Der gläserne Mensch. China plant, seine Bürger komplett zu durchleuchten. Wer gesund isst, Sport macht und wenig Videospiele spielt, bekommt Bonuspunkte. Damit bekommt man allerlei Vergünstigungen vom Staat.
Irgendwie klingt es wie aus einem schlechten Science-Fiction-Film. Der Staat überwacht, was seine Bürger essen, spielen, einkaufen, wo sie hingehen, wen sie treffen und was sie im Fernsehen anschauen. Einfach alles.
Entspricht das Verhalten des Bürgers den staatlichen Wunschvorstellungen, bekommen sie Pluspunkte auf einem Konto. Wenn nicht, gibt es Abzüge. Hat man genug Staatspunkte gesammelt und kann die auch halten, bekommt man zum Beispiel günstigere Kredite, bessere Ausbildungsplätze oder Jobs. Steht man mit seinem Punktekonto allerdings schlecht da, muss man sogar um seinen Arbeitsplatz zittern.
Utopie? Nein. China plant solch eine Totalüberwachung ab 2020. Jeder Staatsbürger soll sich ab diesem Jahr in einer Datenbank registrieren müssen, die all das speichert. Ab 1300 Punkten zählt man zum Tripple-A-Bürger. Unter 600 Punkte gehört man zur schlechtesten Kategorie D.
Der Plan der chinesischen Regierung wirkt ziemlich verrückt. Wir sind es ja gewohnt, dass wir im Internet für die großen Datenkraken wie Google, Facebook oder Amazon schon ziemlich gläsern sind. Das muss man aber mehr oder weniger in Kauf nehmen, wenn man deren Services nutzen will, die ja in der Regel kostenlos sind. Man bezahlt mit seinen persönlichen Daten, die man direkt eingibt, und mit der Verfolgung des persönlichen Nutzungsverhaltens.
Der Plan der chinesischen Regierung überschreitet allerdings eine Grenze, die in Europa Datenschützer durchdrehen lassen würde. Die Verknüpfung von Überwachungs-, Kranken- und Internetdaten gelingt nicht einmal Google.
Eines fehlt im chinesischen Bonus-Malus-System allerdings: Was, wenn man gar nicht in der Lage ist, den AAA-Kriterien zu entsprechen? Auf Grund einer Behinderung beispielsweise, oder weil man sich teures Biogemüse gar nicht leisten kann. Haben nur gesunde und gesellschaftlich gut gestellte Bürger die Chance, das beste Staatsrating zu erreichen?
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2017)