Steueroasen: Verwässerte schwarze EU-Liste

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Nur 17 Staaten und Territorien sind in den Augen der Finanzminister in Steuersachen unkooperativ. Die karibischen Steuerparadiese haben wegen der Wirbelstürme Aufschub.

Brüssel. Der Berg hat gekreißt, doch nur ein Mäuslein geboren: die lange angekündigte und mit großer Spannung erwartete erste eigene EU-Liste mit steuerlich unkooperativen Staaten und Territorien ist kürzer als angenommen und enthält wesentliche Lücken. Nur 17 Namen finden sich auf dem Dokument, dass die 28 nationalen Finanzminister am Dienstag bei ihrem Ratstreffen in Brüssel beschlossen. Es sind dies Bahrain, Barbados, Grenada, Guam, Macau, die Marschall-Inseln, Mongolei, Namibia, Palau, Panama, Samoa, Amerikanisch-Samoa, St. Lucia, Südkorea, Trinidad und Tobago, Tunesien sowie die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die hier genannten Staaten und Territorien sind nach Ansicht der Union in Steuerfrage nicht kooperativ, weil sie zum Beispiel keinen automatischen Austausch von Daten mit den europäischen Finanzbehörden erlauben oder schädliche Steuerbevorzugungen gewähren. Jährlich soll diese Liste nun überprüft werden. Wer ihr angehört, soll keine Entwicklungshilfe mehr aus Europa erhalten, nicht an Finanzierungsprojekten der Europäischen Investitionsbank teilnehmen dürfen, und EU-Unternehmen, die dorthin Verbindungen haben, dürfen mit häufigeren Steuerprüfungen rechnen.

47 weitere Staaten und Territorien haben sich dazu verpflichtet, die Kritikpunkte der Union an ihren Steuersystemen anzusprechen. Sie sind deshalb nicht auf der „schwarzen“, sondern vorerst nur auf der „grauen“ Liste der Europäer. In vielen Fällen geht es hierbei bloß darum, einem OECD-Abkommen über gegenseitige Verwaltungshilfe beizutreten, entweder schon im nächsten Jahr oder spätestens 2019. Das ist zum Beispiel bei Katar, Taiwan, Hongkong, Peru, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina der Fall. Die Türkei wiederum versprach darüber hinaus, bis 2019 den automatischen Informationsaustausch mit den europäischen Steuerbehörden einzuführen.

Aus für karibische Briefkästen

Im Zuge der Reihe an Enthüllungen über die Geldverschiebepraktiken von Konzernen und reichen Einzelpersonen, die unter Schlagwörtern wie LuxLeaks oder Panama Papers um den Erdball rasten, ist die Selbstverpflichtung von Bermuda, den Kaimaninseln, Guernsey, Jersey, der Isle of Man und Vanuatu besonders interessant. Sie versprechen, im Laufe des kommenden Jahres alle Steuerkonstruktionen abzuschaffen, die „Gewinne ohne echte wirtschaftliche Aktivität anziehen“, wie es im Beschluss der Finanzminister heißt. Es geht hier also um das Geschäfts mit Briefkastenfirmen, welches, soferne die Union darauf besteht, dass dieses Versprechen eingehalten wird, schon bald geschlossen werden könnten.

Das ändert allerdings nichts daran, dass die Liste mehrere wesentliche Mängel hat. So gilt zum Beispiel der Umstand, dass ein Land einen Körperschaftsteuersatz von null Prozent hat, nicht als problematische Steuerpraxis. De facto jedoch zeichnet genau diese Steuerfreiheit Steueroasen aus.

Diskutabel ist auch der Aufschub, den mehrere berüchtigte karibische Steuerparadiese für die Umsetzung ihrer Versprechen erhalten haben. Das Überprüfungsverfahren der EU solle für jene Staaten und Territorien gestoppt werden, die in der jüngsten Wirbelsturmsaison besonders hart getroffen wurden. Das sind Anguilla, Antigua und Barbuda, die Bahamas, die Britischen Jungferninseln, Dominica, Saint Kitts and Nevis, die Turks and Caicos Islands sowie die US-Jungferninseln. Erst im Februar nächsten Jahres werde die für Steueroasen zuständige Fachgruppe der Finanzminister wieder Kontakt mit ihnen aufnehmen, um zu schauen, ob sie im Laufe des Jahres von ihren geächteten Praktiken Abstand zu nehmen geneigt sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2017)

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