Die ÖVP entdeckt ihre Ethikregeln wieder

Die Tiroler Nationalratsmandatarin Kira Grünberg wird nun doch für das neue Auto zahlen.
Die Tiroler Nationalratsmandatarin Kira Grünberg wird nun doch für das neue Auto zahlen.(c) Opel
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Kira Grünberg darf – und wird – sich doch kein Auto schenken lassen. Damit verhindert sie auch, dass der Ethikrat der Partei aktiv wird.

Hört man sich in der ÖVP zum Geschenk an Kira Grünberg um, fällt vor allem ein Satz: „Das ist unglücklich gelaufen.“ Die frühere Sportlerin, die nach einem tragischen Trainingssturz im Rollstuhl sitzt, ließ sich ein Auto im Wert von 40.000 Euro schenken und lobte im Gegenzug die Vorzüge des deutschen Herstellers öffentlichkeitswirksam. Das Geschenk hatte sie sich vor zwei Jahren im Zuge des „Tages des Sports“ vom Hersteller versprechen lassen, die Übergabe erfolgte aber erst jetzt. Doch seit Kurzem ist Grünberg Politikerin, und damit gelten neue Regeln.

Nachdem die Partei zunächst jeden Handlungsbedarf verneint hatte, wird die Nationalratsabgeordnete nun doch für das Auto zahlen. Vorangegangen war die Ankündigung eines Gremiums, von dem man länger nichts mehr gehört hat. „Der VP-Ethikrat wird sich in seiner Dezembersitzung mit diesem Thema befassen und sich bis dahin auch einen möglichst umfassenden Überblick verschaffen“, erklärte Waltraud Klasnic auf Anfrage der „Presse“ am Donnerstag. Die frühere steirische Landeshauptfrau ist Vorsitzende des 2012 eingerichteten Ethikrats, dessen Einschreiten auch schon seitens der Neos verlangt worden war. Nachdem Klasnics Worte publik geworden waren, erklärte die ÖVP, dass Grünberg das Auto „zu marktüblichen Preisen“ kaufen werde. Denn Grünberg sei sich „bewusst, dass jetzt für sie als Abgeordnete besondere Maßstäbe gelten“. Damit sah der Ethikrat die Sache als erledigt an, berichtet der „Kurier“.

ÖVP-Kodex verbietet große Geschenke

Die ÖVP-Ethikregeln gehen auf eine Zeit zurück, als die Türkisen noch schwarz waren und der Parteichef Michael Spindelegger hieß. Nach Korruptionsaffären wie jener des Europaparlamentariers Ernst Strasser wollte man für die Zukunft Vorsorge treffen. Spindelegger ließ einen Verhaltenskodex ausarbeiten und setzte den Ethikrat ein. War dieser zu Beginn recht ausgelastet, weil Bürger alle nur erdenklichen Eingaben machten und sogar parteiinterne Konkurrenten angeschwärzt worden sein sollen, war es in letzter Zeit ruhig um das Gremium geworden. Mangels Themen fanden kaum Sitzungen statt.

Die Ethikregeln verlangen von Funktionsträgern der ÖVP, „dass sie Geschenke und geldwerte Vorteile ablehnen, die ihre Unabhängigkeit und Integrität beeinflussen oder dahingehend aufgefasst werden können“. Explizit wird festgehalten, dass Mandatare auch unabhängig von Abstimmungen nur „Geschenke geringfügigen Ausmaßes“ annehmen dürfen. Größere Präsente seien nur zu besonderen Anlässen erlaubt, beispielsweise zum 50. Geburtstag. Aber auch dann müsse eine Beeinflussung der politischen Arbeit ausgeschlossen sein.

Grünberg: Kein Zusammenhang zwischen Geschenk und politischer Tätigkeit

Tätig werden kann der ÖVP-Ethikrat entweder auf Wunsch des Parteiobmanns oder von sich aus. Im letzteren Fall ist aber auch der Parteichef zu verständigen. Am Ende des Verfahrens urteilt der Ethikrat über die Frage, ob ein Verstoß gegen die Regeln vorliegt, und schlägt Sanktionen (bis zum Parteiausschluss) vor. Diese dann tatsächlich anordnen können aber nur andere Parteigremien.

Neben den parteiinternen Regeln sieht auch das Strafrecht Konsequenzen vor, wenn Politiker mit Präsenten für spätere Amtshandlungen gefügig gemacht werden sollen. Grünberg selbst hat immer betont, dass die nach ihrem Unfall versprochene Autoübergabe in keinem Zusammenhang mit ihrer politischen Tätigkeit stehe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2017)

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