Das Internet bekommt einen Sendeschluss zu Mitternacht

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Symbolbild(c) Die Presse
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Was wäre, wenn das Netz nach den Regeln des Analogfernsehens der 1980er ablaufen würde.

Schnee gibt es ja heute kaum mehr. Früher war das noch anders, da grieselte (was für ein schönes Wort) es nachts noch in den Fernsehern. Vom Digitalfernsehen kennt man dieses Bildrauschen ja gar nicht mehr, das angezeigt wird, wenn das Gerät kein Signal empfängt. „Kein Signal“ liest man heute ganz unaufgeregt und kann sich nicht mehr irgendwo im Schneesturm wähnen. Abgesehen davon, dass es ohnehin immer irgendein Signal gibt. Irgendeine Wiederholung von irgendetwas wird es schon spielen. Und im Zweifel bleibt ja noch das Internet. Wobei, stellen wir uns einmal vor, das Netz würde nach den gleichen Regeln ablaufen wie früher das analoge Fernsehen . . .

Da müssten die Kleinen nach dem Besuch von betthupferl.com um 18 Uhr weg vom Computer – maximal noch durch einen Türspalt erspähen, wo die Eltern herumsurfen. Um 19.30 Uhr würde die „Zeit im Bild“ auf alle österreichischen Websites durchgeschaltet. Kurz vor Mitternacht sollte man sämtliche Mails geschrieben und die letzten Bestellungen im Onlineshop aufgegeben haben – denn Punkt 24 Uhr würde statt der Google-Startseite eine rot-weiß-rote Fahne vor blauem Himmel über den Bildschirm wehen. Und im Hintergrund würde die Bundeshymne ablaufen. Danach würde der Schnee einsetzen. Das Rauschen. Und verständnislos würde die Generation, die das österreichische Fernsehen vor 1995 gerade einmal aus Erzählungen („Opa, erzähl uns von früher!“) kennt, auf ihre Laptops und Handydisplays starren. Erst am nächsten Tag gegen 6 Uhr morgens, wenn die Nachrichtenseiten langsam wieder hochgefahren werden, statt des Schnees plötzlich ein Testbild auftaucht, könnte man das Bild vom nächtlichen Wachliegen auf Instagram stellen. Tja. Wer jetzt in ein glückseliges „Früher war alles besser“ verfällt, möge mir bitte ein E-Mail schicken. Oder besser eine Postkarte.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2017)

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