Von Strache über Gudenus bis Kern: Die Polit-Rücktritte seit 2017

Nach eineinhalb Jahren als Vizekanzler und 14 Jahren als FPÖ-Chef ist die politische Karriere von Heinz-Christian Strache beendet: Er erklärte am 18. Mai 2019 seinen Rücktritt. Der Grund: ein Video, aufgenommen in Sommer 2017. Darin sieht man, wie Strache einer vermeintlichen Investorin aus Russland offenbar öffentliche Aufträge für Wahlkampfspenden in Aussicht stellt.
Ein Überblick über eine Reihe von (teils überraschenden) Polit-Rücktritten seit 2017.

Am selben Tag wie Strache, legte auch der bisherige geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus seine politischen Ämter infolge der Video-Affäre nieder.
"Hiermit gebe ich bekannt, dass ich meine Funktion als geschäftsführender Klubobmann sowie mein Nationalratsmandat zurücklegen werde. Ebenso trete ich hiermit von sämtlichen Funktionen in der Freiheitlichen Partei Österreichs zurück", sagte Gudenus. Er wolle sein "tiefstes Bedauern über die zwei Jahre zurückliegenden Vorkommnisse zum Ausdruck bringen."

SPÖ-Chef Christian Kern übernahm das Amt des Bundeskanzlers von Werner Faymann im Mai 2016, nach der Nationalratswahl 2017 musste er sich davon verabschieden und übte sich seither als Vorsitzender der größten Oppositionspartei. Im Oktober 2018 zog er dann gänzlich den Hut - und trat als SPÖ-Obmann ab.

Hans Niessl ist zwar noch Landeshauptmann des Burgenlandes, wird diese Funktion aber am 28. Februar übergeben. Das verkündete Niessl am 8. September am Landesparteitag der SPÖ Burgenland in Oberwart. Der Partei will der scheidende Landesparteivorsitzende - Hans Peter Doskozil hat am selben Tag schon die Führung übernommen - treu bleiben. "Ich werde auch in Zukunft einer von euch bleiben."

Wiens langjähriger Bürgermeister Michael Häupl (Rechts im Bild) hat sein Amt am 24. Mai an seinen Nachfolger Michael Ludwig übergeben. Schon im Jänner hatte er Ludwig die Geschäfte der Wiener SPÖ überlassen. Auch der folgende Umbau der Stadtregierung hatte einige Rücktritte bzw. Rückzüge aus der Politik zur Folge.

Neos-Gründer und Parteichef Matthias Strolz kündigte Anfang Mai 2018 seinen Rücktritt an. Der 44-Jährige führte die Pinken erfolgreich durch zwei Nationalratswahlen. Nun machte er seine Vereinbarung wahr, dass er nicht für eine dritte Spitzenkandidatur zur Verfügung stehen wird. Im Sommer übergab er die Parteispitze an die bisherige Wiener Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

Im Februar 2018 zog die FPÖ die Konsequenzen aus dem Skandal rund um das einschlägige Liederbuch der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt": Udo Landbauer, der blaue Niederösterreich-Spitzenkandidat und eine zentrale Figur in der Causa NS-Liederbuch, legte alle politischen Funktionen zurück. Seine Mitgliedschaft in der FPÖ stellte der 31-Jährige ruhend. Er wolle mit dem Rückzug aus der Politik "vor allem meine Familie aus der Schusslinie" nehmen.
Ende August ist Landbauer aber bereits in die Politik zurückgekehrt, nachdem die juristische Aufarbeitung der Liederbuchaffäre abgeschlossen war

Peter Pilz ging mit seiner neu gegründeten Liste zwar erfolgreich aus den Nationalratswahlen im Oktober 2017. Der Sprung ins Parlament gelang auf Anhieb - dem Listengründer selbst aber nicht: "Die strengen Maßstäbe, die ich immer angelegt habe, gelten auch für mich," sagte der Neo-Parteichef und einstige Langzeitgrüne und verkündete, nach dem Vorwurf der sexuellen Belästigung nach 31 Jahren als Abgeordneter zurückzutreten.
Doch bald sah es Pilz nicht mehr so eng, im Juni wurde er - nach wochenlangen internen Konflikten in seiner Liste - wieder Abgeordneter zum Nationalrat.

Für die Grünen zog die Wahlschlappe einen Doppelrücktritt nach sich: Nachdem die Partei nach 31 Jahren den Einzug in das Hohe Haus verpasst hatte, verabschiedete sich auch die eigens für den Urnengang etablierte "Doppelspitze": Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe erklärten mit Tränen in den Augen ihren Rücktritt.
Sie hätte gerne im Nationalrat als Klubobfrau oder in einer Regierung gewirkt, aber "all das ist jetzt nicht möglich", sagte Spitzenkandidatin Lunacek. Sie stehe zu ihrem Wort und werde nicht ins EU-Parlament zurückkehren. Felipe betonte, wenn sie den Grünen etwas Gutes tun wolle, müsse sie sich auf die Tiroler Landtagswahl konzentrieren. Das Amt der Bundesparteisprecherin schob sie an Werner Kogler weiter.

Es war einer der Höhepunkte des verpatzten Nationalratswahlkampfes: Am 30. September 2017 verkündete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler angesichts der Dirty Campaigning-Aktivitäten von Ex-Parteiberater Tal Silberstein seinen Rücktritt.
"Für mich ist wichtig, dass ich nicht an einem Sessel klebe", begründete Niedermühlbichler seine Entscheidung. Zugleich betonte er, nichts von den falschen Facebook-Gruppen gewusst zu haben, doch sei einer seiner Mitarbeiter involviert gewesen und dafür übernehme er die Verantwortung.

Im Juli 2017 setzte es einen nicht-rechtskräftigen Schuldspruch gegen den Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) - und eine Ankündigung. Er werde im September zurücktreten, betonte er wenige Stunden nach der Urteilsverkündung (drei Jahre Haft, eines davon unbedingt, wegen Beihilfe zur Untreue).
Schaden wird vorgeworfen, 2007 im Zuge einer Absprache sechs negativ bewertete Zinstauschgeschäfte der Stadt ohne Gegenleistung an das Land übertragen haben. Die Richterin ging im Prozess von einem Schaden von mindesten drei Millionen Euro aus.

Am 18. Mai 2017 gab es den ersten Abschied der Grünen im vergangenen Jahr: Eva Glawischnig erklärte unter Tränen, alle ihre politischen Funktionen bei den Grünen zurückzulegen. Es sei eine "zutiefst persönliche Entscheidung" aus gesundheitlichen Gründen. Im März 2018 gibt sie einen spektakulären Jobwechsel bekannt. Glawischnig arbeitet ab sofort bei Europas größtem Glücksspielkonzern - der österreichischen Novomatic. Dort wird sie die Stabstelle für Nachhaltigkeitsmanagement und verantwortungsvolles Spiel führen.

Kurz davor ein politischer Paukenschlag in der ÖVP: Am Vormittag besuchte ÖVP-Obmann, Vizekanzler, Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner noch die Giraffen im Schönbrunner Tierpark, für Mittag kündigte er dann kurzfristig eine "persönliche Erklärung" an. Seine Botschaft: "Ich finde, es ist genug."
Seine Motive für den Rücktritt legte er relativ offen dar. Da waren die "Inszenierungen auf der einen Seite", also Christian Kern, und die "Provokationen" auf der anderen, also Innenminister Wolfgang Sobotka. In einer solchen Atmosphäre, so erzählt es Mitterlehners Umfeld, sei eine sinnvolle Regierungsarbeit nicht mehr möglich gewesen. Auf dieser Basis hatte der Vizekanzler dann auch keine Lust mehr, die Übergangslösung für Sebastian Kurz zu spielen.

Neuer Monat, neuer Abgang: Der steirische Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) trat im April zurück. Grund dafür war tagelange, harsche Kritik - Buchmann war sein Doktortitel wegen Plagiats aberkannt worden.
"Ich musste in den letzten Tagen zur Kenntnis nehmen, dass ein Fehler vor 17 Jahren schwerer wiegt als Leistungen in der Gegenwart und Ideen für die Zukunft", kommentierte Buchmann seinen Abgang.

Im März vollzog Kärntens Altlandeshauptmann Gerhard Dörfler als FPÖ-Bundesrat seinen Abtritt. Die Staatsanwaltschaft hatte die Anklage gegen Dörfler im Prozess um die BZÖ-Wahlbroschüre ausgeweitet, nun sollen sämtliche Straßenbauvergaben seiner gesamten Amtsperiode von 2001 bis 2013 geprüft werden. Der Vorwurf: Untreue und Amtsmissbrauch. Dörfler betonte jedoch, es handele sich bei dem Schritt keinesfalls um ein Schuldeingeständnis: "Ich brauche meine ganze Energie, um diese ungeheuerlichen und haarsträubenden Vorwürfe zu entkräften."

Im Februar verlor ein Bundesland seinen langjährigen obersten Chef: Josef Pühringer (ÖVP) sagte den Oberösterreichern politisch Adieu und übergab an seinen "Kronprinzen" Thomas Stelzer.
Vorgelegt hat Pühringer seinem Nachfolger 20 Jahre, in denen er die unangefochtene Nummer eins im Land war. Dieser Platz geriet erstmals mit der Wahlniederlage 2015, als die Schwarzen unter die 40-Prozent-Marke rutschten, ins Wanken. Dem Chef sprang letztlich über seinen Schatten - mit der FPÖ galt es zu regieren. "Persönliche Befindlichkeiten sind jetzt fehl am Platz", meinte der Architekt der einst ersten schwarz-grünen Landesregierung in Österreich beinahe resignativ.

Schon im Jänner hatte er seinen Rückzug gegenüber der "Presse" angekündigt, beim Parteitag der niederösterreichischen Volkspartei im März geschah es dann. Fast 25 Jahre lang war Erwin Pröll als Landeshauptmann an der Spitze des größten Bundeslandes Österreichs gestanden, doch, so sagte Pröll: "Man muss wissen, wann es Zeit ist."
Als "Landesfürst" war zuvor auch in der Bundes-ÖVP zumeist sein Wille geschehen, wie etwa 2016, als ihm wochenlang Rosen gestreut wurden, er dann aber doch nicht als schwarzer Bundespräsidentschaftskandidat kandidierte. Kurz vor seinem Abgang schaffte er es hingegen ungewollt in die Schlagzeilen: Seine "Erwin Pröll Privatstiftung" geriet in die Kritik.

Tag 13 des Jahres 2017 brachte den ersten Rücktritt: Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) gab ihren Abschied aus der Politik bekannt - und ihren Wechsel in die Führungsebene der Siemens Healthcare GmbH in Deutschland.
"Dass ich sage, ich möchte keinen Tag missen, wäre ein bisschen geschwindelt. Aber im Grunde war es schon so, dass ich in 99 von 100 Tagen gern in der Früh ins Rathaus gekommen bin", beteuerte Wehsely. Sie war zuvor sowohl seitens Opposition unter Dauerbeschuss genommen, als auch im SPÖ-internen Flügelkampf von eigenen Genossen hart kritisiert worden.