Der libanesische Premier bleibt vorerst im Amt.
Wien/Beirut. Kurz vor Mitternacht, pünktlich zum gestrigen Unabhängigkeitstag des Zedernstaats, war Saad Hariri in den Libanon zurückgekehrt. Sein erster Weg führte den Premier zum Märtyrerplatz in Beirut, zum Grab seines Vaters Rafik, des im Jahr 2005 einem Attentat zum Opfer gefallenen Ex-Premiers. Die Militärparade verfolgte der 47-Jährige schließlich auf der Ehrentribüne, an der Seite von Michael Aoun und Nabih Berri, des Präsidenten und des Parlamentspräsidenten. Anschließend hatte das Machttrio eine Unterredung im Präsidentenpalast – und die Staatskrise in Beirut war mit einem Mal beendet.
Aoun hatte Hariri gebeten, seinen Rücktritt zurückzunehmen. Und der Premier folgte nach zweieinhalbwöchigem Rätselraten über seinen Verbleib und seine Motive einstweilen dessen Wunsch, die Stabilität an der Levante wiederherzustellen und das heikle Machtgefüge zwischen den religiösen Fraktionen in Beirut nicht ins Wanken zu bringen.
Marionette der Saudis?
Hariri war vor fast drei Wochen nach Riad – seine zweite Heimat – geflogen, um aus Angst vor einem Attentat in einem Video seine Demission zu verkünden. Dies nährte die Spekulationen, der Milliardär und Erbe einer Baudynastie sei eine Marionette der Saudis und des neuen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Machtkampf mit dem Iran und der Hisbollah. Aoun, ein Christ, weigerte sich indessen den Rücktritt des sunnitischen Premiers aus der Ferne zu akzeptieren. In Beirut feierten Anhänger die Rückkehr des Politikers mit „Saad“-Sprechchören. Saad Hariri versprach seinen Parteigängern vor seiner Villa, umringt von einer Reportertraube: „Ich werde euch nicht im Stich lassen.“ Seine Odyssee via Paris und Kairo scheint damit vorerst zu Ende. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2017)