Grasser-Korruptionsprozess: Vom Tatplan zum Geheimkonto

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GRASSER-KLAGE GEGEN REPUBLIK: GRASSER(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Start des Korruptionsprozesses um den Verkauf der Buwog durch Karl-Heinz Grasser steht unmittelbar bevor.

Wien. Wenn Montag der Oberste Gerichtshof grünes Licht in Sachen Richterzuständigkeit gibt, kann der umkämpfte Start des größten Korruptionsprozesses der österreichischen Justizgeschichte über die Bühne gehen. Die vorsitzende Richterin, Marion Hohenecker, war zuletzt in eine „Twitter-Affäre“ verwickelt: Ihr Ehemann, selbst Strafrichter, hat Twitter-Einträge verfasst, die sich gegen Karl-Heinz Grasser richten und in einer Anzeige gegen ihn durch Maischbergers Anwalt (vorerst) endet. Zudem stand Hohenecker im Mittelpunkt eines monatelangen Tauziehens um die Frage ihrer Zuständigkeit für das Buwog-Verfahren. Doch am Dienstag sollen diese Stolpersteine überwunden sein.

An diesem Tag (12. Dezember) möchte Hohenecker ab 9.30 Uhr im Straflandesgericht Wien mit den ersten formalen Schritten der Verhandlung beginnen. Dazu gehört zum Beispiel das Abfragen der Personalien der insgesamt 15 Angeklagten. Eines scheint schon vorab klar: Die Verhandlung (Beobachter rechnen damit, dass sie sich mindestens ein Jahr lang hinzieht) wird ein zähes Ringen um jeden Zentimeter Boden.

Gut gerüstete Verteidigung

Die Verteidigung hat ihre Hausaufgaben gemacht. Der extrem ausführlichen Anklageschrift steht mittlerweile eine ebenfalls ziemlich detaillierte Gegenschrift der Grasser-Anwälte Manfred Ainedter und Norbert Wess entgegen. Selbst das – zwar nicht erdrückende, aber insgesamt doch belastende – „Geldfluss-Gutachten“ des im Auftrag der Korruptionsstaatsanwaltschaft tätigen Wirtschaftsprüfers Gerhard Altenberger hat mächtige Konkurrenz bekommen: Der sonst ebenfalls im Auftrag der Justiz tätige, nicht minder prominente Gutachter, der Wirtschaftstreuhänder Thomas Keppert, steht diesmal in den Diensten der Verteidigung. Er kommt – wenig überraschend, aber doch – zu dem Schluss: „Die Ausführungen Altenbergers sind gemessen an den Grundsätzen ordnungsmäßiger Erstattung von Sachverständigengutachten schon aus formaler Sicht als mangelhaft und nicht sach- und fachgerecht einzustufen.“ Weiter ist in der verteidigernahen Expertise auch von „gravierenden materiellen Mängeln“ des Anklagegutachtens die Rede.

Im Mittelpunkt beider Schriften steht unter anderem die Frage, auf welchen verschlungenen Wegen das von der Korruptionsstaatsanwaltschaft angenommene Bestechungsgeld für den Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) an Grasser und dessen Umfeld, namentlich die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger sowie den Immobilienmakler Ernst Karl Plech, gelangt sein könnte. Alle Genannten bestreiten bekanntlich, dass überhaupt Korruption im Spiel gewesen sei.

Untreue und Bestechung

Die Anklage spricht hingegen von Untreue und Bestechung. Somit drohen allen 15 Angeklagten (es geht im Prozess nicht nur um das Thema „Buwog“, sondern auch um die Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower) bis zu zehn Jahre Gefängnis. Zu den Tathandlungen und dem anschließenden Umleiten der Bestechungsgelder in ein undurchsichtiges Geflecht aus (Offshore-)Firmen und Stiftungen sei es laut Anklage auf Basis eines schon im Jahr 2000 ausgeklügelten „Tatplans“ gekommen.
Im Mittelpunkt des Interesses steht das ominöse Konto „400.815“ der Hypo Investmentbank (HIB) Liechtenstein. Auf diesem soll laut Anklage Grassers Anteil am Buwog-, später auch am Terminal-Tower-Bestechungsgeld gelandet sein. Tatsache ist, dass dieses Konto schon Jahre vor den ersten Buwog-Geldflüssen von Meischberger eröffnet und auch benutzt worden ist. Insofern hat die Anklage diese Sprachregelung gewählt: Dieses HIB-Konto sei Grasser „zuzurechnen“. Es soll sich also um ein Geheimkonto des seinerzeitigen Finanzministers gehandelt haben.

Eine Frage der Interpretation

Belastend für Grasser: Von dem viel besagten HIB-Konto wurde Geld auf das Konto einer wenig transparenten Firma namens Mandarin überwiesen. Auf ebendieses Mandarin-Konto floss auch Geld einer Gesellschaft, die wiederum eine Vollmacht Grassers hatte. Es handelt sich um eine gewisse Ferint AG – die von Grasser 500.000 Euro bekommen hat. Die Mandarin erwies sich also als Sammelbecken, als Pool, in dem Geld vom HIB-Konto (400.815) und Grasser-Geld, das die Ferint AG verwaltete, zusammenflossen. Diesen Umstand zu interpretieren wird zentraler Bestandteil des Buwog-Prozesses sein. In der Gegenschrift zur Anklage gehen Grassers Anwälte auf das Thema „Geldflüsse“ minutiös ein. Dass Grasser bei der Ferint angelegt hat, wird nicht bestritten. Aber: „Weder sind auf das Konto der Ferint AG irgendwelche Provisionszahlungen (bzw. angebliche Bestechungszahlungen) geflossen, noch stammen die 500.000 Euro auch nur denkmöglich aus angeblichen Bestechungszahlungen. Das gesteht sogar die Anklagebehörde ein.“

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