"America first" wird Staatsdoktrin

 „America first“ wird es laut „Trump-Doktrin“ nicht zuletzt bei der Militärpolitik heißen. Man wird etwa wohl nicht mehr so oft auf Partner und deren Position Rücksicht nehmen.
„America first“ wird es laut „Trump-Doktrin“ nicht zuletzt bei der Militärpolitik heißen. Man wird etwa wohl nicht mehr so oft auf Partner und deren Position Rücksicht nehmen.(c) APA/AFP/DELIL SOULEIMAN
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In Washington wird heute die neue Sicherheitsstrategie der Regierung Trump vorgestellt. Die USA werden noch mehr auf eigene Interessen schauen und riskieren Krach auch mit alten Partnern.

Washington. Die USA wollen künftig ihre Interessen in der internationalen Sicherheits- und Wirtschaftspolitik notfalls allein und ohne ihre alten Partner durchsetzen: Das ist der Grundtenor einer neuen Sicherheitsstrategie, die Präsident Donald Trump heute vorstellen will.

Zwar betont die Regierung die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit, doch unterstreicht das 70-Seiten-Papier laut Medienberichten vor allem das Motto „Amerika zuerst“. Es signalisiere eine Abkehr von der Politik vieler Jahrzehnte und lasse neue Spannungen mit Verbündeten erwarten.

Trump hatte die Partner in Europa und Asien mehrmals mit Vorstößen und Äußerungen verstört, die einen neuen Unilateralismus und wirtschaftspolitischen Protektionismus andeuteten. Schon in seiner Antrittsrede hatte er das Thema des „America first“ betont. Von einer „transaktionalen Außenpolitik“ ist die Rede, bei der die USA einen konkreten Gegenwert für internationales Engagement erwarten. Trump verkündete den Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag und der Unesco. Den Vertrag über die nordamerikanische Freihandelszone Nafta will er mit Kanada und Mexiko zugunsten der USA neu verhandeln. Nun liegt eine entsprechende Doktrin vor, die ein auf Kooperation bauendes Strategiepapier Barack Obamas von 2015 ablöst. Sollte Trump seine Leitlinien konsequent umsetzen, wäre das letztlich eine Abkehr von Grundsätzen der seit 1945 geltenden US-Sicherheitspolitik.

„Die Ferien sind vorbei“

Trumps Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster sagte, die Strategie ruhe auf vier Säulen: Verteidigung des Territoriums, Schutz des US-Wohlstands, Erhalt des Friedens durch Stärke, Ausweitung des Einflusses in der Welt. „Prinzipienfester Realismus“ sei das, die „Ferien“ der US-Sicherheitspolitik, die nach dem Ende des Ostblocks begonnen hätten, seien vorbei.

Nicht überall ist klar, welche Folgen das hat. Russland und China werden als potenzielle Störer der Weltordnung und Gegner definiert, Länder wie der Iran und Nordkorea als „Schurken“. McMaster warf Russland eine globale Desinformationskampagne vor, während Trump eine solche Kritik bisher vermied. Richard Haass, Chef der Denkfabrik „Council on Foreign Relations“, befürchtet, Trump könnte einen Handelskrieg mit Peking vom Zaun brechen.

Wie Obamas Papier betont Trumps Doktrin die Bedrohung durch den Islamismus und hier dann doch die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Partnern, um dem zu begegnen. Dabei müsse es aber Gegenleistungen geben, so McMaster. Beispiele dafür gibt es schon, etwa die Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben der Nato-Partner.

Taktischer Sieg an Steuerfront

Trump sieht Weltpolitik als Konkurrenzkampf von Staaten, wo jeder das Beste für sich erringen will. Das kann bisweilen Bündnisse attraktiv erscheinen lassen, dann wieder ein isoliertes Vorgehen. Künftig sei man an „fairen“ Beziehungen interessiert, die Amerika einen klaren Nutzen bringen. Völkerrechtliche Verträge aber gelten als potenziell nachteilig.

Indes hat die von Trump geplante Steuerreform eine weitere Hürde übersprungen und könnte kommende Woche endgültig vom Kongress verabschiedet werden: Zwei Republikaner, die bisher opponierten, gaben ihren Widerstand auf. Senator Marco Rubio ließ über seine Sprecherin erklären, dass er in das „Ja“-Lager gewechselt sei. Ähnlich äußerte sich Senator Bob Corker. Im Repräsentantenhaus soll der von beiden Kammern überarbeitete Entwurf am Dienstag zur Abstimmung gestellt werden. Dort haben die Republikaner eine große Mehrheit. Danach ist der Senat am Wort, wo Trumps Partei 52 der 100 Sitze hat.

Die Reform sieht unter anderem eine Senkung der Körperschaftsteuer von 35 auf 21 Prozent vor – und damit unter den Schnitt der Industriestaaten von 22,5 Prozent. Die Demokraten und andere Kritiker sehen in der Reform vor allem ein Projekt für die Reichen und Konzerne. Das Vorhaben würde zudem den US-Schuldenberg von aktuell 20 Billionen Dollar binnen zehn Jahren Berechnungen zufolge um weitere rund 1,4 Billionen wachsen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2017)

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