"Seit voriger Woche hat sich niemand mehr gemeldet", erklärte Schladmings Bürgermeister Jürgen Winter.
Seit dem Bekanntwerden verletzender körperlicher Rituale unter Schülern der Skihauptschule Schladming in den 1990er-Jahren und eines bei der Staatsanwaltschaft Leoben anhängigen Missbrauchsvorwurfs gegen einen Skitrainer ist die Stadt Schladming um Schadensbegrenzung bemüht. Es seien bisher keine weiteren Vorwürfe eingegangen, erklärte Schladmings Bürgermeister Jürgen Winter (ÖVP) am Mittwoch.
Eine ehemalige Absolventin der Skihauptschule Schladming hatte laut einem "Presse"-Bericht Anfang Dezember schwere Vorwürfe erhoben und damit die Geschichte über die offenbar weitverbreitete Praxis des "Pasterns" in Sportschulen ins Rollen gebracht. Unter anderem hätten Trainer und Lehrer in der Ski-NMS Schladming davon Kenntnis gehabt, hieß es in dem Bericht. Auch andere Schulen wie das Skigymnasium Stams oder die Skihauptschule Neustift sehen sich mit ähnlich schweren Vorwürfen konfrontiert.
Für möglicherweise betroffene Schüler und Schülerinnen hat die Stadtgemeinde Schladming deshalb Infokontakte zu Opferschutzstellen, Rechtsanwälten und Behörden ausgegeben. Winter selbst will für etwaige Klagen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Wenn nötig, übernehme die Stadtgemeinde Schladming auch die Rechtsanwaltskosten bei Missbrauchsfällen.
"Niemand mehr gemeldet"
"Seit voriger Woche hat sich niemand mehr gemeldet", sagte Winter bei einer Informationsveranstaltung vor Eltern, Schülern, Trainern und Lehrervertretern der Skiakademie Schladming. Er würde sich freuen, wenn sich auch künftig niemand melde. Aufgrund Medienberichten über "mögliche Machtmissbrauchsvorwürfe" sei man aber aktiv geworden. Winter zufolge sollten die Schüler vor Ort "aus erster Hand" informiert und Medienberichte "authentisch wiedergebracht" werden. Gleichzeitig sei eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle "Pflichtsache".
Solche "Vorfälle aus der Vergangenheit" seien seit Jahren bzw. Jahrzehnten nicht mehr bekannt geworden, betonte Winter. Zudem glaube er, dass sich Rituale wie das berüchtigte "Pastern" seit den 1990er-Jahren nicht mehr wiederholt hätten. "Aber jeder Geschichte, die irgendeinen Wahrheitsgehalt birgt, muss nachgegangen werden."
Präventiv gebe es strengere Kontrollen und verschärfte Verhaltensregeln, zusätzlich zur Einrichtung von mehr "Kummerkästen" in den Schulen und im Skisportheim. Auch der häufigere Einsatz von Psychologen vor Ort sei eine wichtige Maßnahme.
Schladming als Kaderschmiede
Winter hob die erfolgreiche Vergangenheit der Ski-NMS Schladming als Kaderschmiede für heimische Skisportler hervor und lobte "den engagierten Einsatz der Schulleiter, Trainer und Pädagogen" in der Vergangenheit. Mit dem Österreichischen Skiverband (ÖSV) gebe es derzeit keine gemeinsamen Präventionsmaßnahmen gegen Missbrauch. Aber es wäre gut, wenn es sie gebe, so Winter am Rande der Veranstaltung.
Schüler, die in steirischen Schulen bzw. Internaten gewaltsame Übergriffe erlebt haben, können unter der Notrufnummer des Gewaltschutzzentrums Steiermark (0316 77 41 99) Unterstützung, Beratung und Betreuung finden. Betroffene können sich auch unter waltraud.klasnic@opfer-schutz.at bzw. der Telefonnummer 0664 383 52 60 melden.
Vonseiten des Bildungsministeriums wurde ein "Meldetelefon" unter der bundesweit kostenfreien Nummer 0800 205676 eingerichtet. Die Stelle nimmt auch unter (https://www.bmb.gv.at/schulen/service/meldetelefon.html) Meldungen von Personen, die im schulischen Umfeld von sexuellen Übergriffen und Missbrauchsfällen betroffen sind oder waren.
(APA)