Frankenkredite: Viele dachten, es sei nur ein "normaler Kredit"

Schweizer Franken Beendigung des Franken Mindestkurses zum Euro
Schweizer Franken Beendigung des Franken Mindestkurses zum Euroimago/Christian Ohde
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Die Plattform Cobin Claims untersuchte 100 Problemkredite. Die Beratungsfehler seien zum Teil enorm gewesen. Und die Auswahl der Tilgungsträger oft von vornherein verfehlt.

Fremdwährungskredite, vor allem im Schweizer Franken, haben zahlreiche Kreditnehmer in die Bredouille gebracht. Cobin claims, eine Plattform für juristische Sammelaktionen, hat nun 100 Problemkredite ausgewertet. Das Ergebnis: In vielen Fällen gab es schwere Beratungsmängel. Auch die Tilgungsträger-Konzepte waren oft zu wenig durchdacht.

Mehr als die Hälfte der untersuchten Kredite (56 Prozent) wurden nicht direkt bei Banken abgeschlossen, sondern über Vermittler, unter anderem durch Strukturvertriebe, die später in die Negativschlagzeilen kamen. Die durchschnittliche Kreditsumme beträgt rund 183.000 Euro, die durchschnittliche Deckungslücke 89.000 Euro. Was nicht nur an der ungünstigen Wechselkursentwicklung liegt, sondern vor allem an der schwachen Performance der Tilgungsträger - meist Lebensversicherungen oder Fonds. Laut der Untersuchung bleiben diese im Schnitt um 34,7 Prozent hinter den Performanceprognosen der Anbieter zurück.

Absicherung war meist kein Thema

Die meisten der befragten Kreditnehmer fühlen sich zudem schlecht beraten. 70 Prozent gaben an, ihnen sei nicht erklärt worden, worin bei ihrem Tilgungsträger genau investiert wird. 67 Prozent der Befragten erfuhren auch nichts über die Belastung der Performance durch innere Kosten. Über Möglichkeiten zur Risikobegrenzung wurde ebenfalls zu wenig informiert: Nur 16 Prozent erinnern sich, dass mit ihnen besprochen wurde, wie man sich sich gegen Frankenkurs-Veränderungen absichern kann. 

Dagegen wurde 63 Prozent der befragten Kunden suggeriert, sie würden mehr oder weniger einen normalen Kredit aufnehmen - und sich nicht auf ein riskantes Spekulationsgeschäft einlassen. Als die ersten Probleme auftauchten - bis hin zum Franken-Kursschock am 15. Jänner 2015 - verlegten sich Berater oft darauf, Durchhalteparolen auszugeben. 18 Prozent der befragten Kunden sagten, ihnen werde nach wie vor versichert, dass sie zum Laufzeitende ohne Schaden wegkommen werden. 71 Prozent der befragten Kreditnehmer haben ihren Frankenkredit noch nicht in Euro konvertiert.

„Die Untersuchung zeigt deutlich, dass die Kreditnehmer wichtige
Informationen oft bis heute nicht erhalten haben, mit denen sie die Entwicklung und das Risiko abschätzen hätten können", sagt Cobin claims-Obmann Oliver Jaindl. Ein weiterer Kritikpunkt: die Auswahl der Tilgungsträger. „Grundsätzlich erfordert das Fremdwährungs-und Zinssatzrisiko beim Kredit sowie das (Netto-)Renditerisiko beim Tilgungsträger eine laufende, einzelfallbezogene Portfoliobetrachtung", sagt Gutachter Manfred Biegler. "Eine solche wurde bei den uns vorliegenden Fällen niemals angestellt. Vielfach wurde nicht einmal zwischen Brutto- und Nettorendite beim Tilgungsträger unterschieden." Angaben zu Kosten, Gebühren und Steuern hätten ebenfalls oft gefehlt.

Verjährungsproblem?

Wollen Kunden Beratungsmängel geltend machen, wird in vielen Fällen die Verjährung zum Problem. Die Anwälte Wolfgang
Haslinger und Clemens Irrgeher, beide aus dem Rechtsanwaltsbeirat der Plattform, relativieren das allerdings: Zwar seien die Kunden grundsätzlich über Währungs- und das Wertentwicklungsrisiko informiert worden. Aber:  Die "wahren Beratungsfehler" kommen ihrer Ansicht nach erst durch eine Sachverständigen-Untersuchung zutage. Diese seien nämlich darin gelegen, "dass Tilgungsträger empfohlen wurden, die selbst in guten Börsenzeiten niemals eine Performance liefern konnten, die ausgereicht hätte, um den Kredit am Ende der Laufzeit abzudecken". Zum Teil hätten Banken sogar fälschlicherweise Brutto- statt den tatsächlichen Nettorenditen in Aussicht gestellt. Dieser Fehler sei für viele Kunden bis heute nicht erkennbar gewesen. "Daher ist wohl von keiner Verjährung auszugehen“, zeigen sich die Anwälte zuversichtlich.

Bei Cobin claims läuft eine Sammelaktion für betroffene Kreditnehmer, die allerdings mit 15. Dezember teilweise geschlossen werden soll, und zwar hinsichtlich der Ansprüche aus dem Frankenschock, die am 15. Jänner 2018 verjähren. Zudem will man - mittels Petition - an die Politik appellieren, Diese solle Regelungen schaffen, "damit es zu fairen Lösungen für die Kunden spätestens zum Laufzeitende der Kredite kommt".  (red.)

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