Schwarz-Blau: Jetzt geht es (nur noch) um Köpfe

Der eine will spielen, der andere regieren: Alexander Van der Bellens Hund, Kita, begrüßte am Donnerstag Sebastian Kurz.
Der eine will spielen, der andere regieren: Alexander Van der Bellens Hund, Kita, begrüßte am Donnerstag Sebastian Kurz. (c) REUTERS
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Die Verhandler befinden sich metaphorisch auf den letzten Metern. In der Nacht wurde bis 2 Uhr verhandelt, um 11 Uhr beginnt die voraussichtlich letzte Runde. Zuletzt ging es vor allem um das Personal.

Verläuft alles nach Sebastian Kurz' Plan, wird er am Montag wiederkommen. Allerdings nicht allein. Sondern mit einem fixen Regierungsteam und einem fertigen Koalitionspapier. Am Donnerstag war er aber noch allein in der Hofburg zu Gast: Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfing den ÖVP-Chef und baldigen Kanzler zu einem Vieraugengespräch. 45 Minuten lang ließ sich der Bundespräsident auf den neuesten Stand der Verhandlungen bringen.

Und holte sich die Zusage, dass seine Bedingungen auch tatsächlich berücksichtigt wurden. Unter anderem dürften die Ressorts Justiz und Inneres nicht an dieselbe Partei gehen. Das soll auch so bleiben. Sonst war am Donnerstag aber noch sehr viel im Fluss. Zumindest, was das Personal betraf, denn inhaltlich sind ÖVP und FPÖ mehr oder weniger fertig.

Im Verhandlungsfinale, das am Abend im Palais Epstein begonnen und rund hundert Demonstranten angelockt hat, ist es daher vor allem um die Zusammensetzung und die Besetzung der Ministerien gegangen. Das bestätigte auch Gernot Blümel, einer der Chefverhandler im ÖVP-Team, vor Beginn der Gespräche: „Natürlich gibt es da und dort Punkte, auf die man sich schwer einigen kann“, sagte er. Nachsatz: „Wir sind bei diesen Punkten angelangt.“

In der Nacht wurden die Verhandlungen erst um 2 Uhr Früh unterbrochen. Fortgesetzt werden die Gespräche nun um 11 Uhr wieder im Palais Epstein, davor ist ein Medienstatement geplant. 

Auf der Suche nach Frauen

Vor allem die ÖVP war am Donnerstag aber noch dringend auf der Suche nach Ressortchefinnen. Es werde in der neuen Regierung definitiv mehr Frauen als in der aktuellen geben, hieß es aus Verhandlerkreisen. In der Volkspartei machten am Donnerstag einige neue Namen die Runde: Eva Marek, Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien, kommt für das Justizministerium infrage. Allerdings ist nach wie vor die Juristin Michaela Steinacker eine Option.

Das hängt aber davon ab, welchen Posten Noch-Innenminister Wolfgang Sobotka erhält. Denn dass gleich zwei Niederösterreicher wichtige Ämter in der Regierung besetzen, könnte andere Bundesländer unrund werden lassen. Grundsätzlich wolle man beim Personal nicht zu sehr auf die Herkunft achten, heißt es aus der Partei. Das betrifft die Bundesländer, aber auch die Bünde. Das Kräfteverhältnis sollte allerdings auch nicht komplett unausgewogen sein.

Für den Bereich Bildung, Wissenschaft, Forschung wurden am Donnerstag ebenfalls zwei Kandidatinnen genannt: die Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), Henrietta Egerth-Stadlhuber. Und die Molekularbiologin (Uni Graz) Juliane Bogner-Strauss, die nun für die ÖVP im Nationalrat sitzt. Bei der Besetzung eines Familien-, Frauen- und Jugendministeriums denkt Kurz offenbar an die Vorarlbergerin Veronika Marte, eine seiner Stellvertreterinnen in der ÖVP.
Für Finanzen und Wirtschaft ist nach wie vor Bettina Glatz-Kremsner, eine andere Vizeparteichefin, im Rennen. Allerdings ist sie selbst skeptisch, ob sie den Job auch annehmen will. Eine Alternative wäre Antonella Mei-Pochtler, die den Parteichef schon lang in wirtschaftspolitischen Fragen berät. Oder, sofern das Geschlechterverhältnis in der Koalition ausgeglichen ist, der Ökonom und Professor Gottfried Haber. Sollte Andrä Rupprechter den Chefposten im Landwirtschaftsministerium abgeben müssen, könnte wiederum die Direktorin des niederösterreichischen Bauernbunds, Klaudia Tanner, übernehmen. Oder natürlich Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger, die für gleich mehrere Ressorts infrage kommt. Falls sie Ministerin wird, könnte Sobotka an die Parlamentsspitze wechseln.

Johann Gudenus als Klubobmann?

Wer welchen Job bekommt, hängt aber nicht nur von der Ressortverteilung, sondern auch von der Zusammensetzung ab. Im Vergleich zum Status quo werden wohl einige Ministerien verändert. Die Fusion von Finanz- und Wirtschaftsministerium ist beispielsweise eine Überlegung. Oder das Wirtschaftsministerium wird um die Staatsbeteiligungen zu einem Standortressort aufgewertet. Grundsätzlich sind sich beide Parteien jedenfalls einig, dass es weiterhin 14 Ministerien und zwei Staatssekretariate geben soll. Offen ist, ob sie fifty-fifty aufgeteilt werden wie unter Rot-Schwarz. Oder ob die ÖVP doch um eines mehr bekommt.

Der Verteilungsschlüssel acht zu sechs soll dann angewendet werden, wenn sich die Freiheitlichen mit ihrem Wunsch nach dem Innen- und dem Verteidigungsministerium durchsetzen. Im Gegenzug müsste die FPÖ dann auf ein Ressort verzichten. Gesetzt war – neben Kurz im Kanzleramt – am Donnerstagnachmittag jedenfalls nur eine Person im ÖVP-Team: Gernot Blümel als Kanzleramtsminister, zuständig auch für Kultur und Medien.

Bei der FPÖ war es umgekehrt: Die Ministerien waren weitgehend bereits verteilt. Nur welche Ressorts Parteichef Heinz-Christian Strache übernehmen würde, stand bis zuletzt nicht fest. Strache selbst will sich auf seine Vizekanzleragenden konzentrieren. Es ist also gut möglich, dass er vergleichsweise weniger aufwendige Agenden übernimmt. Kolportiert wurden beispielsweise Sportagenden, fix ist das allerdings nicht. Als Staatssekretärin für diese Bereiche ist auch die Abgeordnete Petra Steger im Gespräch.

Generalsekretär Herbert Kickl könnte dann das Innenministerium übernehmen, das Verteidigungsressort soll an den Unteroffizier Mario Kunasek gehen. Mit Karin Kneissl an der Spitze des Außenministeriums können sowohl Strache als auch Kurz als auch Van der Bellen gut leben.

Der jetzige Dritte Nationalratspräsident, Norbert Hofer, hat bereits den Wunsch geäußert, das Infrastrukturministerium zu übernehmen. Es wird wohl in Erfüllung gehen. Statt ihm soll die Verhandlerin Anneliese Kitzmüller ins Nationalratspräsidium wechseln. Und noch eine Nachfolge muss im Parlament geregelt werden: Die Freiheitlichen wollen den geschäftsführenden Wiener Parteichef Johann Gudenus zum Klubobmann ernennen, heißt es aus der Partei. Und das, obwohl der Vizeparteichef eigentlich nicht in den Nationalrat ziehen – und sich auf die Stadtpolitik konzentrieren wollte. Einen Ministerposten wird er wohl auch deswegen nicht erhalten, weil Van der Bellen massive Bedenken geäußert hat. Hinter verschlossenen Türen verkündete er, Gudenus nicht als Regierungsmitglied angeloben zu wollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2017)

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