Vor wenigen Tagen noch hatten die Sozialdemokraten Neuwahlen gefordert. Jetzt heißt es aus der Bundes-Spitze, dass Neuwahlen ein "Armutszeugnis" wären. Angeblich fürchten rote Abgeordnete ein noch schlechteres Abschneiden der SPD.
Die deutsche SPD-Spitze rückt nach dem Platzen der Jamaika-Sondierungen nun doch von Neuwahlen ab und bringt eine Unterstützung einer Unions-geführten Minderheitsregierung unter Umständen mit Einschluss der Grünen ins Spiel. "Neuwahlen wären ein Armutszeugnis" , sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner am Mittwoch der DPA in Berlin.
Für eine Große Koalition sei die SPD nach den Worten Stegners aber unverändert nicht zu haben: "Eine Friss-oder-stirb-Haltung wird die SPD nicht einnehmen", sagte Stegner. Ein Abrücken vom Groko-Ausschluss würde den Kern der sozialdemokratischen Glaubwürdigkeit beschädigen.
CDU und CSU wollen den Weg einer Minderheitsregierung bisher aber nicht gehen, weil Deutschland stabile Verhältnisse brauche.
"Wir scheuen Neuwahlen nicht"
Zu Wochenbeginn noch hatte die SPD-Spitze nach dem Scheitern der Formierung einer "Jamaika-Koalition" mit den Grünen und der FDP auf Vorschlag von Parteichef Martin Schulz einstimmig folgenden Beschluss gefasst: "Wir halten es für wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger die Lage neu bewerten können. Wir scheuen Neuwahlen unverändert nicht." An diesem Donnerstag wird Schulz zum Gespräch beim deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier erwartet.
Die SPD hatte vor acht Wochen am Abend der Bundestagswahl nach dem Absturz auf ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis entschieden, in Opposition zu gehen. Hinter den Kulissen gibt es teils harsche Kritik an Schulz, der sich zu schnell auf die Option Neuwahlen festgelegt habe. Viele SPD-Bundestagsabgeordnete wollen nicht das Risiko eingehen, ihr Mandat nach Neuwahlen, die noch übler für die SPD ausgehen könnten, sofort wieder zu verlieren. Stegner forderte mehr Loyalität mit Schulz ein: "In diesem schwierigen Prozess braucht der Parteivorsitzende die uneingeschränkte Unterstützung der gesamten Parteiführung. Das verträgt sich nicht mit Angriffen auf den Vorsitzenden."
In zwei Wochen will Schulz bei einem Parteitag erneut für den Vorsitz kandidieren. Zu seinen schärfsten innerparteilichen Kritikern zählt Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz.
(DPA)