Missbrauch im Sport: "Totschweigen und Aussitzen hilft niemandem"

Peter Seisenbacher
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Am Wochenende hatte sich ein Ex-Schüler des Skigymnasiums Stams mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit gewandt, nun berichten zwei Betroffene über die Causa Peter Seisenbacher.

In der laufenden Debatte um Missbrauch im Sport melden sich nun erstmals zwei Betroffene in der Causa Peter Seisenbacher zu Wort. Sie wurden laut rechtskräftiger Anklage von ihrem Trainer, dem prominenten Judo-Doppelolympiasieger, als damals noch unmündige Mädchen schwer sexuell missbraucht - und fordern im Gespräch mit der Austria Presseagentur, dass sich bei Übergriffen auf Nachwuchssportler die betroffenen Verbände diesem Thema stellen.

"Es ist keine Lösung, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Totschweigen und Aussitzen hilft niemandem", betonen die Betroffenen, die anonym bleiben wollen. Gerade das sei in ihrem Fall jedoch die Devise des Österreichischen Judoverbandes (ÖJV) gewesen. Die Art und Weise, wie dort auf die Vorwürfe gegen Seisenbacher (nicht) reagiert wurde, haben die Betroffenen als "aggressiv abwertend" erlebt.

"Verbände, die konsequent die Augen schließen, sind gefährlich"

In Erinnerung sind etwa Aussagen des Verbandspräsidenten, der wörtlich gehofft hatte, dass sich die gegen "das österreichische Aushängeschild im Judosport" gerichteten Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs "nicht bewahrheiten". Ein Satz, der die Betroffenen "sehr heftig" traf. Der Verband habe "reflexartig abgewehrt, sich selbst geschützt, so nach dem Motto: es möge bitte nicht stimmen, dann haben wir als Verband kein Problem, mit dem wir uns womöglich beschäftigen oder gar Konsequenzen ziehen müssten", werden sie zitiert.

Ihr Fazit: "Verbände, die konsequent die Augen fest geschlossen lassen und jegliches Problem ignorieren oder leugnen, sind unseres Erachten gefährlich und kein sicherer Ort für Kinder, Jugendliche und Frauen. Überforderte, verharmlosende oder schlicht unwillige Sportfunktionäre ermöglichen so sexuelle Gewalt im Sport."

Dass der scheidende Sportminister Hans Peter Doskozil nun eine Studie in Auftrag gegeben hat und Förderungen künftig an Präventionsmaßnahmen knüpfen möchte, begrüßten die beiden Sportler.

Die Betroffenen sind nicht die ersten, die mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit gehen: Erst vor wenigen Wochen hatte die ehemalige Ski-Rennfahrerin Nicola Werdenigg schwere Vorwürfe gegen einen ehemaligen Mannschaftskollegen und den österreichischen Skiverband (ÖSV) erhoben. Am Wochenende hatte sich im "Standard" ein Ex-Schüler des Skigymnasiums Stams gemeldet und ausgesagt, er habe erlebt, wie Kollegen sexuell missbraucht wurden.

(APA/Red.)

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