Urteile des Verfassungsgerichtshof seien anzuerkennen, betont FPÖ-Generalsekretär Kickl - trotzdem fragt er in Richtung ÖVP "kritisch nach". SPÖ, Neos, Liste Pilz und Grüne bejubeln die Öffnung der Ehe für Homosexuelle.
Die ÖVP will der Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare keine Steine in den Weg legen. "Höchstgerichtliche Urteile sind stets zu akzeptieren und nehmen wir zur Kenntnis", kommentierte ein Sprecher am Dienstag die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die gesetzlichen Regelungen aufzuheben, die gleichgeschlechtlichen Paaren bisher den Zugang zur Ehe verwehrt hatten. Die weitere Vorgangsweise werde man erst besprechen, hieß es aus der ÖVP weiter.
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Bei den Freiheitlichen wird die Entscheidung kritischer gesehen. "Jetzt ist genau das eingetreten, wovor wir bereits 2009 bei Beschluss der eingetragenen Partnerschaft gewarnt haben: Dieses Instrument wird der Türöffner in Richtung einer Entwicklung sein, an deren Ende mit der sogenannten Ehe für alle, vulgo 'Homo-Ehe', Ungleiches gleich behandelt wird. Jetzt ist es soweit", meinte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Die politische Verantwortung dafür liege - neben der SPÖ - auch bei der Volkspartei. "Ich bedaure, dass die ÖVP in dieser Frage nicht mit offenem Visier gekämpft hat, sondern ein doppeltes Spiel gespielt hat." Natürlich seien Urteile des VfGH anzuerkennen, was aber nicht bedeute, dass man nicht kritisch nachfragen dürfe, so Kickl.
Kern: "Spätestens ab 1. Jänner 2019 ist egal, wer wen liebt"
Breit bejubelt wurde die Entscheidung indes von der SPÖ. Parteivorsitzender Christian Kern sprach via Facebook von einem Zeichen der Gleichberechtigung und des Respekts. "Spätestens ab 1. Jänner 2019 ist es egal, wer wen liebt in unserem Land. Ich persönlich bin sehr froh über diese Entscheidung." Immer wieder, so der Noch-Kanzler, hätte die SPÖ versucht, die Ehe für alle politisch durchzusetzen, stets sei man an ÖVP und FPÖ gescheitert.

Auch Kanzleramtsminister Thomas Drozda, Klubobmann Andreas Schieder, Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner, die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, der offen homosexuelle Abgeordnete Mario Lindner und eine Reihe weiterer SPÖ-Politiker begrüßten die Entscheidung.
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Große Freude herrschte auch bei den Neos. "Heute ist ein großer Tag für Österreich, die Freiheit und den Rechtsstaat. Was der Bevölkerung schon lange klar war und nur ÖVP und FPÖ nicht verstanden haben, hat nun der VfGH in seinem Erkenntnis festgestellt: die Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft verletzt das Diskriminierungsverbot", meinte der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak. Zufrieden zeigte sich auch Liste Pilz-Klubobmann Peter Kolba: "Das freut uns. Das ist zu begrüßen." Ähnlich die aus dem Parlament gefallenen Grünen: "Wieder einmal sorgt ein Höchstgericht dafür, dass Österreich endlich im 21. Jahrhundert ankommt", meinte Bundessprecher Werner Kogler.
Hosi fordert mehr, Kardinal Schönborn ist beunruhigt
Die Homosexuellen Initiative (Hosi) Wien zeigte sich ebenfalls glücklich und forderte zugleich ein modernes Eherecht oder den Fortbestand der eingetragenen Partnerschaft. "Für den Fall, dass sich der Gesetzgeber zu keiner radikalen Reform des Eherechts durchringt, muss die eingetragene Partnerschaft als moderne Alternative unbedingt erhalten bleiben", erklärte Obfrau Lui Fidelsberger. Die Initiative stößt sich etwa an den strengeren Scheidungsbestimmungen im Eherecht. Dieses verströme noch immer den "Geist des Patriarchats".
Mit deutlicher Kritik reagierte Kardinal Christoph Schönborn auf die VfGH-Entscheidung: "Es ist beunruhigend, dass sogar die Verfassungsrichter den Blick verloren haben für die besondere Natur der Ehe als Verbindung von Mann und Frau. Sie ist wie keine andere Beziehung geeignet, Kinder hervorzubringen, zu hüten und aufzuziehen und damit die Generationenfolge zu sichern", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress. Er sei aber zuversichtlich, "dass sich langfristig die Einsicht in die Schöpfungsordnung wieder durchsetzen wird, die der Mensch nicht missachten kann, ohne Schaden zu nehmen".
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(Red./APA)