Auslandsreaktionen

Aufruf zu "Mobilisierung der Demokraten"

Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz
Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz(c) APA/AFP/ALEX HALADA
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Politiker hielten sich merklich zurück. Der Tenor zur neuen Koalition war vorerst negativ.

Wien. Im Ausland waren die öffentlichen Reaktionen auf die dort unüblich intensiv verfolgte österreichische Regierungsbildung naturgemäß gespalten, tendenziell allerdings negativ – wobei auffiel, dass es bis Sonntagabend kaum Stellungnahmen von Regierungen oder maßgeblichen Ministern gab, nicht einmal aus EU-Staaten. Man dürfte dort wegen der Vorgänge anlässlich der Formierung der schwarz-blauen Koalition unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Februar 2000, als sich viele europäische Politiker, speziell in Frankreich und Belgien, mit ihrer Kritik weit aus dem Fenster lehnten und letztlich umgekehrt der EU nichts Gutes taten, vorerst abwarten und die Worte wohl erwägen.

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher sagte, er vertraue der „europafreundlichen Linie des designierten Kanzlers Sebastian Kurz“ und rechne damit, dass die Beziehungen zu Österreich weiter „exzellent“ sein würden, auch mit Hinsicht auf etwaige Grenzsicherungsmaßnahmen. Die staatsnahe russische Nachrichtenagentur Tass erwartet, dass die ÖVP-FPÖ-Regierung „aktive Schritte in Europa“ setzen werde, um die Sanktionen gegen Russland aufzuheben und die Ost-West-Spannungen zu mildern, auch in Anwendung der „Drehscheibenfunktion“ Österreichs als Vermittler.

Bei einem Treffen europäischer Rechtspopulisten in Prag bekam die neue Regierung kräftigen Applaus, etwa von Frankreichs Front-National-Chefin, Marine Le Pen, und dem Niederländer Geert Wilders, die in Österreich auch ein Vorbild für den neuen „politischen Wind“ sehen.

Sonst blies hingegen ein durchwegs eher ungünstiges Lüftchen: So riefen angesichts der FPÖ-Regierungsbeteiligung französische Juden zu einer „Mobilmachung der Demokraten“ auf, weil Konservative mit Rechtsextremen paktieren würden, schrieb der jüdische Rat CRIF in einer Aussendung. Überhaupt drohe Europa in seiner jetzigen Form durch solche Vorgänge die „Zerstörung“.

Israels Regierung enthielt sich einer Stellungnahme; allerdings tönte die Zeitung „Ha'aretz“, dass „die rechtsextreme“ FPÖ mit Wurzeln im Nationalsozialismus“ in Österreich die Ministerien für Äußeres, Inneres und Verteidigung leiten werde. Der Jüdische Weltkongress (World Jewish Congress/WJC), der jüdische Gemeinden in 100 Staaten vertritt, hat Sebastian Kurz (ÖVP) zum Amt des Bundeskanzlers gratuliert und zugleich starke Besorgnis über Kurz' Entscheidung, eine Koalition mit der FPÖ zu bilden, geäußert. Man sei erschüttert über die Regierungsbeteiligung der FPÖ.

Schwerer Beschuss aus Ankara

Mit scharfen Worten reagierte die türkische Regierung wegen der Ablehnung eines EU-Beitritts der Türkei: „Diese völlig unbegründete und kurzsichtige Klausel im Programm der neuen Regierung bestätigt leider Befürchtungen, dass deren politische Linie auf Diskriminierung und Ausgrenzung basiert“, hieß es in einer Stellungnahme des türkischen Außenressorts. Dass es jetzt eines der wichtigsten Ziele Wiens sei, dafür gleichgesinnte Partner in der EU zu finden, sei „unredlich“.

Sollte die Regierung Kurz Schritte setzen, um diese Blockadepolitik umzusetzen, werde Ankara darauf eine „angemessene Antwort finden“ – und Österreich wohl „die Freundschaft der Türkei verlieren“. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2017)

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