Österreichs implizite Staatsschulden sind gestiegen

Pensionen beeinflussen die impliziten Staatsschulden.
Pensionen beeinflussen die impliziten Staatsschulden.APA/BARBARA GINDL
  • Drucken

Wenn man die durch Pensions- und Gesundheitssystem gebundenen Gelder einbezieht, ergibt sich ein neues Bild der europäischen Staatsschuldenlage: Kroatien steht super da – und Österreich fällt weiter zurück.

Wien. Staatsschulden scheinen auf den ersten Blick eine simple Sache zu sein. Die Summe der Verbindlichkeiten im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ergibt die Schuldenquote. Aber ganz so einfach ist es nicht. Denn jeder Staat hat seinen Bürgern Versprechungen gemacht – in der Form von Pensions-, Pflege und Gesundheitsausgaben. Die deutsche Stiftung Marktwirtschaft errechnet daher ein Mal pro Jahr die implizite Schulden eines Staates. Und da ergibt sich dann oft ein ganz anderes Bild, als man vermuten sollte.

So sind die Staatsfinanzen von Kroatien, Bulgarien, Schweden und Lettland derzeit am solidesten, sagt die Stiftung. Diese Länder landen bei einer Staatsverschuldung von unter hundert Prozent des BIP, wenn man explizite und implizite Schulden zusammenrechnet. Kroatien ist dabei ein ganz besonderer Fall. Das Land hat unterm Strich sogar eine negative Staatsverschuldung von 12 Prozent. „Kroatien ist das einzige Land, dessen Haushaltspolitik als fiskalisch nachhaltig bewertet werden kann, da das implizite Vermögen die expliziten Schulden übersteigt“, so die Stiftung.

In Österreich ist man weit davon entfernt. Das Land ist im Vergleich zum Vorjahr im Ranking um drei Plätze zurückgefallen und landet hinter Ungarn (13) und Frankreich (14) nur noch auf Platz 15. Zu einer offiziellen Staatsschuldenquote von 84 Prozent der Wirtschaftsleistung kommt eine implizite Verschuldung von 177 Prozent dazu. Ergibt unterm Strich eine Gesamtverschuldung von 260 Prozent des BIP – im Vorjahr waren es noch 259 Prozent.

Negativbeispiel Luxemburg

Damit ist Österreich eines von nur neun Ländern in der EU, wo sich die Lage verschlechtert hat. Angesichts der allgemeinen Konjunkturerholung ein Alarmzeichen. Denn die durchschnittliche Gesamtverschuldung in der EU liegt bei „nur“ 217 Prozent – um 39 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Allerdings, so die Stiftung Marktwirtschaft: Da die Gesamtverschuldung die Wirtschaftsleistung immer noch um das Doppelte übersteige, werde deutlich, dass „die traditionelle Fokussierung auf den expliziten Schuldenstand (Maastricht-Kriterium) zu einer übermäßig optimistischen Einschätzung der tatsächlichen Lage der Staatsfinanzen führt.“

Ein Beispiel dafür sei Luxemburg. Das habe offiziell zwar nur 21 Prozent Staatsschuldenquote. Aber rechnet man die an die Bevölkerung durch das Sozialsystem abgegebenen Versprechen hinzu, wächst dieser Schuldenberg auf atemberaubende 915 Prozent an. Im Vergleich zum Vorjahr sind nochmal fast 100 Prozentpunkte dazu gekommen. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.