Ein Schattentheater im Advent

Schattentheater Pokorny 1080 Zeltgasse Marits Akos Burg
Schattentheater Pokorny 1080 Zeltgasse Marits Akos Burg(c) Akos Burg
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Helmut Pokornig und Veronika Guschlbauer-Male setzen die Weihnachtsgeschichte als Schattentheater mit musikalischer Begleitung um.

Weihnachtlich gibt sich Wien derzeit an vielen Orten, dabei nicht selten eher laut als leise. Eher bunt und kitschig als dezent und stilvoll. Mitunter sogar ziemlich lieblos, knallig und von besinnlich weit entfernt. Von all dem bunten Adventtreiben in der Stadt will sich eine Gruppe engagierter Künstler bewusst distanzieren. Einen Gegenpol setzen, „still, leise, pur, die totale Reduktion“, wie die Musikerin Veronika Guschlbauer-Male sagt. „Wir wollen“, sagt Helmut Pokornig, „den Leuten diese wunderbare besinnliche Zeit zurückgeben.“

Wie das gelingen soll? Mit einem Krippenspiel der alten Art: Pokornig, der das kleine Figurentheater Marijeli in der Josefstadt leitet, wird die Weihnachtsgeschichte in Form eines Schattenspiels inszenieren. Maria, Josef, die Hirten, die Heiligen Drei Könige und die Tiere sind dunkel bemalte Figuren aus Holz, die auf der Bühne bewegt werden. Ein Erzähler – der Burgtheater-Schauspieler Branko Samarovski – liest die Geschichte dazu, zwei Sprecher leihen den Figuren ihre Stimmen. Guschlbauer-Male hat das musikalische Konzept dazu entwickelt: Ein Trio, darunter Guschlbauer-Male selbst, wird an einigen Stellen zum Krippenspiel singen. Traditionelle Lieder, die zur Handlung passen, „zum Teil sind das sehr alte Weihnachtslieder, die man kennt“. Wie „Maria durch den Dornwald ging“, wobei auch der Dornwald im Schattentheater dargestellt wird. Erzählung, Musik, alles ist live und kommt nicht vom Band. Pokornig hat nicht nur die Figuren selbst gebaut, er hat auch das Krippenspiel arrangiert. „Ich habe viele alte Krippenspiele in der Nationalbibliothek und im Theatermuseum durchforstet und die schönsten Stellen herausgesucht“, sagt er. Einige Jahre lang hat er sein Schattentheater in der Adventzeit im MuTh, dem Konzertsaal der Sängerknaben, aufgeführt.

Lange Geschichte im Ersten

Nun übersiedeln er und das Ensemble mit neuen, weil kleineren Figuren und dem ebenfalls neuen musikalischen Part, ins Theatermuseum, in dem das Krippenspiel kurz vor Weihnachten und am 24. Dezember (siehe Infobox) im Eroica-Saal aufgeführt wird. Das Theatermuseum sei ein sehr passender Ort, wie Pokornig und Guschlbauer-Male finden, da zentral im ersten Bezirk gelegen, in dem es früher „irrsinnig viele Krippenspiele gab“, wie Pokornig erzählt. In der Singerstraße etwa, aber auch in der Rauhensteingasse und am Kohlmarkt gab es bis Anfang des 20. Jahrhunderts kleine Theater, die Krippenspiele mit beweglichen Figuren aufgeführt haben.

Das Schattenspiel im Theatermuseum (der Saal fasst rund 80 Personen) ist für Familien gedacht, „es ist aber kein Stück, das explizit für Kinder gemacht wurde“, sagt Pokornig. Man setze „auf hohem Niveau“ an, habe einen künstlerischen Anspruch und wolle sich den Kindern weder anbiedern, noch sei das Stück „pädagogisierend. Wir fordern die Kinder schon, aber sie haben Spaß dabei.“ Die Geschichte der Herbergssuche, der Geburt Christi und der Besuch der Hirten, „das alles ist ja eine gewaltige Geschichte, die die Menschen anspricht, unabhängig von ihrer religiösen Ausrichtung“.

Einige Vorstellungen sind für Schulklassen reserviert, „das Interesse der Schulen war sehr groß“, sagt Guschlbauer-Male. Offenbar sind viele auf der Suche nach einer stillen, einfachen Darstellungsform in Zeiten, in denen fast alle Weihnachtsmärkte mit Kitsch und Lärm überladen sind. Die Frage ist, ob man die Menschen heutzutage mit einem reduzierten Schattenspiel überhaupt noch bewegen könne, so Guschlbauer-Male.

Aber man ist optimistisch: Das Publikum bei den Vorführungen im MuTh in den vergangenen Jahren habe jedenfalls sehr positiv reagiert. Ein Mann „hat sich sogar bedankt, dass ihm Weihnachten wiedergegeben wurde“, so Pokornig. Der Illustrator und Grafiker hat sich das Bauen der Figuren – die über Schnüre auch beweglich sind und etwa ihre Arme neigen können – selbst beigebracht. Jahrelang arbeitete er als Kellner, ehe er als Illustrator tätig wurde und 2012 das Figurentheater Marijeli übernahm.

AUF EINEN BLICK

Das Krippenspiel des Figurentheaters Marijeli findet im Theatermuseum (1., Lobkowitzplatz 2) statt. Termine: 23. Dezember um zehn und um 14.30 Uhr sowie am 24. Dezember um zehn Uhr. Dauer: circa eine Stunde. Karten kosten für Erwachsene 16, für Kinder und Jugendliche zwölf Euro. Reservierung unbedingt empfehlenswert unter 0664/263 03 26.

Die Figuren stammen von Helmut Pokornig, das musikalische Konzept von Veronika Guschlbauer-Male. Erzähler ist Schauspieler Branko Samarovski. www.marijeli.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2017)

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