Chronologie: Die Beziehung zwischen dem Vatikan und Israel

Einige Daten zu den schwierigen Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem jüdischen Staat.

Papst Benedikt XVI. besucht am Sonntag die römische Hauptsynagoge "Tempio Maggiore". Das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Judentum ist insbesondere wegen der bevorstehenden Seligsprechung von Papst Pius XII. nicht ungetrübt. Der Vorsitzende der Italienischen Rabbinerkonferenz, Giuseppe Laras, will dem päpstlichen Synagogen-Besuch fernbleiben.

Einige Daten zu den schwierigen Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem jüdischen Staat:

  • 1904: Der Publizist Theodor Herzl versucht ohne Erfolg, Papst Pius X. für den Plan einer Heimstatt der Juden in Palästina (das Teil des Osmanischen Reiches ist) zu gewinnen. Pius X. erklärt bei der Begegnung: "Sanktionieren können wir das niemals".
  • 1917: Nach der "Balfour-Deklaration" (Zusage des britischen Außenministers James Balfour einer Unterstützung für die Errichtung einer jüdischen "nationalen Heimstätte" in Palästina) und der Eroberung Jerusalems durch britische Truppen warnt Papst Benedikt XV. davor, den Juden eine "ihnen nicht zukommende Vorrangstellung" im Heiligen Land einzuräumen.
  • 1947/48: Der Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen für das britische Mandatsgebiet Palästina sieht einen jüdischen und einen arabischen Staat sowie die Internationalisierung von Jerusalem vor. Papst Pius XII. fordert in seiner Enzyklika "In multiplicibus" einen internationalen Status für Jerusalem als Heiligtum der drei monotheistischen Weltreligionen.
  • 1958: Nach seiner Wahl streckt Papst Johannes XXIII. den Juden die Hand zur Versöhnung aus: Streichung der Formulierung von den "treulosen Juden" (Perfidis Judaeis) aus der Karfreitagsliturgie.
  • 1962-65: Das Zweite Vatikanische Konzil betont das "gemeinsame Erbe" von Juden und Christen. Die Erklärung "Nostra Aetate" beklagt "alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus".
  • 1964: Papst Paul VI. besucht das Heilige Land, wo er mit dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I. von Konstantinopel zusammentrifft. Er wird in Jordanien und Israel empfangen. Der Vatikan spricht aber offiziell nicht vom Staat Israel.
  • 1967: Der Papst fordert nach dem Sechstagekrieg einen international garantierten Sonderstatus für Jerusalem (dessen Ostteil von Israel erobert und später ohne völkerrechtliche Wirksamkeit annektiert wird.)
  • 1973: Israels Ministerpräsidentin Golda Meir wird im Vatikan vom Papst empfangen.
  • 1977: Der Papst bittet Israel in einem offiziellen Briefwechsel um Freilassung des wegen Waffenschmuggels für die Palästinenser inhaftierten melkitisch-katholischen Erzbischofs Hilarion Capucci. Beobachter sehen darin eine "De-facto-Anerkennung" des Staates Israel durch den Heiligen Stuhl.
  • 1978: An der Amtseinführung von Papst Johannes Paul II. nimmt eine offizielle israelische Delegation teil.
  • 1979: Der Papst bezeichnet bei einem Besuch in Auschwitz das einstige KZ als "Golgotha unserer Zeit".
  • 1980: Der Vatikan protestiert gegen ein israelisches Gesetz, das "ganz Jerusalem" zur "Hauptstadt Israels" erklärt.
  • 1982: Der Vorsitzende der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Yasser Arafat, wird erstmals vom Papst empfangen.
  • 1984: In dem Apostolischen Schreiben "Redemptoris anno" spricht Johannes Paul II. zum ersten Mal in einem vatikanischen Dokument vom "Staat Israel".
  • 1985: Israels Premierminister Shimon Peres wird vom Papst empfangen.
  • 1986: Als erster Papst besucht Johannes Paul II. offiziell eine Synagoge. Bei dem Besuch beim Oberrabbiner von Rom bezeichnet er die Juden als "ältere Brüder im Glauben".
  • 1987: Der Papst ernennt den Palästinenser Michel Sabbah, einen scharfen Kritiker Israels, zum Lateinischen Patriarchen von Jerusalem.
  • 1993: Israels aschkenasischer Großrabbiner Meir Lau besucht den Papst in Castel Gandolfo.
  • 1994: Der Heilige Stuhl nimmt diplomatische Beziehungen mit dem Staat Israel und offizielle Beziehungen mit der PLO auf.
  • 1998: Der Papst erlässt das Dokument "Wir gedenken: Eine Reflexion über die Shoah". "Wir bedauern zutiefst die Irrtümer und Fehler der Söhne und Töchter der Kirche", heißt es in dem Text. Geteiltes Echo in Israel; vielen geht der Text über mangelnden kirchlichen Widerstand gegen den Massenmord der nazideutschen Machthaber an den Juden nicht weit genug.
  • 2000: Der Vatikan schließt einen Grundlagenvertrag mit der palästinensischen Regierung und bekräftigt die Forderung nach einem international garantierten Sonderstatus für Jerusalem. Der Papst spricht eine historische Vergebungsbitte ("Mea culpa") für die Verfehlungen der Christen in der Geschichte aus. Dabei werden auch die "Sünden" genannt, die nicht wenige Christen "gegen das Volk des Bundes und der Seligpreisungen begangen haben". Der Papst reist in das Heilige Land und betet an der Klagemauer in Jerusalem.
  • 2002: Schwerer Konflikt um die Belagerung der Bethlehemer Geburtskirche durch die israelische Armee. Dissonanzen beim Besuch des israelischen Präsidenten Moshe Katzav im Vatikan.
  • 2003: Johannes Paul II. verurteilt den Bau der israelischen Sperranlage im Westjordanland; man brauche für einen Frieden "Brücken und keine Mauern oder Zäune". Premier Ariel Sharon trifft bei einem Rom-Besuch nicht mit dem Papst zusammen.
  • 2004: Der Vatikan verurteilt erneut den Sperrwall: Die Palästinenser steckten in einem "riesigen Gefängnis".
  • 2005: Israelische Angriffe auf den neuen Papst Benedikt XVI. werden vom Vatikan scharf zurückgewiesen. Die beiden Großrabbiner laden den Papst nach Jerusalem ein. Der Papst empfängt Präsident Katzav. Auch der neue palästinensische Präsident Mahmoud Abbas, Nachfolger des verstorbenen Arafat, wird vom Papst empfangen.
  • 2008: Irritationen wegen der neu formulierten Karfreitagsfürbitte in dem vom Papst wieder zugelassenen vorkonziliaren "alten Usus" ("Lasset uns auch beten für die Juden, auf dass Gott unser Herr ihre Herzen erleuchtet, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen") und Würdigung von Papst Pius XII. anlässlich dessen 50. Todestags durch Benedikt XVI.
  • 2009: Das israelische Großrabbinat bricht die Beziehungen zum Vatikan wegen der Aufhebung der Exkommunikation des als Holocaust-Leugner hervorgetretenen traditionalistischen Bischofs Richard Williamson von der Bruderschaft St. Pius X. ab. Der Papst bekräftigt seine volle Solidarität mit den Juden und stellt sich gegen jeden Versuch einer Leugnung des Holocaust. Der Papst reist ins Heilige Land, er ruft Israelis und Palästinenser zu einem friedlichen Miteinander in zwei Staaten auf. Die vatikanisch-israelischen Verhandlungen über Fragen kirchlichen Eigentums und Steuerfragen bringen keinen Durchbruch.

(Ag. )

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