Raketentest: Nordkorea sieht sich in der Lage, gesamte USA anzugreifen

Ein Mann in Tokio vor einem Nachrichten-Monitor.
Ein Mann in Tokio vor einem Nachrichten-Monitor.(c) Reuters
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Nordkorea provoziert mit einem weiteren Raketenabschuss. Es gibt allerdings erhebliche Zweifel am Erfolg des Tests. US-Präsident Trump kündigt neue Sanktionen an.

Allen internationalen Warnungen zum Trotz hat Nordkorea erneut eine Rakete getestet. Nordkorea sieht sich eigenen Angaben zufolge nun zu Angriffen auf das gesamte Territorium der USA in der Lage: Es seien nun "die gesamten Kontinental-USA" in Reichweite nordkoreanischer Raketen, hieß es in einer am Mittwoch in staatlichen Medien verbreiteten Erklärung.

Im Ausland löste der Raketentest scharfe Kritik und die Sorge vor einer weiteren Eskalation aus. Die USA und Japan widersprachen zwar der Darstellung Nordkoreas, dass der Abschuss der Rakete vom Typ Hwasong-15 erfolgreich verlaufen sei: Nach US-Erkenntnissen stürzte die Rakete etwa eintausend Kilometer vom Startort entfernt ins Meer, sie habe keine Gefahr für Nordamerika dargestellt. Experten zufolge handelte es sich aber um eine besonders starke Rakete mit großer Reichweite. Mit bisherigen Raketen hatte Nordkorea allenfalls den dünn besiedelten US-Bundesstaat Alaska erreichen können.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un würdigte den Raketentest als historisches Ereignis. Kim habe "mit Stolz erklärt, dass wir nun unser großes historisches Ziel erreicht haben, unsere staatliche Atomstreitmacht zu vervollständigen", hieß es in einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA. Mit der Waffe könne sich Nordkorea gegen "die nukleare Erpressungspolitik und die nukleare Bedrohung durch die US-Imperialisten" verteidigen.

US-Präsident Donald Trump kündigte neue Sanktionen gegen das Land an. Noch am Mittwoch würden "zusätzliche bedeutende Sanktionen" gegen Pjöngjang verhängt, gab Trump über den Kurzbotschaftendienst Twitter bekannt.

Trump: Nordkorea untergräbt eigene Sicherheit

Trump und der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe warnten die nordkoreanische Führung, durch die fortgesetzten Raketentests die eigene Sicherheit aufs Spiel zu setzen. Nach einem Telefonat veröffentlichten die beiden Politiker eine gemeinsame Erklärung. Darin heißt es: "Die Provokationen des nordkoreanischen Regimes untergraben seine eigene Sicherheit und treiben seine Isolation in der internationalen Gemeinschaft voran."

Trump telefonierte auch mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Moon warnte eindringlich vor einer weiteren Eskalation durch Nordkorea oder die USA. "Die Situation könnte außer Kontrolle geraten", sagte er in Seoul. "Wir müssen das Szenario vermeiden, in dem der Norden die Lage falsch einschätzt und uns mit Atomwaffen bedroht oder in dem die USA einen Präventivschlag erwägen."

UN-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnete den Raketentest als "klaren Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats" und warnte Nordkorea vor "weiteren destabilisierenden Schritten". Der Test wird am Mittwoch den UN-Sicherheitsrat beschäftigen.

Zweifel an Nordkoreas Fähigkeit zu Atomraketen

Bereits im Juli hatte Nordkorea zwei Interkontinentalraketen getestet. Eine von ihnen könnte nach Einschätzung von Experten theoretisch auch den US-Bundesstaat Alaska erreichen.

Die am Dienstag getestete Rakete hat möglicherweise eine noch größere Reichweite. Zwar stürzte sie in tausend Kilometern Entfernung vom Startort ins Meer ab, doch hatte sie laut US-Raketenexperten eine außergewöhnlich hohe Flugbahn, die auf eine Reichweite von 13.000 Kilometern hindeute. Damit wären alle US-Metropolen erreichbar. Nach nordkoreanischen Angaben erreichte die Rakete eine Flughöhe von 4.475 Kilometern.

Experten zweifeln allerdings daran, dass Nordkorea eine solche Rakete mit einem Atomsprengstoff bestücken und diesen auf den amerikanischen Kontinent transportieren könne. Nordkoreas Staatsmedien hoben am Mittwoch hervor, es habe sich um die "stärkste Interkontinentalrakete" gehandelt, die Nordkorea jemals entwickelt habe. Die Rakete vom Typ Hwasong-15 könne mit einem großen Sprengkopf bestückt werden.

Nordkorea unterhält trotz umfassender Sanktionen seit Jahren ein Atomwaffenprogramm. Seit 2006 hat das Land insgesamt sechs Atomwaffentests vorgenommen, davon den bisher stärksten im September. Am 15. September erfolgte auch der bisher letzte Raketentest. Die US-Regierung drohte wegen der Tests wiederholt mit einem militärischen Vorgehen gegen Pjöngjang. Bei seinem ersten Auftritt vor der UNO im September drohte US-Präsident Trump sogar mit der "völligen Zerstörung" Nordkoreas.

(APA)

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