damit aufzuhören. Jahrelang habe sie Schuldgefühle gehabt, weil sie sich nicht gewehrt habe. "Er war so groß, ich hatte Angst vor ihm", sagt sie. Später habe Argento gelegentlich auch einvernehmlichen Sex mit Weinstein gehabt, weil er sie beruflich und finanziell unterstützte. "Ich dachte, ich bin es ihm schuldig."

1996 beim Filmfest in Cannes habe Weinstein die französische Schauspielerin Judith Godrèchein seine Hotelsuite eingeladen, erzählte sie der "New York Times". Dort habe er die damals 24-Jährige nach einer Massage gefragt. Damals soll Weinstein zu ihr gesagt haben, Massagen seien „ganz normal in Amerika“. Dann habe er sich gegen sie gepresst und ihren Pullover hochgezogen. Sie habe sich befreit und das Zimmer verlassen.

Die Schauspielerin Ashley Judd hat bereits vor zwei Jahren in der Zeitschrift "Variety" über die Belästigung gesprochen - nannte damals aber noch keinen Namen. Der "New York Times" erzählte sie nun, was ihr 1997 passiert sei. Judd sollte zu einem vermeintlichen Geschäftstreffen in Weinsteins Hotelzimmer in Beverly Hills kommen, dort habe er sie im Bademantel empfangen. Er habe ihr eine Massage angeboten und aufgefordert, ihm nackt beim Duschen zuzusehen. „Wie komme ich so schnell wie möglich aus diesem Raum raus, ohne Harvey Weinstein zu verärgern?“, schilderte sie ihre damaligen Gedanken. Nur mit Mühe und einem Witz, dass er sie erst anfassen dürfe, wenn sie durch ihn einen Oscar gewonnen habe, sei ihr die Flucht aus dem Hotelzimmer gelungen.

2010 habe Harvey Weinstein die französische Schauspielerin Emma de Caunes in sein Hotelzimmer gelockt, wie der "New Yorker" berichtet. Er habe ihr eine Rolle anbieten wollen. Dort begann das alte Spiel: Er sei ins Badezimmer gegangen, habe sich unter die Dusche gestellt und sei plötzlich nackt und mit einer Erektion vor ihr gestanden. Weinstein habe sie aufgefordert, sich aufs Bett zu legen - das hätten schon viele Frauen zuvor gemacht. "Es ist wie in einem Disneyfilm", soll Weinstein gesagt haben. "Ich wollte nicht, dass er merkt, wie verängstigt ich war, denn je mehr ich in Panik geriet, desto stärker machte ihn das an", erzählt de Caunes. Ihr sei es schließlich gelungen, das Zimmer zu verlassen.

Rose McGowan erhielt laut "New York Times" 1997 bei einer außergerichtlichen Einigung 100.000 Dollar von Weinstein, nachdem es in einem Hotelzimmer am Rande des "Sundance Film Festival" zu einem nicht näher beschriebenen "Vorfall" gekommen war. McGowan hat im vergangenen Jahr auf Twitter darüber berichtet, dass sie als 23-Jährige von einem mächtigen Mann im Filmgeschäft vergewaltigt wurde, nannte damals aber keinen Namen.

Die Schauspielerin Rosanna Arquette berichtete der "New York Times" und dem "New Yorker", Weinstein habe sie Anfang der 1990er-Jahre in sein Hotelzimmer gerufen, um ein Drehbuch abzuholen. Er habe einen Bademantel getragen und sie um eine Massage gebeten. Als sie abgelehnt habe, habe er ihre Hand in Richtung seines erigierten Penis gezogen. Sie habe ihre Hand wegziehen können. Der Produzent soll gesagt haben, sie mache einen Fehler. Die Schauspielerin glaubt, dass ihre Karriere gelitten habe, weil sie sich Weinstein verweigerte.

Wie Weinsteins ehemalige Bürokraft Emily Nestor dem "New Yorker" berichtet, soll der Produzent bei einem Treffen mit ihr über sein Sexualleben geprahlt haben. "Weißt du, wir könnten viel Spaß haben. Ich könnte dich in mein Büro in London setzen, du könntest dort arbeiten und meine Freundin sein." Als sie verneint habe, seine Hand zu halten, habe er sich empört, dass Mädchen immer nur Nein sagen würden: "Und dann trinken sie ein oder zwei Bier und werfen sich auf mich." Nestor sagt, Weinstein habe seine Machtposition ausnutzen wollen, um Sex zu bekommen.
Harvey Weinstein im Bild mit seiner Frau, Georgina Chapman, die sich mittlerweile von ihm getrennt hat.

Mira Sorvino hat in mehreren von Weinstein produzierten Filmen mitgespielt. 1997 sei auch sie Opfer seiner sexuellen Belästigung geworden. Weinstein habe sie regelrecht durchs Hotelzimmer gejagt, weil sie keinen Körperkontakt wollte. Dem "New Yorker" sagte die 50-Jährige, sie habe gesagt, es widerspreche ihrem Glauben, sich mit einem verheirateten Mann zu treffen - Weinstein war damals mit seiner ersten Ehefrau verheiratet. Er sei außerdem nachts vor ihrer Tür gestanden und habe sich nur abwimmeln lassen, weil sie einen angeblichen Freund erfand, der auf dem Weg zu ihr sei.

Das italienische Model Ambra Battilana Gutierrez traf Harvey Weinstein 2015 bei einer Party und wurde zu einem persönlichen Treffen in sein New Yorker Büro eingeladen. Er habe sich auf die damals 22-Jährige geworfen, ihre Brüste angefasst und soll versucht haben, unter Gutierrez' Rock zu fassen. Nachdem sie Protest einlegte, habe Weinstein schließlich abgelassen. Gutierrez sei laut "New Yorker" zur Polizei gegangen, die sie verkabelt mit einem versteckten Mikrofon erneut in Weinsteins Hotelzimmer geschickt habe. Weinstein wurde aber nie angeklagt. Gutierrez darf heute nicht über den Vorfall sprechen. Sie hat eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet.

Die französische Schauspielerin Léa Seydoux schreibt in einem persönlichen Essay im "Guardian", wie Weinstein sich in einem Hotelzimmer auf sie gestürzt und versucht habe, sie zu küssen. "Ich musste mich verteidigen. Er ist so groß und dick, dass ich viel Kraft brauchte, um mich zu widersetzen." Die Schauspielerin erinnerte sich daran, wie er auf Veranstaltungen mit all den Frauen angegeben habe, mit denen er bereits geschlafen habe. "Er nutzte seine Macht aus, um Sex zu bekommen." Schlimm sei, dass "jeder wusste, was Harvey vorhatte, und keiner tat etwas. Es ist unglaublich, dass er jahrzehntelang so handeln und trotzdem noch Karriere machen konnte." Die 32-Jähirge kenne kenne viele Männer in Hollywood, die ähnlich seien. Sie nannte keine Namen.

Laut "New York Times" soll sich Weinstein bei einer Begegnung mit Schauspielerin Katherine Kendall 1993 in seiner Wohnung ausgezogen und Kendall durch die Zimmer gejagt haben. Zuvor habe er sie aufgefordert, ihn zu massieren. Sie habe gedacht, wenn sie anderen von dem Vorfall erzählen würde, werde sie nie wieder Arbeit bekommen, niemand werde sich dafür interessieren oder ihr glauben.

Die oscarnominierte Produzentin Elizabeth Karlsen erzählte "The Hollywood Reporter", dass sie vor 30 Jahren als junge Angestellte bei Miramax ebenfalls ihre - negativen - Erfahrungen mit Weinstein gemacht habe. Eines Abends sei er nackt in ihrem Schlafzimmer gelegen in einem von Miramax gemieteten Haus, in dem sie lebte, um Geld zu sparen.

Laura Madden, eine ehemalige Angestellte Weinsteins, erzählte der "New York Times", dass Weinstein sie 1991 während ihrer Zeit in London und Dublin um Massagen gebeten habe: "Es war so manipulierend. Die ganze Zeit fragst du dich, bin ich es, die ein Problem hat?"

Auch die britische Schauspielerin Romola Garai wirft dem Hollywood-Produzenten sexuelle Belästigung vor. "Wie jede andere Frau in der Branche hatte ich ein 'Vorsprechen' bei Harvey Weinstein", sagte sie der britischen Zeitung "The Guardian". Der Produzent habe sie in seinem Hotelzimmer im Bademantel empfangen. Im Hotelzimmer habe Weinstein ein kurzes Gespräch mit ihr über das anstehende Filmprojekt geführt, und dabei habe sie sich durch seinen "Machtmissbrauch" herabgesetzt gefühlt. Sie habe jetzt erst ihr Schweigen gebrochen, weil vorher die Vertreter der Filmbranche "schockiert" gewesen seien, "dass ich überhaupt dachte, dass das ein Problem ist".

Ihre Kollegin, die britische Schauspielerin Jessica Hynes, bekannt durch ihre Rolle in "Bridget Jones' Baby", hat ebenfalls Unangenehmes von Harvey Weinstein zu berichten: "Mir wurde eine Filmrolle angeboten, als ich 19 war. Harvey Weinstein kam hinzu und wollte, dass ich den Screen-Test in einem Bikini mache. Das habe ich abgelehnt und den Job verloren", zitiert die "New York Post" einen inzwischen offenbar gelöschten Tweet von ihr.

Laut einem Bericht der "Huffington Post" sei auch TV-Nachrichtensprecherin Lauren Sivan von Weinstein bedrängt worden. Demnach habe sie der Filmproduzent vor rund zehn Jahren im Kellerbereich eines Restaurants in die Enge getrieben und vor ihren Augen masturbiert. Dabei habe er ebenfalls versucht, sie zu küssen - erfolglos.

Wie die "New York Times" berichtet, soll Weinstein 2003 die damals 24-jährige Schauspielerin Dawn Dunning zu einem Treffen in seine Suite eingeladen haben, um mögliche Filmrollen zu besprechen. Der Produzent habe nur einen Bademantel getragen und Filmverträge vor sich liegen gehabt. Dunning könne sie nur unterschreiben, wenn sie sich auf einen flotten Dreier unter Beteiligung Weinsteins einlasse. Sie habe das für einen Witz gehalten und gelacht. Weinstein sei böse geworden: "Du wirst es in diesem Geschäft nie schaffen", habe er gesagt. "So funktioniert die Branche." Dunning habe daraufhin den Raum verlassen.

Tomi-Ann Roberts sagte der "New York Times", Weinstein habe sie 1984 zum Vorsprechen eingeladen. Er sei in der Badewanne gewesen und habe sie aufgefordert, sich auch auszuziehen - angeblich, um zu testen, ob sie einer Oben-ohne-Szene gewachsen sei. Roberts, damals 20 Jahre alt, ließ sich nach eigenen Angaben nicht darauf ein.

Die britische Produzentin Zelda Perkins arbeite 1998 als Weinsteins Assistentin in London. Die damals 25-Jährige sei wie "viele andere" von Weinstein belästigt und mit Geldzahlungen zum Schweigen gebracht worden. Nach 20 Jahren bricht sie nun ihr Schweigen: In Hollywood herrsche "ein System, das Opfer zum Schweigen bringe, die Mächtigen beschütze und Missbrauch fördere", klagt sie an.

Aus den Vorwürfen ist mittlerweile eine weltweite Bewegung gewachsen. Am Hollywood Boulevard haben erst kürzlich Hunderte Menschen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz protestiert.

Unter den vielen Demonstranten war auch die Schauspielerin Frances Fisher und die afroamerikanische Aktivistin Tarana Burke, deren "#MeToo"-Slogan von der US-Schauspielerin Alyssa Milano aufgegriffen und verbreitet worden war. Sexuelle Übergriffe würden überall vorkommen, aber Hollywood habe nun Tür und Tor geöffnet, sagte Burke. Diese Aktion sei der Anfang einer Bewegung, die weit über Hollywood hinausgehen werde.