Noch ist die Einigung nicht offiziell, doch offenbar hat sich London verpflichtet, nach dem Brexit einen bestimmten Anteil des EU-Haushaltes zu übernehmen. Aus London gibt es dazu vorerst keine Stellungnahme.
Großbritannien und die EU haben sich offenbar in einem der wichtigsten Streitpunkte der Brexit-Verhandlungen abschlussreif geeinigt. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag aus ranghohen Kreisen der EU-Kommission erfuhr, verständigten sich beide Seiten über die künftigen Finanzverpflichtungen des Königreiches, die sogenannte Schlussrechnung.
Die Regierung in London habe sich verpflichtet, auch nach dem Austritt aus der Union einen bestimmten Anteil des EU-Haushaltes zu übernehmen. Den Informationen zufolge gibt es eine Einigung auf bestimmte Prozentsätze und darüber, für welche Kosten Großbritannien aufkommen soll.
Großbritannien habe die große Mehrheit der EU-Finanzforderungen anerkannt, sagte der ranghohe EU-Diplomat. "Das offizielle Angebot ist zwar noch nicht unterbreitet worden, aber inoffiziell ist alles so weitreichend geklärt, dass alles in Ordnung ist, wenn nicht eine Seite noch eine radikale Kehrtwende in letzter Minute vollzieht", sagte der EU-Vertreter. Von britischer Seite war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Keine konkrete Summe vereinbart
Britische Medien hatten berichtet, dass die heimische Regierung sich zur Zahlung von rund 50 Milliarden Euro bereit erklärt habe. Die Regierung in London hatte dies als Spekulation bezeichnet. Der EU-Vertreter unterstrich nun, es sei nicht über konkrete Summen gesprochen worden, weil es zahlreiche Unwägbarkeiten über künftige Entwicklungen beispielsweise von Wechselkursen und die wirtschaftlichen Entwicklungen gebe. Insgesamt sei man optimistisch, dass beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 14. und 15. Dezember eine Einigung darauf erzielt werden könne, in Gespräche über die künftigen Beziehungen zwischen beiden Seiten einzutreten.
Die finanziellen Verpflichtungen Großbritanniens gehören zu den drei Knackpunkten in den Verhandlungen. Daneben ringen beide Seiten besonders um die Frage der Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Republik Irland. Auch hier gab es offenbar Fortschritte. Die Regierung in London habe vorgeschlagen, Zoll-Zuständigkeiten an die britische Provinz abzutreten, um Konflikte mit den in Irland geltenden EU-Regelungen zu vermeiden, berichtete die Zeitung "Times". Dies sei für Bereiche wie die Landwirtschaft und den Energiesektor denkbar.
Britische Regierung will Grenzkontrollen zu Irland verhindern
Die nordirische Partei DUP allerdings pochte darauf, dass zwischen Nordirland und dem Königreich keine Grenzen errichtet werden dürfen, die den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen oder Geld behindern. Die Haltung der Partei ist von Bedeutung, weil die Konservativen von Premierministerin Theresa May auf die Mitarbeit der DUP im Parlament in Westminster angewiesen sind.
Am Freitag unterstrich die britische Regierung, sie wolle keine Grenze zwischen Irland und Nordirland. "Alle Seiten - die irische Regierung, meine Regierung und die EU-Kommission - stehen fest zum Freitagsabkommen, das den Nordirlandkonflikt befriedet hat. Und darin ist klipp und klar festgehalten, dass es nie wieder eine Grenze zwischen Nord und Süd geben soll", sagte Greg Hands, der britische Staatssekretär für Außenhandel, der "Rheinischen Post". Wie es erreicht werden soll, dass keine Grenzkontrollen eingeführt werden müssen, ist vorerst aber unklar.
(APA/Reuters)