Lunacek zieht Bilanz: "Grüne sind zum Glück noch im Bundesrat"

Ulrike Lunacek
Ulrike Lunacek APA/HELMUT FOHRINGER
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Bei der Nationalratswahl führte Lunacek die Grünen als Spitzenkandidatin in ein Wahldebakel - und trat daraufhin von all ihren politischen Funktionen zurück. Ein Szenario, mit dem sie "nie gerechnet" hätte.

Ulrike Lunacek zieht nach acht Jahren als EU-Abgeordnete der Grünen und drei Jahren als Vizepräsidentin des Europaparlaments eine positive Bilanz: Die lösungsorientierte Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg ermögliche auch Mitgliedern kleinerer Fraktionen wie den Grünen die Führung zu übernehmen, sagte sie am Dienstagabend in Brüssel. Grund für ihren Rückblick ist das Debakel der Grünen bei der Nationalratswahl am 15. Oktober, in die Lunacek als Spitzenkandidatin geschickt worden war - und den Einzug ihrer Fraktion ins Parlament verpasste. Daraufhin legte die 60-Jährige alle politischen Ämter zurück. Die Partei kämpft nun ums Überleben.

"Die Erfahrung, dass es möglich ist, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, auch wenn wir aus so vielen unterschiedlichen Ländern kommen und von unterschiedlichen Parteien sind, habe ich gerade in Zeiten von Fake News sehr spannend gefunden", so Lunacek. Ein besonderer Erfolg während ihrer Amtszeit als Vizepräsidentin des Europaparlaments sei die Aufdeckung von Lücken gewesen, die es bei der Finanzierung europäischer Parteien gegeben habe und die es rechten und antieuropäischen Parteien ermöglicht hätten, mit EU-Geldern gegen die Europäische Union zu arbeiten. Diese Schlupflöcher würden nun geschlossen werden, sagte Lunacek.

Rausflug aus Parlament "konnte ich mir nicht vorstellen" 

Angesichts des Ausgangs der Nationalratswahl würden alle anderen Enttäuschungen ihrer Amtszeit in den Hintergrund treten: "Dass wir es mit mir an der Spitze nicht mehr in den Nationalrat schaffen, dass konnte ich mir nicht vorstellen und auch sonst niemand von uns."

Bei den Grünen stehe nun nach einer finanziellen Sanierung und einem Sozialpaket für die gekündigten Mitarbeiter ein Wiederaufbau an: "Der wird hart werden, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen wird, weil Österreich Grüne braucht, um wichtige Zukunftsfragen zu lösen, auch im Nationalrat." Zu den Herausforderungen gehörten zum Beispiel die Klimakrise und die soziale Frage, so die ehemalige Grünen-Politikerin.

"Wir sind zum Glück noch im Bundesrat, in allen Landtagen und auch in sechs Landesregierungen vertreten", sagte Lunacek. Die nächsten Landtagswahlen seien in Anbetracht einer sehr wahrscheinlichen schwarz-blauen Regierung zentral: "Ob es im Bundesrat eine Sperrminorität gegen Schwarz-Blau gibt, zum Beispiel bei Verfassungsänderungen, hängt davon ab, wie gut die Grünen bei den Landtagswahlen abschneiden." Die Wahl sei demnach nicht nur landes-, sondern auch bundespolitisch relevant, so Lunacek.

Sie selbst wolle weiterhin zu ihren Schwerpunktthemen "Zukunft der Europäischen Union" und Westbalkan in unterschiedlichen Bereichen arbeiten. Es gäbe bereits einige Anfragen, aber es sei noch nichts spruchreif, sagte Lunacek.

(APA)

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