Missbrauch im Skigymnasium: Ex-Schüler spricht von "sexuellem Machtspiel"

APA/BARBARA GINDL
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Ein ehemaliger Aktiver des Skigymnasiums Stams wurde Zeuge, wie Kollegen Zahnpasta oder Klister anal verabreicht wurde. Die Übergriffe seien selten im Geheimen passiert.

Nach Vergewaltigungsvorwürfen der ehemaligen Ski-Rennfahrerin Nicola Werdenigg erhebt ein weiterer ehemaliger Skisportler schwere Vorwürfe. Ein Ex-Schüler des Skigymnasiums Stams, der Eliteschule des österreichischen Skisports, berichtet im "Standard", er habe erlebt, wie Kollegen durch das sogenannte "Pastern" sexuell missbraucht wurden. "Für mich ist es eine Frechheit, wenn der jetzige Stamser Direktor Arno Staudacher das herunterspielt und davon spricht, dass da ein bissl Schuhpasta auf die Hinterbacken geschmiert wird", sagt der ehemalige Aktive, der anonym bleiben will. Er besuchte die Schule in den 80ern und 90ern. Das "Pastern" sei ein "zutiefst sexuelles Machtspiel", das über einfache Initiationsriten hinausgehe.

Meist seien es ältere Schüler gewesen, die sich an jüngeren vergriffen hätten. "Je nachdem, wie aufmüpfig einer vorher war, bekam er Zahnpasta oder einen mehr oder weniger klebrigen Klister anal verabreicht", beschreibt der Interviewte. "Das heißt, da wurde eine Tube eingeführt." Schlimmstenfalls sei ein Nassschnee-Klister, ein Steigwachs für Langlaufski verabreicht worden.

Ex-Skisportler: Ein Exempel wurde statuiert

Solche Missbräuche seien selten im Geheimen passiert. Damit sei ein Exempel statuiert worden, berichtet der ehemalige Skisportler. Er selbst sei nie "gepastert" worden. Er habe sich in den Sport und ins Training gestürzt und an den Wochenenden betrunken, um von den Platzhirschen respektiert zu werden.

Als Spitzensportler stumpfe man ab, erklärt der Ex-Sportler, warum nicht schon früher Vorwürfe ans Licht kamen. "Es ist die Mentalität von Spitzensportlern, ans Limit und drüber zu gehen. (...) Man riskiert und man stumpft ab, man vergewaltigt den eigenen Körper, indem man immer wieder über die eigenen körperlichen Grenzen zu gehen versucht. Dadurch wird vieles normal." Die Entscheidung Werdeniggs an die Öffentlichkeit zu gehen, unterstützt er. Die Ereignisse im Skigymnasium hätten viele schwer traumatisiert. Das Outing könne helfen, künftige Gewalttaten zu verhindern.

Bis Anfang dieser Woche wurden bei der Tiroler Opferschutzstelle drei weitere Missbrauchsfälle gemeldet.

>>> Bericht im "Standard

(Red/APA)

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